12.04

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseher! Lie­be Landsleute in Nord-, Süd- und Osttirol! Wenn man jetzt vor allem der ÖVP, Frau Kol­legin Pfurtscheller oder Frau Minister Edtstadler, aufmerksam zugehört hat, dann wird man gemerkt haben, dass Südtirol, Gesamttirol, Tirol für die ÖVP offensichtlich kein Thema mehr ist. Sie reden von allen möglichen Dingen, nur nicht von dem, worum es eigentlich geht.

Man sollte heute den Anlassfall schon einmal hernehmen, um das noch einmal aufzuar­beiten. Ganz kurz zur Erinnerung für jene, die vielleicht historisch da wenig gebildet sind: Südtirol wurde in den letzten 100 Jahren zwei Mal – nach dem Ersten Weltkrieg und nach dem Zweiten Weltkrieg – Kriegsbeute von Großmächten. Das ist die geschichtliche Wahrheit.

Ich darf noch einmal daran erinnern, weil das doch immer so ein bisschen unterschwellig vorkommt: Die Autonomie und die Tatsache, dass in Südtirol heute ein vernünftiges Le­ben möglich ist, sind den Freiheitskämpfern zu verdanken, die in den Fünfziger- und Sechzigerjahren Widerstand geleistet haben. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist der Grund, warum wir heute überhaupt von einem Autonomiepaket sprechen können.

Ich sage es auch noch einmal: Da haben Menschen ihr Leben gelassen. Das drückt man alles ein bisschen weg, weil es ja unangenehm ist. Jetzt, in der Ukraine, sind alle Frei­heitskämpfer. In Südtirol hat man nicht genau gewusst: Waren es Terroristen? Oder was waren die ganz genau? – Nein, die sind dafür verantwortlich, dass es überhaupt eine Südtirolautonomie gibt! (Abg. Brandstätter: Wer war ... in Südtirol? Das ist ja absurd!) Und sie hatten damals politische Verbündete, nämlich Politiker mit Rückgrat und Charak­ter. Die wurden genannt, auch Bruno Kreisky, ein Sozialdemokrat – das kann man ruhig sagen –, Magnago von der SVP oder auch Altlandeshauptmann Durnwalder und so wei­ter. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Das waren noch Politiker, die gestanden sind. Wallnö­fer – ganz klar; entschuldige, Franz Hörl! – hätte ich fast vergessen. Das waren Politiker mit Rückgrat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.) Die haben politisch dann das umgesetzt, was die Freiheitskämpfer in Südtirol erkämpft haben: dieses Recht, zumin­dest eine Autonomie zu haben.

Was aber nicht gelungen ist – und ich darf noch einmal daran erinnern –: Ende der Sech­zigerjahre war es eine ganz knappe Entscheidung der SVP, der ÖVP in Südtirol, das Paket anzunehmen, weil das Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler nicht darin enthal­ten ist, und dieses ist bis heute nicht umgesetzt worden. Sonst sind wir hier alle offen­sichtlich für das Selbstbestimmungsrecht, nur wenn es um Tirol, um Gesamttirol, geht, ist es plötzlich für viele kein großes Thema mehr.

Jetzt gibt es weichgespülte Politiker, die von der Europäischen Union reden und sagen, es gibt keine Grenze mehr. Ich darf daran erinnern – das wird die Frau Minister aber nicht wissen –: Damals, in Coronazeiten, in den letzten zwei Jahren, war der Brenner sehr wohl eine Grenze. Von Nord- nach Südtirol zu Begräbnissen, auf Verwandtenbe­such zu fahren, war nicht möglich. Erzählen Sie also bitte keine Märchen!

Warum wir heute auch ganz intensiv darüber diskutieren sollten – und das sollten wir nie vergessen –: Natürlich liegt jetzt bei der Südtiroler Bevölkerung die letzte Entscheidung darüber, was sie will. Hermann Gahr hat es zumindest angedeutet: Die Südtiroler – und zwar auch die SVP, die Kollegen der ÖVP, die Freiheitlichen sowieso, aber sogar Teile der Grünen – haben uns gebeten, diese Autonomie bitte schön intensiv zu verteidigen. Hermann Gahr, du weißt es. Wir waren ja mit dem Ausschuss dort, und da sind wahr­scheinlich einigen die Augen aufgegangen. Das ist keine Idee der Freiheitlichen. Die Südtiroler selber sagen: Wir haben Autonomierechte verloren!

Sie wissen das: Durch die Verfassungsreform in Italien 2001 ist natürlich vieles an Auto­nomie weggeschwommen, und die Südtiroler wollen Hilfestellung von uns. Sie wollen, dass wir die Schutzmachtfunktion wahrnehmen. Warum tun wir das nicht? – Landes­hauptmann Kompatscher war im März auch bei Bundeskanzler Nehammer und hat um Hilfe gebeten. Also bitte schön nicht alles wegdrücken! Es gibt ein Thema: dass die Autonomie nicht mehr so stark ist, wie sie war.

Die Doppelstaatsbürgerschaft wurde hier im Parlament beschlossen, ist aber bis heute für die Südtiroler nicht umgesetzt. Da ist ganz, ganz viel zu tun. Bitte schön, vergessen wir nie die historischen Wahrheiten! Wir sind alle froh, dass wir Frieden haben und dass es Südtirol gut geht. Das haben wir vor allem den Südtirolern selber zu verdanken, weil sie tüchtige Tiroler sind. Für mich gibt es nur ein Tirol: Nord-, Süd- und Osttirol. Das wurde in drei Teile geschlagen, und das sollte man nie vergessen.

Ich sage das auch als Abschlusssatz noch einmal – ich kann mir ja etwas wünschen, entscheiden werden es die Südtiroler –: Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir es erleben werden oder dass ich es noch erlebe, dass es wieder ein Tirol gibt. Das sollte die Zielsetzung sein. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.09

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Weratsch­nig. – Bitte.