22.33

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Marshallplan war ein Instrument, das als Reaktion auf das Grauen des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurde; ein Instrument, das ganz anders war als die Friedensbedingungen des Ersten Weltkriegs, die ja am Ende insgesamt nicht funktioniert haben.

Der Marshallplan war der Versuch, es nach einem Krieg etwas anders zu machen, und ich denke, er war eines der faszinierendsten Instrumente, die sich aus diesen Nach­kriegsjahren nach dem Zweiten Weltkrieg ergeben haben. Er steht für bis dahin nicht da gewesene, beispiellose internationale Hilfe, transatlantische Kooperation. Ich traue mich zu sagen, dass ohne diesen Marshallplan das Europa, das wir jetzt kennen, wahrschein­lich so nicht da gewesen wäre.

Er steht für die Entwicklung der Demokratien insbesondere in Westeuropa und er steht auch für den daraus resultierenden Wohlstand, den dieser Kontinent dann erleben durf­te. Er steht aber auch für eine neue Form internationaler Politik, nämlich für die Erkennt­nis, dass es ohne sozialen Frieden und ohne Wohlstand innerhalb der Nationen auf Dauer keinen Frieden geben kann. Ich finde, dasselbe gilt auch innerhalb eines Landes: Ohne sozialen Frieden und ohne allgemeinen Wohlstand ist so eine positive Entwicklung nicht möglich, und wir sollten uns das alle gemeinsam, auch wenn wir Innenpolitik disku­tieren, immer wieder vor Augen halten, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Ich glaube aber auch, dass man zwischen Partnern – und das sind Europa und die Ver­einigten Staaten sicherlich – auch über Dinge diskutieren muss, die nicht wirklich allge­meine Zustimmung finden. Ich muss offen sagen, dass man auch über gewisse Entwick­lungen in den Vereinigten Staaten diskutieren muss, die ich und die Sozialdemokratie sehr kritisch sehen, mehr als sehr kritisch. Dazu gehört die jüngste Entscheidung des Supreme Court, der das Abtreibungsrecht für Frauen gekippt hat. Das ist für uns, das ist für die Sozialdemokratie inakzeptabel, das muss ich auch ganz klar sagen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Wir sollten uns gemeinsam bemühen, dass wir diese Einschränkung, diese massive Ein­schränkung von Frauenrechten nicht hinnehmen, nicht akzeptieren und am Ende viel­leicht mithelfen können, dass sich auch in den Vereinigten Staaten die Situation wieder ändert. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)

22.36

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.