17.53

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Sie kennen mich und auch meine Emotionalität, die ich gerade bei so einem Thema immer mitbringe, vielleicht schon. Es ist auch schwer, mich da zurückzuhalten, aber ich möchte trotzdem ver­suchen, die Problematik mit weniger Lautstärke und weniger Aggression aufzuzeigen.

Was wir derzeit erleben, ist, dass etwas aufgeflogen ist, nämlich die große Täuschung von Sebastian Kurz. Sie hat damals, 2017 – wir haben es gehört –, mit der fast doppelten Überschreitung des Wahlkampfkostenbudgets begonnen. Nach dem Ibizaskandal ist man immer mehr ins Rampenlicht gerückt. Denken Sie nur an die Beinschab-Studien, bei denen es im Kern darum gegangen ist, dass man ebenfalls täuschen wollte: das Land, aber sogar auch die eigene Partei!

Jetzt wird alles – und da sind wir mittendrin – in seine Einzelteile zerlegt und aufge­arbeitet. Den vorläufigen Höhepunkt erleben wir jetzt gerade mit dem mehrfach einge­reichten, nachgebesserten, aber immer noch schwer mangelhaften Rechenschafts­be­richt.

Was wir auch gerade erleben, ist ein politischer Selbstreinigungsprozess. Ich habe Ihnen, liebe Kollegen von der ÖVP, aufmerksam zugehört. Was ich heute vermisst habe, war ein Wort des Bedauerns. Was ich heute außerdem vermisst habe, sind Ihre Pläne, dass Sie etwas gutmachen wollen. Ein kleiner Vorschlag: Der Rechnungshof hat testiert, dass das Inseratengeschäft des Vorarlberger Wirtschaftsbundes selbstverständlich so nicht in Ordnung war, sondern dass es im Kern verdeckte Parteispenden waren. Es wäre also angebracht, dass man dieses Geld – Sie haben genug auf dem Konto: 6 Millionen Euro in Aktiendepots – wieder zurücküberweist. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Ich sage das deshalb, weil die Menschen da draußen das nicht mehr wollen, die möchten wissen, wie sich Ihre Politik finanziert, wer sie finanziert und wieso. So ein Selbst­reinigungsprozess ist schmerzhaft, vor allem für jene integren Personen in der ÖVP, die nie mit von der Partie waren – die gibt es auch, das wissen wir! Noch einmal: Der Selbstreinigungsprozess ist notwendig. In aller Klarheit: Ein Weiter-wie-bisher kann es und wird es nicht geben! (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Mir ist es auch wichtig, ein Wort an die Bevölkerung zu richten: Es gibt in der ganzen wirklich schwerwiegenden Causa auch gute Nachrichten, bei all dem – und da muss man sich auch entschuldigen –, was ihr zugemutet wird, weil gefühlt jede Woche wieder irgendwo eine neue Geschichte auftaucht. Von all dem, was Sie heute gehört haben – und Sie haben wahnsinnig viel gehört: da geht es um Systematiken beim Seniorenbund, beim Inseratengeschäft des Vorarlberger Wirtschaftsbundes –, ist nichts freiwillig offen­gelegt worden. Wieso kennen wir dann all diese Fakten? – Weil wir im Land robuste Kontrollinstitutionen haben!

Wir erleben derzeit wirklich echte Heldengeschichten: Diese Helden sind die Jour­nalis­tinnen und Journalisten, die tagtäglich hinschauen, das sind die Korruptionsermittler, die unabhängige Justiz, die unabhängig vom Ansehen der Person ermittelt. Und – auch das zu erwähnen ist ganz wichtig –: Das unbeirrbare Beamtenethos erlebt ein echtes Comeback. Ich denke da an die Finanzprüfer in Vorarlberg, die das Inseratengeschäft des Wirtschaftsbundes entlarvt haben. Wir haben aber auch eine Präsidentin des Rech­nungshofes, die ohne Rücksicht auf ehemalige Parteikollegen wirklich den Finger in die Wunde legt. Sie alle zusammen beweisen: Unser Land Österreich hat ein Rückgrat! Da gibt es Menschen, die schauen auf die Republik und die lassen sich auch nicht von so einem kleinen Machtzirkel unterkriegen, sondern die machen ihre Jobs, und das ist auch gut so, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Vielleicht ist es auch noch wichtig, Folgendes zu erwähnen: Kontrolle ist nie Selbst­zweck. Nein, es geht darum, dass wir schauen, wo die Schlupflöcher sind. Wir müssen sie verorten und wir müssen sie stopfen. Es geht darum, die richtigen Schlüsse zu ziehen, damit das im System nicht mehr passiert, damit sich die Österreicherinnen und Österreicher darauf verlassen können, dass es das war.

Ich bin deshalb froh, dass wir ein wirklich brandneues Parteiengesetz auf den Weg schicken. Gerade die lange Mängelliste beim ÖVP-Rechenschaftsbericht zeigt, wie wichtig es ist, dass wir das jetzt mit einer richtigen Transparenzinitiative beschließen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da zähle ich auch auf die Abgeordneten vor allem der sozialdemokratischen Fraktion, die leider öffentlich immer noch kein Go gegeben haben.

Dennoch ist klar – dies sei abschließend gesagt –: Dieses Parteiengesetz, das uns europäisch – in der Fußballersprache – von den Abstiegsplätzen wirklich in die Euro­pacupplätze hinaufkatapultiert (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja absurd!), kann nur die Zukunft regeln. Mit der Vergangenheit muss trotzdem aufgeräumt werden. Das kann Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, niemand anderer abnehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und NEOS.)

17.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Krainer. – Bitte.