15.56

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Herr Innenminister, Ihr Statement gerade und auch die Beant­wortung der Fragen hat ja gezeigt, dass wir uns hinsichtlich der Fakten, hinsichtlich der dramatischen Zahlen in Sachen Asyl, Migration, unkontrollierte Einwanderung einig sind. Das ist schon einmal eine gute Basis. Gentlemen don’t disagree about facts, hat es vor langer Zeit einmal geheißen – also ein guter Beginn.

Auch die Maßnahmen, die Sie dann vorschlagen, die Aktionen, die Sie angeblich machen – Bekämpfung der Schlepperkriminalität, sich einzusetzen für kürzere Verfah­ren, für mehr Abschiebungen, Rückführungen –, sind natürlich nicht neu, wären aber der richtige Weg, nur: Das sind die Worte, das sind die Statements hier.

Wie schaut’s aber wirklich aus? – In Wirklichkeit haben wir eben die Zahlen, die Sie hier auch bestätigt haben. Ich will sie gar nicht mehr wiederholen, es reicht einfach die Feststellung, die Sie auch bestätigt haben: Österreich liegt hinsichtlich der Asylzahlen bei der Pro-Kopf-Belastung in der EU auf Platz zwei. – Das sagt alles.

Wir haben seit Beginn 2020 eine türkis-grüne Bundesregierung. Es hat geheißen, das Versprechen hat gelautet: Ausländer-, Asyl-, Migrationspolitik bleibt in der Kompetenz der ÖVP. Das war die eine Welt. Da wird der restriktive Kurs der Vorgängerregierung mit der FPÖ fortgesetzt. (Abg. Belakowitsch: Leider nein!)

Nun beweisen aber genau die Zahlen, die Sie ja jetzt auch bestätigt haben, das Ge­genteil. Es ist wieder total in die Gegenrichtung gegangen. Es gehen alle ein und aus bei uns. Wir haben nach wie vor die jahrelangen Verfahren, wir haben die Asylindustrie, die dranhängt, in der viel Geld fließt, wir haben kaum Abschiebungen und Rück­füh­rungen. Das heißt: Wer hat sich durchgesetzt? – Die grüne Seite; für die ist das ein Erfolg, allerdings: Rückhalt in der Bevölkerung ungefähr im einstelligen Bereich. Sie haben aber das Versprechen abgegeben, den restriktiven Kurs fortzusetzen, und das haben Sie bisher nicht gehalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz im Gegenteil: 2020, 2021 waren in Lockdownzeiten die Grenzen offen, also Reisefreiheit nicht für uns, auch nicht für die autochthonen Europäer, sondern für die Drittstaatler. Wir haben Asylzahlen, die sich den Zahlen aus 2015 annähern. Was ist der Unterschied in der Dramatik?  Es wird in den Medien nicht berichtet und man versteckt sich hinter den anderen Krisen, die uns jetzt natürlich so beschäftigen.

Auch bei der Teuerung, die jetzt ständig in Sondersitzungen – natürlich zu Recht – und in Aktuellen Stunden thematisiert wird, wird eine der Hauptursachen für die Preistreiber nicht genannt, nämlich genau diese Asylzahlen und die ungezügelte Einwanderung, die natürlich nicht zuletzt auch angesichts der Coronazeit erhebliche Gesundheitskosten verursacht hat.

Herr Innenminister, weil Sie auch von den Signalen gesprochen haben, die auszusenden sind und die natürlich wichtig sind, gerade an die Schlepper  dass sie eben nicht die Leute hierherbringen , muss ich Sie schon fragen: Haben Sie da schon mit Ihren Kollegen in der Bundesregierung gesprochen, die nämlich ganz fatale Signale, vor allem zu Beginn des Krieges, ausgesendet haben, die sie aber nie korrigiert haben?

Ich darf nur daran erinnern, dass Bundeskanzler Nehammer am 24.2., also schon am ersten Tag des Krieges Ukraine/Russland, gesagt hat: Natürlich nehmen wir alle Flücht­linge auf! Er hat die Ukraine gleich zum Nachbarstaat Österreichs erklärt. Er hat zwar wie immer vorausschauend und auch rechthabend gesagt, dass er nicht davon ausgehe, dass der Ansturm groß sein wird. Wir seien aber solidarisch mit Polen, der Slowakei und Ungarn, die die Hauptlast tragen würden, und wenn es notwendig sei, seien wir dann in Österreich solidarisch. Ja, wir haben es ja! Und jetzt haben wir natürlich auch eine erhebliche Zahl da; ich weiß jetzt nicht genau – 70 000, 80 000 –, wie viele gerade da sind. Die Ukrainer fallen nicht in die Asylstatistik, sondern die kommen noch dazu, muss man sagen.

Übrigens hat Bundeskanzler Nehammer in demselben Interview am 24.2. auch von Ver­sorgungssicherheit gesprochen, dass wir in diesem Winter keine russischen Gas­lie­ferungen mehr brauchen und genug Gas in den Speichern haben. – Das nur ganz nebenbei.

Kollegin Edtstadler hat dann ebenfalls gleich zu Beginn des Krieges Ende Februar erklärt: Aufnahme für ukrainische Flüchtlinge ohne Limit. – Ohne Limit! Was ist das für ein Signal an Schlepper? Gerade in einer so hochsensiblen Phase von Konflikten – das weiß man ja – gibt es die Krisengewinnler, die Kriegsgewinnler, und dazu gehören immer die Schlepper, die, wie Sie zu Recht gesagt haben, skrupellos, ohne Rücksicht auf Leid agieren. Es ist eine riesige Industrie und Einnahmequelle, die sogar den Drogenhandel befördert und in Kriegszeiten natürlich floriert. Wenn man aber solche Signale aussendet und sie nicht korrigiert, dann darf man sich nicht über den Anstieg der Schlepper­krimi­nalität wundern.

Sie haben dann erst im Mai, zwei, drei Monate später, begonnen und haben in Interviews festgestellt: Ja, die Schlepper nutzen die Situation in der Ukraine aus, um ihr Geschäfts­feld neu zu definieren, die Zahl der Aufgriffe ist gestiegen! Es kommen jetzt auch viele Nichtukrainer, Menschen aus Tunesien, Marokko und Indien, die eigentlich keine Chance auf Asyl hätten! – Ja, richtig, das haben Sie jetzt auch bestätigt, aber Ihre Kollegin Edtstadler hat halt auch gesagt, dass nicht nur die Ukrainer mit ukrainischem Pass kommen dürfen, sondern auch Drittstaatler, die nur aus der Ukraine kommen. (Abg. Belakowitsch: Das hat sie gesagt! Wörtlich!) Wozu führt das? – In der Ukraine haben offensichtlich unzählige Menschen aus Nigeria, aus Afghanistan und Somalia studiert, und die kommen da jetzt aus der Ukraine herüber. Ich meine, das sind eben ganz, ganz fatale Signale.

Sie haben dann Anfang Juni noch gesagt, dass jetzt im Innenministerium schon laut darüber nachgedacht wird, Flüchtlinge in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken, auch wenn das Asylverfahren hier noch läuft. Wir wissen natürlich alle, dass die viele Jahre laufen, und es wäre einmal höchst an der Zeit, dazu überzugehen. Sie haben aber auch gemeint, dass wir da ganz am Anfang stehen, es wäre einmal sinnvoll. – Ehrlich gesagt, da fragt man sich schon, was das soll. Ich weiß nicht, wie lange wir das schon im Parteiprogramm haben, auch im Regierungsprogramm von Türkis-Blau hatten wir das eigentlich schon festgeschrieben. Natürlich ist das schwierig, ja. Sie stellen auch fest, dass die Drittstaaten die Flüchtlinge nicht zurücknehmen. – Ja, aber wo stehen wir? Sie haben uns jetzt auch erklärt, Sie stehen in Verhandlungen über Rückübernah­meab­kom­men. – Ja, aber das muss doch alles schon passiert sein! Und wo machen Sie Druck in der EU? (Abg. Belakowitsch: Das ist Aufgabe des Außenministers!) Das ist ja unglaub­lich, dass da nichts zustande kommt.

Wir waren gerade im Gespräch mit Außenminister Schallenberg, der zugegeben hat, dass Österreich nur 26 bilaterale Abkommen hat; man darf diese nämlich sehr wohl mit einzelnen Staaten bilateral abschließen. Von den 26 Staaten sind aber sage und schreibe 17 EU-Staaten. Und wenn man jetzt glauben würde, bei den restlichen neun handelt es sich um die Länder, aus denen die meisten kommen, also Afghanistan, Marokko, Somalia, Syrien und Irak – nein, nein, nein! Da sind die Schweiz, Liechtenstein, Bosnien und Kosovo dabei. Ja, das ist ohnehin wichtig, dass wir mit der Schweiz ein Abkommen haben, dass wir die Schweizer wieder zurückschicken, aber ich glaube, das ist jetzt nicht wirklich so erste Priorität.

Übrigens, wenn wir schon bei der Schweiz sind: Diese hat über 50 Rückführungs­ab­kommen, bilaterale natürlich; sie ist nicht in der EU, aber da funktioniert das, sie hat diese Abkommen. Da könnte man sich auch so manches abschauen, glaube ich, so wie man sich überhaupt von der Schweiz so manches abschauen könnte.

Und zur EU: Ja, da liegt vieles im Argen, auch hinsichtlich Gerichtsbarkeit von EGMR und EuGH, aber da geht es halt darum, wirklich Druck zu machen – und ich denke, für die ÖVP geht es darum, ihre Versprechen einzulösen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.04

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte. (Abg. Belakowitsch  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Stocker –: Bitte keine Schönwetterrede!)