Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Das Tierschutz­gesetz wird ja heute noch einmal unter einem eigenen Tagesordnungspunkt behandelt. Die Vorgangsweise, wie dieses Gesetz in dieses Haus gekommen ist, ist aus unserer Sicht äußerst problematisch. Daher meine Frage an Sie:

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„Wer war die österreichische Öffentlichkeit – welche NGOs und welche ExpertInnen konkret – die von Ihnen und dem Landwirtschaftsminister bei der heute zu beschließen­den Novelle des Tierschutzgesetzes und des Tiertransportgesetzes einbezogen wurde?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Also das ist erstens ein langer Prozess, und es hat auch eine breite Beteiligung gegeben. Dieser Prozess hat seit 2020 angedauert. Es hat nach dem Tierschutz­volks­begehren ein Hearing im Parlament gegeben, es hat mehrere Tierschutzgipfel gegeben, unter anderem zu Tiertransporten, den letzten im März 2022.

Es hat die Beteiligung der Zivilgesellschaft, der Branche, der NGOs, der Wissenschaft gegeben. Es wurden auch Beschlüsse des Tierschutzrates, des Vollzugsbeirates und der LandestierschutzreferentInnenkonferenz umgesetzt. Es sind im Rahmen der Begut­achtung 52 Stellungnahmen eingelangt, die alle gesichtet worden sind, auf die einge­gangen worden ist. Es sind Privatpersonen, die Vier Pfoten, der Dachverband Tierschutz mit beteiligt gewesen. Der Tierschutzrat wurde bei der letzten Sitzung über die Fort­schritte informiert.

Das heißt, Fazit: Es hat eine breite Beteiligung und Einbeziehung gegeben, und ich kann Ihnen nur sagen: Was da geschaffen wurde, ist ein Meilenstein. Das hat noch niemand zuvor zustande gebracht. Man kann jetzt Kritik daran üben, dass parlamentarische Wege nicht auf Punkt und Beistrich eingehalten worden sind – mag sein , aber am Ende, und das zählt, steht das Ergebnis. Und dieses Ergebnis ist epochal.

Es wird selbst von sehr kritischen Organisationen wie dem VGT zugestanden, dass das, was jetzt geschaffen wurde, einen Meilenstein darstellt und damit ein Weg frei gemacht wird, der seinesgleichen sucht – bei aller Kritik an den langen Übergangsfristen. Wir sind damit eines von drei Ländern in Europa, die das zustande gebracht haben, und das waren nicht sozialdemokratische Minister, die das gemacht haben, sondern ein grüner.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Ob dieses Ergebnis epochal ist, Herr Minister, und wie sich andere Organisationen dazu verhalten, werden wir heute noch diskutieren. Wie man aus den Medien hört, beabsichtigt ja die Regierung eine Verbesserung in einigen Monaten. Das steht heute zum Beispiel in den Medien.

Meine Frage: Wieso peitschen Sie jetzt ein Gesetz durch, wenn Sie sowieso in einigen Monaten eine Änderung haben wollen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Erstens peitschen wir nichts durch und zweitens sind wir laufend bemüht, weitere Verbesserungen zustande zu bringen. Da laufen auch Gespräche mit der AMA, um Übergangsfristen zu verkürzen, es laufen Gespräche über Förderungsmaßnahmen, um sofort Umstellungen zu ermöglichen.

Ich kann Ihnen nur sagen, das, was wir insgesamt an Rückmeldungen bekommen haben: Auf der einen Seite hatten wir auch Widerstände, auf der anderen Seite ist das, was jetzt vorliegt, eine Lösung, mit der sich Österreich unter die top drei in Europa gesellt, und das können auch Sie nicht wegdiskutieren.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Borg Bad Leonfelden recht herzlich bei uns begrüßen! (Allgemeiner Beifall.) Wir sind aktuell gerade bei der Fragestunde an Minister Rauch.

Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Strasser. – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Zwei Zitate einleitend: Der Sprecher der Schweinebranche sagt, dass wir mit diesem Paket weit über den europäischen Standards liegen, und er hält es aus Sicht der Branche für eine machbare Herausforderung. Zweites Zitat, Eva Rosenberg von den Vier Pfoten, die diese Weichenstellung so definiert: Da „gebührt sowohl Tierschutz-Minister Johannes Rauch als auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig und der Branche Anerkennung“.

Jetzt meine Frage: Sehr geehrter Herr Bundesminister, wie interpretieren Sie die Strate­giewende der Tierschutzorganisationen hin zu einem stärkeren Vorstelligwerden bei Handel und Gastronomie?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Na ja, das ist aus den vielen Gesprächen, die da stattgefunden haben, relativ leicht und klar erklärbar. Es hat schon auch Einigkeit darin bestanden, dass es auch darum geht, den österreichischen Bäuerinnen und Bauern eine Brücke zu bauen und diesen Transformationsprozess zu ermöglichen, und dass es nicht nur darum geht, Kritik zu üben und Rahmenbedingungen zu verändern, sondern in weiterer Folge auch – und das ist der Punkt – die einzelnen Stakeholder in die Pflicht zu nehmen. Da gehören natürlich der Handel oder der Lebensmitteleinzelhandel dazu.

Wir haben sozusagen auf der einen Seite die Produzentinnen und Produzenten, die unter bestimmten Bedingungen produzieren, auf der anderen Seite die Konsumentinnen und Konsumenten, die einkaufen wollen, und dazwischen den Lebensmittel­einzel­handel, der dadurch, durch diese Position, eine mächtige Stellung hat. Das war auch der Punkt, warum ich zu Branchengesprächen den Lebensmittelhandel eingeladen habe: um zu überlegen, wie man dort auch Rahmenbedingungen schaffen kann, die Nach­vollziehbarkeit gewährleisten.

So fair, finde ich, muss man schon sein, dass dann Produzentinnen und Produzenten für die Produkte, die sie erzeugen, einen fairen Preis bekommen. Es kann nicht sein, dass auf der Produzentenseite oder auf der Konsumentenseite eine Belastung stattfindet und beim Lebensmitteleinzelhandel nicht.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Voglauer. – Bitte.

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben schon gesagt: Mit dem Vollspaltenbodenverbot und dem Tierschutzpaket gelingt ein Meilenstein. Wenn man sich das Vollspaltenverbot anschaut, dann sieht man, es sind 17 Jahre bis 2039, die man einzeln nicht betrachten kann. Da wird es einige Begleit­maßnahmen geben. Welche werden das sein, und wie wird sich da das Gesund­heits­ministerium einbringen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Also zunächst muss festgehalten werden – die lange Übergangsfrist ist kritisiert worden –: Bereits ab 1.1.2023 wird es nicht mehr möglich sein, Neubauten oder Um­bauten in diesem Bereich mit Vollspaltenböden zu bewerkstelligen.

Es wird vonseiten der AMA initiierte Projekte geben, um diesen Umstellungsprozess auch zu beschleunigen. Es wird, das hat Minister Totschnig auch angekündigt, Begleit­förderungen geben, um Anreize zu schaffen, diesen Umstieg rascher zustande zu bekommen und das, was ich gesagt habe, diesen Transformationsprozess, auch zu be­schleunigen.

Die Übergangsfrist ist ein Maximalendpunkt, und es wird natürlich alles getan, ge­meinsam mit der Branche, gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium, gemeinsam mit der AMA, gemeinsam mit dem Lebensmittelhandel, um diesen Transformations­prozess rascher bewerkstelligen zu können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die letzte Anfrage stellt Abgeordneter Smolle. – Bitte sehr.