16.46

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Wenn ich der Anfrage der FPÖ etwas Positives abgewinnen will, dann muss ich es so hinzimmern, dass ich sage: Ja, okay, wenn die FPÖ ausdrücken will, dass Österreich eine schlechte Zuwanderungspolitik hat, okay, dann kann ich dem zustimmen! Ich würde sogar sagen, wir haben eigentlich keine Zu­wanderungspolitik und wir würden eine brauchen, und zwar eine gezielte. (Abg. Schrangl: Das ist eine andere Thematik! Abg. Kainz: Ja, aber eine gute!)

Die Frau Staatssekretärin hat kürzlich zu Recht darauf hingewiesen, dass im Tourismus 35 000 Arbeitskräfte fehlen. Und was wird gemacht? – Das Saisonnierkontingent wird um 1 000 erhöht – um 1 000! Das ist nichts! Saisonniers sind ja die, die zum Arbeiten kommen und nach dem Arbeiten wieder gehen und gar nicht bleiben wollen und auch nicht bleiben können. Warum man da solche Beschränkungen einzieht, frage ich mich seit Jahren. Erntehelfer für Pilzernte, Spargelernte, alles Mögliche, 200 im Jahr: Die Leute kommen zum Arbeiten, die wollen arbeiten und gehen dann mit dem schwer­verdienten Geld wieder nach Hause. Die machen Arbeiten, die – das muss man ganz offen ansprechen – die Österreicherinnen und Österreicher nicht machen. Warum diese Beschränkung auf 200 Erntehelfer? (Abg. Lausch: Du bist in der falschen Veran­staltung!) – Das ist aber das, was die Mehrheitsparteien im Hauptausschuss an Kontin­genten beschließen. Für Familiennachzug sind es dann 5 100, da kommen dann viel mehr. Auch da frage ich mich: Wie kommt diese Gewichtung zustande? Warum sind wir bei denen, die bei uns arbeiten wollen, so restriktiv und bei denen, bei denen es nicht ums Arbeiten geht, relativ großzügig? – Es passt nicht zusammen.

Wir haben momentan insgesamt in der Wirtschaft über 200 000 offene Stellen, allein beim AMS sind Hundert-irgendwas-tausend gemeldet. Jetzt haben wir doch in dieser Woche hier herinnen Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte beschlossen. 5 000 Rot-Weiß-Rot-Karten werden jedes Jahr vergeben, und der SPÖ geht das zu weit, weil sie fürchtet, dass der Arbeitsmarkt unterminiert wird, wenn statt 5 000 Rot-Weiß-Rot-Karten vielleicht 6 000 oder 6 500 vergeben werden. Da haben einfach wesentliche Player in dieser Republik kein Gespür für Zahlen und keine Verhältnismäßigkeit bei den Größen­ordnungen. Die Rot-Weiß-Rot-Karte ist bei diesen Dimensionen für den Arbeitsmarkt leider irrelevant. Es wäre schön, wenn sie relevant wäre, weil mehr Arbeitskräfte diese Möglichkeit nützen, um nach Österreich zu kommen. Stattdessen aber bauen wir Hürden auf, die so hoch sind, dass die Menschen lieber nach Schweden, nach Australien, nach Kanada arbeiten gehen, weil sie da leichter hinkommen können und schneller arbeiten dürfen.

Das Thema Ukraine ist auch schon angesprochen worden. Wir können jetzt darüber diskutieren, ob 70 000 Ukrainer oder 60 000 oder 80 000 da sind, aber ich habe jedenfalls aus einer Anfragebeantwortung die Information, dass 5 168 von denen – also weit weniger als ein Zehntel – eine Beschäftigungsbewilligung beim AMS bekommen haben, weil wir es natürlich auch diesen Ukrainerinnen und Ukrainern möglichst kompli­ziert machen. Die kommen her, bekommen eine Blaue Karte, weil sie geflüchtet sind, und dann sagt man nicht: Ihr habt eine Blaue Karte, ihr dürft arbeiten, wie wenn ihr EU-Bürger wärt! – Nein, die müssen jetzt noch zum AMS wegen einer Beschäftigungs­bewilligung. Argument: Wir müssen ja wissen, was die tun.

Und dann frage ich parlamentarisch an (Abg. Belakowitsch: ... Asylthema ...!): Was wissen wir denn, was die tun? – Und: Das AMS weiß original gar nichts. Laut Anfrage­beantwortung wissen wir es nicht. Dann frage ich mich: Warum schickt man die zum AMS? Warum müssen die Unternehmen noch eine Beschäftigungsbewilligung einholen, wenn wir mit der Information dann eh nichts machen? Man sollte lieber die bürokratische Hürde herunterschrauben.

Viele, die aus der Ukraine kommen, haben Probleme mit der Anerkennung ihrer Aus­bildungen. Sie haben etwas gelernt und können das in Österreich nicht anwenden, weil wir alle möglichen Hürden aufbauen. Da gibt es natürlich auch bestimmte Kammern, die dann besonders restriktiv in der Anerkennung sind – wir wollen keine Namen nennen, aber die betreffenden Ärzte wissen schon, wer gemeint ist –, dass man die Leute gezielt draußen hält. Das ist der Spirit, und den hat natürlich auch die FPÖ seit 1986 genährt. (Beifall bei den NEOS.)

Damit halten wir nicht nur Asylwerber draußen, sondern Menschen, die hier arbeiten wollen, und das ist ein Fehler. Wir werden sie nämlich brauchen. Wir haben jetzt schon einen Arbeitskräftemangel, und wenn man ein bisschen die Zahlen anschaut, wer denn da in nächster Zeit in Pension geht und wer neu auf den Arbeitsmarkt kommt, dann sieht man, dass geburtenstarke Jahrgänge in Pension gehen und geburtenschwache Jahr­gänge, die auch ein ganz anderes Verhältnis zur Work-Life-Balance haben, nachkom­men. Das heißt, da fehlen uns Zehntausende Arbeitskräfte allein aufgrund der Demo­grafie. Wir werden, ob uns das schmeckt oder nicht, die Zuwanderung brauchen, damit unsere Wirtschaft weiter funktionieren kann, und dafür brauchen wir eine gezielte Zu­wanderungspolitik, die dieses Land nicht hat. (Beifall bei den NEOS. Abg. Belakowitsch: Ja, aber das Problem ist, die sind dann in der Mindestsicherung!)

16.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ries. – Bitte.