14.26

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute geht es darum, das Impfpflichtgesetz außer Kraft zu setzen. Wenn man sich das anschaut, dann zahlt es sich aus, die Vergangenheit kurz Revue passieren zu lassen: Die Coronapandemie hat bei uns deutlich drei Phasen hinter sich gebracht, und da kommt man so ungefähr auch mit den Jahren hin.

Jahr 2020: Ein neues Virus hat eine immunologisch völlig naive – das heißt unge­schützte – Bevölkerung getroffen; und entsprechend hat das Virus zugeschlagen, nicht nur bei uns, sondern weltweit. Es sind damals nachweislich 2 Prozent der nachgewiesen infizierten Personen verstorben. Als noch weniger getestet worden ist, war dieser Pro­zentsatz noch höher, und es war wirklich eine dramatische Situation. Es hat praktisch keine spezifischen medizinischen Maßnahmen dagegen gegeben. Das heißt, man musste sich allein auf sogenannte nichtpharmakologische Interventionen beschränken; damit meint man eben Maßnahmen von Abstand halten bis hin zum Lockdown – Maß­nahmen, die wirklich sehr intensiv in unser wirtschaftliches und soziales Leben einge­griffen haben. Das war im Wesentlichen die Entwicklung 2020, und da ist es gelungen, doch sehr viel Schlimmes zu verhindern, aber mit großer Anstrengung und mit großen Einschränkungen.

Im Jahr 2021 sind dann die Impfungen verfügbar geworden, und man hat dann sehr schnell gesehen, dass diese Impfungen sehr gut vor schweren Verläufen und vor Todesfolge schützen, und sie haben zu Beginn und über viele Monate hin auch vor der Infektion geschützt und das Infektionsgeschehen insgesamt massiv bremsen können. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Das ist über die Mitte des Jahres 2021 hinaus so gewesen. Es sind die Alphavariante zu Beginn des Jahres und die Deltavariante dann mehr in der zweiten Jahreshälfte dazugekommen. Die Deltavariante war wiederum deut­lich gefährlicher als der vorherige Wildtyp; und man hat gesehen, dass die Infektion sich nicht wirklich einbremsen lässt – nicht zuletzt weil die Impfquote nicht so hoch war, wie man es gebraucht hätte. Das war der Anlass, dass man sich Gedanken über ein Impf­pflichtgesetz gemacht hat, wobei man aber auch schon berücksichtigt hat, dass man von einem gegenwärtigen Wissensstand und einem Verlauf der Pandemie nicht vorhersagen kann, wie das ein halbes oder ein Jahr später ausschauen wird.

Das war der Grund, warum dieses Impfpflichtgesetz als Rahmengesetz geschrieben worden ist, wobei das konkrete Wirksamwerden jeweils von der aktuellen Situation abhängig war, zu beurteilen und dann per Verordnung zu regeln war.

Im heurigen Jahr – dritte Phase – ist Omikron gekommen: massiv infektiös, weitaus mildere Verläufe, viel weniger Belastung der Spitäler, einerseits weil dieser Typ per se etwas weniger schlimme Erkrankungen macht, ganz besonders aber, weil wir mittler­weile durch Impfung und Genesung eine breite Grundimmunität in der Bevölkerung haben. Dadurch ist die Situation eine andere. Zusätzlich sind jetzt auch Medikamente verfügbar, die bei Ausbruch der Erkrankung tatsächlich auch verwendet werden können. Auch diese sind in der Lage, die Gefährlichkeit der Erkrankung weiter einzudämmen. Die Situation ist also eine andere geworden, und genau deshalb können wir das Impfpflichtgesetz heute außer Kraft setzen.

Ich finde, das ist richtig. Weil vorhin von einer Zickzackpolitik gesprochen worden ist: Das ist es nicht. Es ist eine andere Politik. Sie mag nicht populär sein. Sie ist sicher nicht populistisch. Es ist eine Politik, die sich an der Wissenschaft und deren Erkenntnissen orientiert, die verantwortungsbewusst mit gesundheitlichen Herausforderungen umgeht, die die aktuelle Situation bewertet und dementsprechend handelt; und genau deshalb haben wir heute diesen Beschluss auf der Tagesordnung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte allen hier danken, die in zum Teil sehr lebhaftem Diskurs über diese ganzen zweieinhalb Jahre mit uns gemeinsam um vernünftige Wege gerungen haben, die auch bereit sind, zu erkennen, wenn sich Situationen ändern, so wie das da der Fall ist, und mit uns gemeinsam den Weg in die Zukunft gehen.

Die Situation ist eine andere geworden; hundertprozentig voraussagen, wie es die nächsten Monate kommt, kann derzeit niemand. Ich bin auf der Seite des vorsichtigen Optimismus: Es wird nie mehr ein völlig neues Covid-19-Virus eine völlig unvorbereitete Bevölkerung treffen. Deshalb wird es sicher nicht mehr so schlimm werden, wie es einmal war. Wir müssen wachsam sein. Danke an den Herrn Minister, dass ent­sprechende Szenarien vorbereitet werden. Ich bin froh, dass wir die Impfung haben. Es ist klar, dass sie mittlerweile weltweit an die 15 bis 20 Millionen Todesfälle verhindert hat, sie wird weiterhin eine wesentliche Stütze sein. – Ich sage herzlich Danke, ich wün­sche alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.32

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Abgeordnete.