11.46

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Was es heißt, pflegender Angehöriger zu sein, ist mir persönlich bekannt. Zwei Jahre lang habe ich meine Tante gepflegt und ein Jahr meine Mutter, allerdings nur in den Pflegestufen 1 und 2.

Seit 2006 bin ich Gewerkschaftsvertreterin der Gemeindebediensteten und betreue dort auch die Bediensteten der gemeindeeigenen Altenwohnheime. Die Probleme, die es in den Pflegeheimen gibt, sind mir bekannt. Beim Sozialamt war ich unter anderem für die Antragstellung auf Pflegegeld und für alles rund um pflegende Angehörige zuständig. Mit Recht kann ich behaupten, dass ich die Materie aus der Praxis und von vielen Seiten her kenne. Was Bedienstete und Angehörige leisten, wenn sie pflegen, das lässt sich nicht hoch genug bezahlen. Ihr Beruf ist Berufung. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Er ist körperlich und psychisch anstrengend, aber, wie ich aus eigener Erfahrung und auch aus vielen Erzählungen weiß, auch sehr schön.

2015 und 2021 war ich in Oberösterreich bei den Pflegeverhandlungen als Arbeit­nehmervertreterin dabei. Löhne und Gehälter sind nämlich Länderkompetenz. Ich habe vorhin Herrn Kollegen Kucher gefragt, ob er weiß, wie es in Klagenfurt mit dem Grundgehalt aussieht; er konnte es mir noch nicht beantworten, aber er wird es mir schicken.

Ich weiß, wie hoch das Einstiegsgehalt in Oberösterreich ist, und kann ganz klar sagen, dass Oberösterreich mit Wien gleichauf liegt. Da frage ich mich, wenn die Pflege so schlecht bezahlt ist und die Gehaltsverhandlungen Länderkompetenz sind, warum denn im von der SPÖ geführten Wien das Grundgehalt nicht höher ist. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kucher.)

Der Bund hat es jetzt in die Hand genommen und steuert noch einmal 520 Millionen Euro bis Ende 2023 bei. Jetzt muss ich noch dazusagen: Es war mir auch extrem wichtig, dass wir nicht auf die Heimhilfen und auf die FachsozialbetreuerInnen im Behinderten­bereich vergessen. Es kommen jetzt noch einmal 50 Millionen Euro genau für diese Berufsgruppen dazu, die ebenfalls Unglaubliches leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es sei gesagt, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um das Pflegepersonal und die pflegenden Angehörigen zu entlasten. Uns ist bewusst, dass derzeit auch in der Pflege zu wenig Personal vorhanden ist, deshalb führen wir die Pflegelehre ein. Da kann ich aus der Praxis sagen: Meine Tochter wäre gerne in die Pflege gegangen, aber das Angebot hat es für sie mit 15 Jahren noch nicht gegeben. Jetzt hat sie eine andere Lehre gemacht (Abg. Kucher: Wer empfiehlt die Pflegelehre? Welche Fachgesellschaft?) – und eine Lehre ist nicht schlecht (Abg. Kucher: Die Pflegelehre?), eine Lehre ist gut (Zwischenrufe bei der SPÖ), und was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, Herr Kucher.

Man muss sehr wohl darauf achten (Abg. Kucher: Wer empfiehlt die Pflegelehre, welche Einrichtung? Wer empfiehlt das? Auf Basis welcher Expertise?), dass man ihnen nicht zu viel zumutet, aber wenn sie mit 15 diesen Beruf ergreifen wollen, dann soll man ihnen das nicht verwehren. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir setzen finanzielle Anreize, es wird einen Ausbildungsbonus in der Höhe von 600 Euro geben, es wird auch Pflegestipendien geben – das alles sind Anreize, um mehr Per­sonen in die Pflege zu bekommen, damit diese diesen Beruf ergreifen und damit wir das bestehende Personal entlasten.

Auch für die pflegenden Angehörigen setzen wir neue Schritte: Es kommt der Pflege­bonus in Höhe von 1 500 Euro, den sollen die pflegenden Angehörigen, die eine Person ab Pflegestufe 4 zu Hause pflegen, erhalten. Nicht nur jene, die selbst- und weiter­versichert sind, das heißt, die nicht mehr arbeiten gehen, sondern auch unsere Pensio­nistinnen und Pensionisten, die zu Hause Angehörige pflegen, sollen diesen Bonus bekommen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Eines ist klar: Wir müssen aufhören, immer nur davon zu reden, wie anstrengend und herausfordernd die Pflege ist, denn damit tun wir weder den Menschen, die in dieser Branche arbeiten, etwas Gutes noch den Pflegebedürftigen einen Gefallen. Bei einer Arbeit, bei der man so eng mit anderen Menschen zu tun hat, gibt es nicht nur Belastung, sondern auch viel Wertschätzung und Erfolgserlebnisse. Ich habe die größte Hochach­tung vor jeder Person, die in der Pflege arbeitet, und schätze ihre Arbeit, denn ich möchte mich ja auch einmal darauf verlassen können, dass ich möglicherweise einmal gepflegt werde. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Generell regt es mich auf, dass das Arbeitengehen an und für sich so oft schlechtgeredet wird, daher ein Appell an die SPÖ: Bitte endlich einmal keine populistischen Anträge mehr auf Erhöhung des Arbeitslosengeldes (Abg. Kucher: Das ist die ÖVP-Politik – Zwischenruf der Abg. Yılmaz), denn das verstehet niemand mehr – und schon gar nicht Leute, die pflegen und nicht mehr wissen, wie sie pflegen sollen, weil sie so wenig Personal haben. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir tun in der Regierung gemeinsam mit den Grünen lieber etwas (Zwischenrufe der Ab­geordneten Matznetter und Holzleitner), um jene zu entlasten, die tagtäglich ihren Beitrag leisten und auch arbeiten gehen. Zum Schluss würde eine Pflegerin vielleicht sagen: Sei nett zu mir, es kann sein, dass ich dich einmal pflege! – Danke an alle Men­schen, die in der Pflege tätig sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.52

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Ragger. – Bitte.