Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Gerade für Menschen mit Behinderung ist die persönliche Assistenz unbedingt erforderlich, um am Alltag teilhaben zu können, aber auch, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. In Österreich es ist so, dass zwischen der persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz und der persönlichen Assistenz in allen anderen Bereichen unterschieden wird und gerade die persönliche Assistenz im Freizeitbereich von Bundesland zu Bundesland ganz unter­schiedlich geregelt ist.

Im Regierungsprogramm haben wir uns darauf geeinigt, dass wir eine bundes­ein­heitliche Regelung finden wollen und dazugehörige One-Stop-Shops entwickelt werden sollen. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Nun zu meiner Frage:

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„Wie ist der Stand der Umsetzung für eine bundesweit einheitliche Regelung zur Per­sönlichen Assistenz für Menschen mit Behinderungen und der Schaffung eines One-Stop-Shops für diesen Bereich?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Geschätzte Abgeord­nete Grünberg, gerne beantworte ich diese Frage.

Das ist ein wichtiges Thema. Zur Umsetzung des Vorhabens im Regierungsprogramm erfolgen seitens meines Ressorts nun nächste Schritte, beginnend mit einer Erhebung in den Bundesländern hinsichtlich der jeweiligen Rahmenbedingungen und Volumen in den einzelnen Bereichen der persönlichen Assistenz. Das müssen wir wissen.

In weiterer Folge wurden sowohl Gespräche mit VertreterInnen von Menschen mit Be­hinderung als auch erste Gespräche mit einzelnen Bundesländern aufgenommen, um Harmonisierungsmöglichkeiten und Maßnahmen zu erarbeiten. Basierend auf diesen Gesprächen wurden nunmehr entsprechende Eckpunkte erarbeitet, die ebenfalls die Schaffung zentraler Anlauf- und Unterstützungsstrukturen im Sinne eines One-Stop-Shops beinhalten.

Die Eckpunkte sind noch mit den Ländern zu finalisieren. Mein Ziel ist es jedenfalls, den Beginn des Pilotprojektes mit spätestens Anfang 2023 hinzubekommen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Im Regierungsprogramm haben wir uns nicht nur auf die Einrichtung von One-Stop-Shops zur persönlichen Assistenz geeinigt, sondern auch zu anderen Bereichen, gerade was Hilfsmittel und Heilbehelfe betrifft, denn es wäre eine große Vereinfachung für Menschen mit Behinderung, bei der Versorgung einen leichteren Zugang zu haben.

Was konkret haben Sie da in Planung, um den Alltag von Menschen mit Behinderung gerade mit Heilbehelfen und Hilfsmitteln zu erleichtern?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Auch hier gilt, viele Bereiche betreffend: Menschen mit Behinderungen fallen in die Schnittstelle von Bund und Ländern. Bereits in der Vergangenheit gab es Be­mü­hungen, durch Erarbeitung eines vereinheitlichten, abgestimmten und gegenseitig aner­kannten Antragsformulars für Hilfsmittel Verbesserungen und raschere Abläufe zu erzielen. Eine entsprechende Einigung mit Ländern und Sozialversicherungsträgern konnte aber leider nicht erzielt werden.

Daher gibt es aus meiner Sicht folgende Möglichkeit, das auch umzusetzen: Es gibt in Österreich rund 140 Kundenservicestellen der ÖGK. Diese sind regional gut erreichbar. In diesen ÖGK-Kundenservice-One-Stop-Shops werden bereits jetzt zahlreiche Anlie­gen stellenübergreifend organisiert – Pensionsversicherung, Unfallversicherung, Fami­lienbeihilfe, Pflegegeld, Beihilfen für Menschen mit Behinderung, Arbeitsmarktservice und Ähnliches mehr.

Zur Nutzung von Synergien und bereits vorhandenem Know-how könnten diese auf spezielle Anliegen von Menschen mit Behinderungen ausgeweitet werden und die Abstimmung mit den zuständigen Stellen – Sozialministeriumservice und Länder – durch die ÖGK initiiert werden und im Hintergrund erfolgen.

Das ist mein Zugang. Ich habe meine MitarbeiterInnen angewiesen, entsprechende Gespräche mit dem Dachverband der Sozialversicherungsträger aufzunehmen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordnete Ecker. – Bitte sehr.

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Viele Menschen mit Beeinträchtigung, die als nicht erwerbstätig gelten, üben in Werkstätten fähigkeits­orientierte Beschäftigung aus und werden auch in Praktika für den Arbeitsmarkt vor­bereitet. Sie alle erhalten ein Taschengeld und haben nichts von all den Steuersen­kungen, nichts vom Pendlerpauschale, nichts vom Pendlereuro, und die Teuerung be­lastet diese Menschen besonders, weil sie natürlich immer auch auf Hilfeleistungen angewiesen sind.

Wann, Herr Sozialminister, gehen Sie das Projekt Lohn statt Taschengeld an?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist ein sehr berechtigter Hinweis. Ich habe selbst in diesem Bereich gear­beitet, habe ein großes Beschäftigungsprojekt für Langzeitarbeitslose geleitet. Das war an derselben Stätte untergebracht wie eine Einrichtung der Lebenshilfe. Meine Leute haben normalen Lohn erhalten und die behinderten Menschen, die dort in der Lebenshilfe waren, ein Taschengeld, sie haben aber dieselbe Tätigkeit verrichtet.

Wir haben uns dann vor Ort darauf verständigt, das zu ändern, haben ein gemeinsames Projekt aufgesetzt und die Menschen über eine gemeinsame Gesellschaft auch ange­stellt. Das ist Kompetenz, Sache der Länder, muss und kann vor Ort geregelt werden. Sie können aber sicher sein: Da ich weiß, wie sich das darstellt, ist es eines meiner vordringlichen Projekte, da Abhilfe zu schaffen, das anzugehen und Rahmenbedin­gun­gen dafür zu schaffen, dass dieselbe Tätigkeit und ähnliche Tätigkeiten, wie sie beispielsweise in sozialökonomischen Betrieben ausgeübt werden, entsprechend und gleich entlohnt werden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Nussbaum, bitte.

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Schönen guten Morgen! Der Nationale Aktionsplan Behinderung wurde nach sehr langer Verzögerung nun in der letzten Minis­terratssitzung beschlossen. Inhaltlich ist dieser von Rückschritten im Vergleich zum vori­gen Nationalen Aktionsplan und von fehlender Finanzierung geprägt.

Herr Bundesminister, wann werden sowohl die Finanzierung für diese Maßnahmen nach dem NAP als auch die UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich voll umgesetzt sein?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Frage der Finanzierung, das wissen Sie, ist natürlich im Zuge der Budget­verhandlungen zu klären. Und die Nationalen Aktionspläne sind ja immer Rahmen, die geschaffen werden, wobei die konkrete Ausgestaltung in finanzieller Hinsicht sehr oft fehlt. Mir ist das bewusst und auch klar.

Ich habe auch in Treffen mit Behindertenverbänden und Behinderteneinrichtungen zu­gesagt, dass wir im Zuge der Budgeterstellung auch Projekte gemeinsam mit den Einrichtungen und den Behindertenverbänden aufsetzen, um so dann in die konkrete Umsetzung zu kommen. Mir ist bewusst, dafür braucht es finanzielle Mittel. Diese sind im Zuge der Budgetverhandlungen sicherzustellen, und Umsetzung – rasche Umset­zung – wird anhand ganz konkreter Projekte erfolgen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.