21.58

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Außen­minis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Wir diskutieren die Ukraine, den Ukrainekrieg, und speziell geht es heute um Massenvernichtung und Kriegsverbrechen: Was können wir, was kann der Westen, was kann Europa in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen tun?

Die Bilder, die uns erreichen, sind schreckliche Kriegsbilder, und da ist natürlich die Frage: Was kann man in dieser Situation tun? – Es geht einerseits um Verbrechen, die Menschen in diesem Land begehen, und es geht andererseits auch um bedenkliche Technologien, um Massenvernichtungsmittel, die dort entgegen jedem internationalen Abkommen eingesetzt werden.

Zu den Kriegsverbrechen, die von Menschen begangen werden: Es gibt eine Reihe von internationalen Organisationen, NGOs, etwa Human Rights Watch, Amnesty Internatio­nal, die da schon tätig sind, die Beweise sammeln, wie von den russischen Invasions­truppen gegen Menschen vorgegangen wird. Auf der anderen Seite geht es aber auch um Technologien, die in extremer Form menschenfeindlich und eigentlich durch inter­nationale Abkommen bereits geächtet sind.

Es gibt ja historische Erfahrungen. Erster Weltkrieg: der Einsatz von Giftgas, die Läh­mungen, die Erblindung, die Vernichtung des menschlichen Nervensystems; Napalm und Agent Orange in Vietnam: Verbrennen der Haut, über 40, 50 Jahre Fehlgeburten und verstümmelte Babys. Es sind Waffen, die geächtet sind, so wie auch Streumunition und Landminen, die eigentlich nach der Ottawa-Konvention nicht mehr zum Einsatz kommen sollten.

Es ist an dem Krieg auch eine Atommacht beteiligt, Russland, weshalb es da natürlich höchste Bedenken gibt. Auch die Atomwaffen sind ja bereits durch eine Macht dieser Welt an Menschen getestet worden, was ja schrecklich für diese beiden Städte, Hiro­shima und Nagasaki, war.

Uns geht es darum: Wie kann man in dieser Situation ungeschützte Menschen, soge­nannte vulnerable Gruppen, in erster Linie zivile Personen, Menschen des Zivillebens, die mit dem militärischen Ablauf gar nichts zu tun haben, Personal in Sanitätsdiensten, in Spitälern, Mitarbeiter in humanitären Organisationen, besonders im Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, aber auch verwundete Soldaten und Kriegsgefangene, die ebenfalls der Gewalt ausgesetzt werden können, maximal schützen?

Es liegt ein Expertenbericht der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusam­men­arbeit in Europa, vor, der klare Muster von Verletzungen des humanitären Völkerrechts insbesondere durch Russland, aber auch durch die Ukraine aufzeigt. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag, eine relativ junge politisch-juristische Institution, hat 42 Experten in die Ukraine entsandt. Das Interessante und das Wirksame ist eben, dass auch Einzeltäter vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeforscht und verfolgt und einer Strafe zugeführt werden.

Für uns in Österreich ist interessant, dass der UN-Menschenrechtsrat in einer Resolution vom März 2022 Wien erwählt hat, um hier eine unabhängige internationale Unter­suchungskommission zu den Verbrechen in der Ukraine einzusetzen.

Da sind wir schon bei Österreich: Was können wir tun? – Natürlich helfen wir humanitär, Kriegsverbrecher gehören ausgeforscht und angeklagt, das heißt, es geht um die volle Unterstützung Österreichs für die internationalen Organisationen, die da tätig sind, aber auch darum, Brücken zu bauen und zu vermitteln. Dazu bedarf es aber der Glaub­würdigkeit, und ich möchte da wieder einmal eine Lanze für die österreichische Neu­tralität brechen. Dass in Wien der Sitz einer UNO-Organisation ist, dafür spielt öster­reichische Neutralität eine ganz, ganz große Rolle. Wir sind das einzige EU-Land, das einen internationalen Sitz hat.

Ich begrüße, dass das Justizministerium zumindest eine – meines Wissens – Beamtin zusätzlich an den IStGH gesandt hat und dass unser Bundesminister die Hochkom­missarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, empfangen und mit ihr auch im Hinblick auf die Ukraine gesprochen hat.

Es ist schade, dass mein Antrag auf Einsetzung eines Botschafters für Menschenrechte im Ausschuss von Türkis-Grün niedergestimmt wurde, vertagt wurde. 18 EU-Länder haben das, Österreich macht das nicht. Ich glaube, da könnte noch mehr getan werden.

Abschließend möchte ich auch auf den Global Magnitsky Act verweisen: Da geht es ganz konkret um das Festmachen individueller Korruptionisten, in diesem Fall, im Fall der Ukraine, besonders um Kriegsverbrecher, um jene, die Mittel und Methoden ein­setzen, die gegen die Menschenrechte und gegen das humanitäre Völkerrecht sind. Ich glaube, die EU sollte entsprechend dieser Grundidee die Gesetzgebung weiterent­wickeln, und Österreich sollte sich an der Entwicklung einer europäischen Version des Magnitsky Acts auch aktiv beteiligen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi.)

22.05

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kainz. – Bitte sehr.