11.55

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Sehr geehrte Volksanwälte! Gratulation zum 45-jährigen Jubiläum! Wir debattieren heute den 45. Bericht der Volksanwaltschaft. Darin ist aus meiner Sicht auf mehreren Hundert Seiten das Versagen der Regierung doku­mentiert, ob das bei der inneren Sicherheit ist, ob das bei der Justiz oder in anderen Bereichen ist.

Nehmen wir den Bereich der Pflege heraus! Da ist die Rede von den Kommissionen, die die Alten- und Pflegeheime besucht haben und dort mit den Beschäftigten und natürlich auch mit den Patientinnen und Patienten gesprochen haben. Es ist die Rede davon, dass es für 75 Prozent der in der Altenpflege Beschäftigten unwahrscheinlich ist, dass sie diesen Beruf bis zur Pension ausüben. Es ist die Rede davon, dass für die in der Pflege Beschäftigten vor allem die emotionale Belastung sehr groß ist. Im Bericht ist dokumentiert, dass quer durch Österreich Pflegebetten aufgrund von Personalmangel gesperrt sind – waren und noch immer sind. Eine Mitarbeiterin in einem niederöste­reichischen Heim äußert sich dazu wie folgt: „Am schlimmsten ist die“ viel „zu geringe Kopfanzahl des Personals.“ Wir können den BewohnerInnen die nötige Körperpflege und die nötige Unterstützung beim Essen nicht mehr vollends gewähren. – „Eine befragte Pflegekraft gab an“ – ich zitiere wieder –, dass Sie seit Monaten „psychisch und physisch ,am Limit‘“ arbeitet.

Die Einrichtungen teilten den Kommissionen der Volksanwaltschaft allesamt mit, dass die Pflege vor einem Kollaps steht und teilweise bereits kollabiert ist. Volksanwalt Achitz hat bei der letzten Sitzung des Volksanwaltschaftsausschusses die Ausschussmitglieder darüber informiert, dass in diesem Jahr bei einem Kommissionsbesuch in einem Alten- und Pflegeheim der Kommission ein stinkender und beißender Geruch aufgefallen ist. Es wurde eine Frau entdeckt, die mit unvorstellbaren Schmerzen bis auf den Knochen wund gelegen war – in Österreich im Jahr 2022.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wissen Sie, warum es wieder Patientinnen und Patienten gibt, die wund liegen, etwas, von dem wir schon geglaubt haben, das sei ein Phänomen oder ein Problem der Vergangenheit? – Weil man und weil die Bundesländer die Verantwortung an gewinnorientierte und börsennotierte Einrichtungen und Unterneh­men ausgelagert haben, wie zum Beispiel die Firma Senecura, die in Niederösterreich sehr viele Pflegeheime betreibt.

Wissen Sie, warum die Beschäftigten im Gesundheitsbereich physisch und psychisch am Ende sind? – Weil man jahrelang gesagt hat: mehr privat, weniger Staat!, und weil die ÖVP der Meinung ist, der Markt regelt eh alles – der Markt regelt gar nichts, der Markt regelt alles für die Aktionärinnen und Aktionäre! –, und man jahrzehntelang geist­lose Sätze, Werbesätze formuliert hat wie: „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s den Men­schen gut.“ – Der Wirtschaft geht’s blendend, und den Menschen geht’s immer schlech­ter! (Beifall bei der SPÖ.)

Geht’s den Menschen gut, geht’s der Wirtschaft gut!

Abschließend: Wir brauchen in diesem Land nicht nur im Bereich der Pflege, aber vor allem auch im Gesundheitsbereich und in der Pflege einen Systemwechsel, denn dieses System ist mehr als krank. Wir brauchen eine Politik für die vielen und nicht für die wenigen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.