18.20

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich denke, wir müssen das hier vor­liegende Thema etwas in den Rahmen setzen, und zwar geht es – Kollegin Fischer hat es auch schon gesagt – um eine Geschichte, die meiner Meinung nach zeigt, dass offen­bar alles einen Preis hat. Es ist auch die Geschichte einer Politik, die das Wohl ihrer Spenderinnen und Spender eher im Blick hat als das Wohl der Allgemeinheit. Ich finde es schade, dass sich die FPÖ bei diesem Thema nicht zu Wort meldet, denn sie spielt eine Hauptrolle in dieser Geschichte.

Lassen Sie mich zum Herbst 2017 zurückkommen und Sie auf die Reise dieser Ge­schichte mitnehmen! 2017 – und das darf man nicht vergessen – ist Folgendes passiert: Damals hatten wir bereits dieses gültige Recht; so wie wir das heute wieder reparieren, so hatten wir das schon einmal. Im September, kurz vor der Wahl, ist ein Initiativantrag eingegangen – im Übrigen von den damaligen Koalitionsparteien, das waren ÖVP und SPÖ –, mit dem man das Grundrecht der Versicherungskundinnen und -kunden, nämlich bei Fehlleistungen, bei falschen Versprechungen lebenslang vom Vertrag zurücktreten zu können, ändern wollte. SPÖ und ÖVP haben diesbezüglich einen Initiativantrag ein­gebracht.

Das Interessante ist, die FPÖ hat sich daraufhin zu Wort gemeldet und schreibt in einer Presseaussendung – Kollege Wurm ist nicht da –: „Sollten SPÖ und ÖVP diesen Geset­zesantrag nicht umgehend zurückziehen, dann wird diese Causa zum großen Sündenfall gegen die Interessen von Hunderttausenden Versicherungskunden in Österreich.“ – So weit, so gut.

Wenige Wochen später kam es dann zur Wahl, das Wahlergebnis haben wir alle noch im Kopf. Dann, am 15. Dezember: Die Regierung ist gebildet. Im Übrigen will die Ver­sicherungslobby, der Versicherungsverband, gar keine Zeit verlieren, schickt schon ihr Forderungspapier – nicht etwa in das zuständige Bundesjustizministerium, nein, sondern in das Bundesfinanzministerium, nämlich mit dem Wunsch, das für die Versicherungen sehr teure Rücktrittsrecht der Kundinnen und Kunden abzuschaffen. Genau so geht es weiter.

Das Finanzministerium, Sie können sich noch erinnern, stand unter der Führung einer Person mit einer doch guten Versicherungsnähe, will auch keine Zeit verlieren und schreibt gleich dem zuständigen Justizministerium, man möge das doch bitte sofort auf die Tagesordnung setzen. Sie müssen wissen, die Beamtinnen und Beamten im Justiz­ministerium haben das für eine eher schlechte Idee gehalten. Es ging dann immer wieder hin und her, und mittendrin fand sich immer die Versicherungslobby, die im Übrigen ganze Gesetzestexte dazu formulierte und diese auch dem kürzlich wieder berühmt ge­wordenen Bernhard Perner ins BMF schickte. Sogar Mitarbeiter der Klubs waren davon betroffen.

Im März hat dann die Opposition davon Wind bekommen. Das Ganze erschien im „Standard“ und damit hat auch H.-C. Strache von der ganzen Sache Wind bekommen. „Der Standard“ titelte: „Massiver Eingriff bei Rücktrittsrecht von Lebensversicherung. Laut Gesetzesentwurf soll das lebenslange Rücktrittsrecht fallen. Kunden von fondsge­bundenen Produkten sollen Verluste tragen“. – Strache wittert seine Chance, schickt diesen Artikel an seinen Kabinettschef und schreibt: „Ist da was dran“? – Der informiert sich und sagt, ja, er habe das nochmals eruiert und so weiter und so fort, er werde si­cherheitshalber nochmals mit dem Klub reden, aber es werde noch nicht eingebracht. Dann schreibt Strache Folgendes: „Wichtig! Wenn, dann will ich im Gegenzug Öffnung des PRIKRAF bei Privatkliniken! Lg“ – liebe Grüße.

Dann geht es auf einmal relativ flott, meine lieben Damen und Herren. Im Juni wird ein Initiativantrag zur Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes eingebracht – sodass wir es jetzt wieder zurückreparieren müssen. Initiativantrag heißt ja im Übrigen immer ohne Begutachtung, und man kann schlussendlich festhalten, dass es zumindest für Straches Freund Grubmüller – das ist ja der Besitzer der Privatklinik, darum ist es gegan­gen – sehr gut ausgegangen ist, denn nur wenige Tage später kam dann das Treffen, bei dem sozusagen die Rahmenbedingungen festgesetzt worden sind, sodass er am Prikraf, am Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, finanziell partizipieren konnte.

Ich trage das auch deshalb in diesem Detail vor, weil es mich vorhin, als ich meine Rede vorgetragen habe, schon sehr gestört hat, mit welcher Entrüstung die Kolleginnen und Kollegen der freiheitlichen Fraktion reagiert haben. Diese Geschichte zeigt halt eben auch, es ist nicht nur Strache das Problem, nein, sondern Sie alle haben bei dieser Sa­che mitgemacht und Sie alle haben gewusst, worum es geht.

Schlussendlich darf ich Ihnen sagen, der damalige Beschluss von Türkis-Blau, die Kon­sumenten bei falschen Versprechungen durch Versicherungsvertreter auf den Kosten sitzen zu lassen, war tatsächlich skandalös. Wir haben das auch im Ibiza-Untersu­chungsausschuss thematisiert. Wie Sie sehen, haben uns die Akten auch recht gege­ben, es gab irgendwelche dubiosen Deals im Hintergrund. Strache war daran beteiligt. Deshalb freut es mich umso mehr, dass Justizministerin Alma Zadić mit ihrer Initiative dieses wirklich große Ärgernis und diese große Ungerechtigkeit gegenüber den vielen Versicherungskundinnen und ‑kunden jetzt beseitigt. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Doppelbauer.)

18.27

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin Zadić.