17.59

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf besonderen Wunsch des Präsidenten kehrt das Familienfoto zurück. (Der Redner stellt eine Tafel, auf der der frühere Bundeskanzler Sebastian Kurz und Personen aus seinem politischen Umfeld sowie weitere Vertreter der ÖVP in Form einer Fotomontage zu sehen sind, auf das Rednerpult.)

Ich möchte noch auf zwei Aspekte aufmerksam machen, die, wie ich glaube, in der heutigen Debatte gar nicht erwähnt wurden oder zu kurz gekommen sind. Der eine ist, dass nicht nur gegen diese Familienmitglieder (auf das Bild vor sich weisend) ermittelt wird, sondern dass ja auch gegen die ÖVP als Ganzes ermittelt wird – auch einmalig in der Republik. Was macht die ÖVP im Untersuchungsausschuss? Sie beantragt, dass die Mailboxen und die Handys der Staatsanwälte, die gegen die ÖVP ermitteln, konfis­ziert werden, ausgewertet werden und der ÖVP zur Verfügung gestellt werden. Das ist ein echter Skandal! Das ist ein echter Skandal! (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Das muss man sich einmal überlegen, dass die ÖVP von jenen Staatsanwälten, die gegen sie ermitteln, ohne irgendeinen Hinweis die Handys konfiszieren lassen will und deren E-Mail-Boxen. (Abg. Hanger: Das stimmt in der Form nicht, nur das, was abstrakt relevant für den Untersuchungsgegenstand ist!) Das ist in einer Art und Weise einmalig in dieser Republik. Jetzt wollen Sie zum VfGH gehen, weil alle anderen Fraktionen im Haus gesagt haben: sicher nicht! (Abg. Hanger: Erkläre es mir! Warum bist du denn jetzt so nervös?) Jetzt wollen Sie zum Verfassungsgerichtshof gehen und das durchsetzen. Sie sollten den Antrag zurückziehen und darüber schweigen (Abg. Hanger: Was ab­strakt relevant für den Untersuchungsgegenstand und unser Recht ist, lieber Kollege!), dass Sie einen derartig perversen Schritt gesetzt haben, der in einem Rechtsstaat gar nichts verloren hat. (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS. – Abg. Hanger: Genau das ist das Recht, das Sie permanent einfordern, das sprechen Sie uns ab?! So kann es ja nicht gehen in der Demokratie!) – Beruhigen Sie sich, Herr Hanger! (Abg. Hanger: Ja, aber Ihre falschen Vorhalte sind eine Beleidigung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Sie können sich ja zu Wort melden.

Das zweite wirklich Bemerkenswerte, das gestern und heute passiert ist (eine Tafel mit der Aufschrift „Rechenschaftsbericht gemäß § 5 PartG 2012 für das Kalenderjahr 2019 der Österreichischen Volkspartei Bundespartei“ und einem Datum sowie einer Unter­schrift darunter auf das Rednerpult stellend): Der Bundeskanzler, der auch nicht hierherkommt, der nirgends öffentlich Stellung nehmen wollte, hat gestern und heute seine Tour gemacht, um das Nichtteuerungspaket irgendwie zu propagieren, und die Journalistinnen und Journalisten haben die Gelegenheit wahrgenommen, ihn zum ÖVP-Rechenschaftsbericht zu befragen, ob das alles stimmt, was dort steht. Was hat er gemacht? – Er hat gesagt: Ach, ich habe es ja nur unterschrieben, aber verantwortlich bin ich nicht, verantwortlich ist Axel Melchior! – Er hat sich hinter seinem Mitarbeiter versteckt. (Abg. Zarits: Das hat er so nicht gesagt! Das hat er so nicht gesagt, das weißt du!) – Das ist aber seine Unterschrift. Ehrlich gesagt ist er nicht verantwortlich dafür, weil ich das sage, er ist verantwortlich, weil die ÖVP in ihr Statut reingeschrieben hat, dass Nehammer verantwortlich ist für das, was im Rechenschaftsbericht drinsteht, und zwar für 2017, für 2018, für 2019 und für 2020. Dafür ist er verantwortlich.

Ich stelle mir folgende Frage: Wenn hier jemand sagt, er unterschreibt etwas, aber seine Unterschrift ist nichts wert, kann so eine Person dann Bundeskanzler sein? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Hat er nicht gesagt, das weißt du genau!)

Ich sage Ihnen eines: Österreich hat sich einen Bundeskanzler verdient, dessen Wort und dessen Unterschrift zählt, und keinen, der sagt: Ich unterschreibe es wie eine Auto­grammkarte, aber verantwortlich sind andere! – Nein, er hat die politische Verantwortung und seine Unterschrift hat zu gelten! Wenn dieser Rechenschaftsbericht falsch ist, und der Rechnungshof sagt, dass er kein Wort glaubt – der Rechnungshof sagt, dass er Nehammer kein Wort glaubt –, wenn der Rechenschaftsbericht falsch ist, dann muss er zurücktreten, nicht nur als Parteichef, sondern auch als Bundeskanzler! (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger. – Abg. Krainer nimmt die zuletzt genannte Tafel, lässt das Bild mit der Fotomontage auf dem Rednerpult stehen und geht zu seinem Sitzplatz.)

18.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. 2 Minuten ist das Limit. (Abg. Angerer: Zur Geschäftsordnung, Herr Präsident!)

Zur Geschäftsordnung, Abgeordneter Angerer. – Bitte.

*****