22.51

Abgeordneter Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Hohes Haus! Apropos politisches Kleingeld: Gegenstand des vorigen Tagesordnungspunkts war ein Antrag betreffend „Einhaltung der Menschen­rechte und des humanitären Völkerrechts in der Ukraine und individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit“, und alle Rednerinnen, alle Redner aller Fraktionen haben sich eindeutig gegen diese Verletzungen positioniert, haben sich eindeutig dagegen ausge­sprochen. Der Antrag wurde auch mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen, und in diesem Antrag ist selbstverständlich auch die Frage der sexualisierten Gewalt und Vergewaltigung als Kriegswaffe implementiert, die ebenfalls heftigst von allen, die hier am Rednerpult waren, verurteilt worden ist.

Wenn ich mir allgemein die Frage von Gewalt gegen die Zivilbevölkerung im historischen Konnex ansehe, dann muss ich sagen, dass diese Kriegsverbrechen eigentlich nicht dazu geführt haben, dass sich die Zivilbevölkerung selbst den Aggressoren ergibt. Das war weder in Coventry so, als die deutsche Luftwaffe dort Zivilisten, alles niedergebombt hat, noch war es bei uns in Wiener Neustadt so – wenn ich diese Städte, was ihre Bom­bardements betrifft, hier vergleiche –, und diese Verbrechen konnten auch erst im Falle der Niederlage des Aggressors geahndet werden.

Wir sprechen alle von Verfolgung von Kriegsverbrechern et cetera, wir sprechen von Waffenverboten. Ja, wir bemühen uns – und, lieber Herr Außenminister, wir dürfen uns herzlich für diese aktive Rolle in der Außenpolitik bedanken, gerade was diese Men­schenrechtsfragen anbelangt –, aber erst dann, wenn wir diese Verbrecher vor Gericht bekommen, können wir hier schlussendlich auch Recht sprechen.

Genauso verhält es sich, was die Regeln im Krieg betrifft. Regeln im Krieg? – Das ist eine offene Frage, auch wenn wir sie jederzeit hier betonen und einbringen. Der Grund dafür, warum wir uns schlussendlich nicht für diesen Antrag aussprechen, ist, weil wir eine Neueinsetzung einer Factfindingmission zu diesem Thema aus praktischer, orga­nisatorischer und finanzieller Sicht nicht zielführend finden.

Außerdem wurde auch schon erwähnt, dass es bereits Institutionen gibt, die dem nach­gehen, allen voran die Untersuchungskommission des Büros der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte und der Ankläger des Internationalen Straf­gerichtshofes sowie in der Ukraine selbst Strafverfolgungsbehörden mit Unterstützung von Eurojust. Sie haben ja auch im Zusammenhang mit der polnischen Frage indirekt angesprochen, dass es die Erfahrungen gibt, dass durch mehrere untereinander schlecht koordinierte oder sogar konkurrierende Untersuchungskommissionen und NGOs eine weitere Retraumatisierung zu verzeichnen ist.

In diesem Jahr begehen wir das Gedenken des 150. Todestages von Franz Grillparzer, und dieser hat schon vor mehr als 150 Jahren gesagt: „von Humanität durch Nationalität zur Bestialität“. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

22.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.