17.18

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Wenn wir hier eine Zuwanderungsdebatte führen und der Innenminister hier ist, dann geht es natürlich auch um Sicherheit. Wenn es um Sicherheit geht, geht es natürlich auch um den Personalstand bei der Exekutive. (Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Da darf ich gleich den Finger darauf legen: Ich begrüße es, dass 50 Beamte zusätzlich an den Grenzen eingesetzt werden; das ist eine Entwicklung in die richtige Richtung. Wenn ich mir dann aber den Personalstand in meinem Heimatbundesland Wien an­schaue: Da schaut es nicht so gut aus. Das heißt, Herr Bundesminister, da besteht Handlungsbedarf. (Bundesminister Karner: Machen Sie Werbung bei der Polizei­schule ...! Wir suchen Polizeischüler derzeit!) Vielleicht können Sie mir zustimmen: Die Abwanderung von Beamten aus Wien in die umliegenden Bundesländer ist ein allge­meiner Trend. Natürlich geht es in einem Ballungsraum wie Wien, in einer Millionenstadt, ein bisschen anders zu. Die sozialen Probleme sind in einem städtischen Raum immer dichter als in einer kleinen Landgemeinde, also im Texingtal oder irgendwo. (Bundes­minister Karner: Natürlich! ... überall schön!) Daher fordere ich natürlich auch für mein Bundesland Wien – das trifft aber auch auf andere städtische Bereiche zu – mehr Polizei im inneren Bereich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das gilt auch für die Justizwache, Kollege Lausch, da bin ich ganz bei Ihnen, die darf man auch nicht vergessen (Abg. Lausch: ... richtigen ...!) – aber das müssen wir der Frau Bundesministerin umhängen und nicht Minister Karner. (Bundesminister Karner: „Umhängen“?!)

Zum Umgang damit, wenn Abgeordnete hier Kritik äußern, sage ich: Das gehört zur natürlichsten Aufgabe des Parlaments. Das Parlament hat ja in einem parlamen­ta­rischen System eine Kontrollfunktion. Wenn die Opposition sich wieder einmal erlaubt, die Regierung zu kritisieren, dann kommt Abgeordneter Stocker hier heraus und sagt: Das ist Majestätsbeleidigung! – Hier darf man also die Regierung nicht kritisieren. (Abg. Eßl: Tatsächliche Berichtigung!) Das heißt, diese Feinfühligkeit ist überhaupt nicht ange­bracht. (Abg. Lausch: Das war überhaupt eine sonderbare Rede vom Kollegen Stocker!) Das Parlament ist der legale Ort, an dem Kritik geäußert wird und an dem Verbes­serungsvorschläge eingebracht werden – dem muss sich die Regierung stellen und da darf man ganz einfach nicht überbeleidigt reagieren.

Herr Bundesminister, ich begrüße Ihre Arbeitsbesuche in der Türkei und in Ägypten. Ich glaube, die Koordination auf der Ebene der Sicherheitszusammenarbeit in Bezug auf Migration und die Bekämpfung des Schleppertums sind richtige Ansätze. Es fehlen mir noch die bilateralen Abkommen. (Bundesminister Karner: Da sind wir dabei!) Die Regierung schwächelt immer noch bei bilateralen Rückführungsabkommen – und da bin ich schon bei dem Thema Rechtsstaatlichkeit. Es geht in dem Bereich Zuwanderung, Migration, Asyl – und ich möchte es aber dann ein bisschen auseinanderhalten und auch trennen, weil das nicht das Gleiche ist – einerseits um die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien. Es gibt in Österreich faire Asylverfahren; und wer dabei nicht besteht, wird nicht akzeptiert und muss in sein Heimatland oder anderswohin zurück. Auf der anderen Seite gibt es auch humanitäre Aspekte beim Umgang mit vertriebenen Menschen, die auf der Flucht sind. Das ist nicht das Gleiche.

Das ist mein Vorwurf an die FPÖ (Zwischenruf des Abg. Lausch), dass halt immer wieder Migration, Zuwanderung, Asyl, Arbeitsmigration, aber auch die Frage der Arbeits­kräfte, die Österreich braucht, in einen Topf geworfen und populistisch verwendet wer­den. (Beifall bei der SPÖ.) Für diesen Populismus der FPÖ sind die Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen nicht zu haben. (Abg. Lausch: Bis jetzt war die Rede gut! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir brauchen schließlich Arbeitskräfte, die unsere älteren Menschen und kranke Menschen pflegen und heilen – medizinisches Personal. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Nun rede ich noch gar nicht von Tourismus und Gastwirtschaft. Wir brauchen hierzu­lande Arbeitskräfte – und daher fordere ich eine ehrliche Diskussion beim Thema Zuwanderung. Wir brauchen die Pflegekräfte, wir brauchen Menschen in der Gastro­nomie, wir brauchen auch Menschen, die unser Land sauber halten und reinigen. Das ist ein Fakt und das kann man nicht durcheinanderwerfen.

Abschließend: Was ich auch nicht mag und wovor ich warne, ist ein Zweiklassensystem bei Flüchtlingen: jene, bei denen man ganz streng auf die Bestimmungen schaut, sie sogar behindert und sie nicht will; und jene Flüchtlinge, die kommen, und es gibt sofort alles. Ich sage auch zum Thema Ukraine (Abg. Belakowitsch: Ja, die dürfen alle gratis parken!): Es kann nur eine Kategorie von Flüchtlingen geben. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Jeder Flüchtling, der zu Recht hier­herkommt, der verfolgt wird, der durch den Krieg verfolgt wurde, ist gleich zu behandeln.

Dieses Zweiklassensystem wird nun offensichtlich auch ein bisschen auf den EU-Beitritt und den Westbalkan angewendet. Es kann nicht sein, dass Menschen aus dem West­balkan, woher viele Kräfte nach Wien gekommen sind, um da zu arbeiten, und enorm gute Arbeit leisten – egal ob Kroaten, Serben, Bosnier, Mazedonier oder Albaner –, als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Auch die Länder, aus denen sie kommen und die diese Arbeitskräfte mitunter selbst für ihre Weiterentwicklung brauchen würden, dürfen nicht als Länder zweiter Klasse behandelt werden. Das betrifft nicht im Speziellen Sie als Innenminister, ich darf es aber in die politische Debatte einbringen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Es kann nur eine Kategorie von Flüchtlingen geben und es gibt nur eine Bestimmung für die Aufnahme von Ländern in die EU – und die muss für alle gelten, egal ob Ukraine, Nordmazedonien, Albanien, Serbien oder Montenegro. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.25

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.