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Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Tourismusbe­richt über 2021 ist natürlich auch von den vergangenen zwei Jahren, von den Coronajah­ren, geprägt. Trotz alledem, muss man sagen, ist es tatsächlich so, dass die Betriebe schon mit einem gewissen Optimismus in die Zukunft schauen. Das finde ich großartig, weil das bedeutet, dass wir trotz eines schlechten Krisenmanagements der Bundesre­gierung in der Pandemie und des ständigen Auf- und Zusperrens Betriebe haben, die nach wie vor optimistisch sind und darauf vertrauen, dass sie selbst einen Beitrag dazu leisten können, dass es wieder bergauf geht, vor allen Dingen im Tourismus und in der Freizeitwirtschaft.

Ich glaube schon, dass es notwendig ist – da bin ich ein bisschen am Zweifeln, ob die Lernkurve der Bundesregierung wirklich sehr steil ist; ich glaube nicht –, auch angesichts dieses ruinierten Vertrauens, den Betrieben eine klare Ansage zu machen, was im Herbst passieren wird. Da kann man nicht sagen, wie Minister Rauch es heute getan hat: Das wissen wir noch nicht so genau, das können wir so pauschal nicht sagen! – Ich glaube, dass es für die Betriebe notwendig ist, einen Handlungsfahrplan zu haben. Das ist Krisenmanagement, und ich gehe schon davon aus, dass wir nach zwei Jahren Pan­demie endlich wissen, wie wir das handhaben wollen. (Beifall bei den NEOS.)

Die Vergangenheitsbewältigung ist die eine Seite, aber die zweite Seite ist: Wie geht es in der Zukunft weiter? Wir haben im Wirtschaftsbereich in Österreich in vielen Branchen große Herausforderungen, natürlich auch im Tourismus. Eine besondere Herausforde­rung in diesem Bereich – das haben schon Kolleginnen und Kollegen angesprochen – ist natürlich das Thema Mitarbeitermangel. Ich glaube, da hat Kollegin Erasim vielleicht etwas falsch verstanden: Die Lohnnebenkosten in Österreich sind dermaßen hoch, dass wir uns natürlich aktuell in einem Wettbewerbsmarkt von Mitarbeiterinnen und Mitarbei­tern befinden. Es ist nicht so, dass die MitarbeiterInnen im Tourismus nicht arbeiten wol­len oder nicht zu uns kommen wollen. Es ist einfach so, dass sie in anderen europäi­schen Ländern mittlerweile mehr verdienen und dort für ihren Lebensstandard nicht so viel bezahlen müssen.

An dieser Stelle muss ich Sie wirklich fragen: Die Lohnnebenkostensenkung um 0,3 Pro­zent, ist das ein Witz? Also ganz ehrlich, ich würde mich nicht einmal trauen, das in irgendeine Presseaussendung reinzuschreiben. Die Lohnnebenkosten muss man spür­bar senken, um diesen Wettbewerb am Arbeitskräftemarkt langfristig nicht zu verlieren. (Beifall bei den NEOS.) Diesen Wettbewerb zu verlieren bedeutet nämlich, dass auch der Wirtschaftsstandort verliert.

Ich war die letzten paar Wochen in zahlreichen Betrieben: Es zahlt keiner mehr nach Kollektivvertrag, weil es gar nicht mehr geht. Und es ist keiner mehr bereit, mehr als vier Tage in der Woche zu arbeiten. Es ist keiner mehr bereit, am Wochenende zu arbeiten. – Ja eh, aber man muss auch die Konsequenzen tragen. Es gibt momentan nicht nur einen Mitarbeitermangel, weil grundsätzlich zu wenige da sind, sondern auch deswegen, weil Stunden reduziert worden sind, und zwar im umfassenden Ausmaß. Das heißt natürlich, dass mehr Arbeitskräfte fehlen.

Ich möchte Ihnen noch ein paar Sachen zum Thema Kinderbetreuung mitgeben, weil uns das ein Anliegen ist. Wir haben dazu ja einen Antrag eingebracht, in dem wir fordern, dass mit den neuen ÖHT-Richtlinien Kinderbetreuung  Kinderkrippen, Kinderbildungs­einrichtungen , die Betriebe zur Verfügung stellen, stärker gefördert wird. Wir brauchen diese neuen Richtlinien. Wir haben diesen Antrag eingebracht, er ist leider in die Schub­lade gewandert wie viele andere Anträge von Kolleginnen und Kollegen der Opposition. Es wurde uns aber mitgeteilt, dass es diese neuen Richtlinien geben soll – ich glaube, nächstes Jahr sollen sie in Kraft treten – und dass diesbezüglich etwas drinnen sein wird.

Wir werden uns das genau anschauen, weil ich glaube, dass das wirklich ein zentrales Thema ist, bei dem man etwas machen muss. Man hat jahrelang verabsäumt, anzuer­kennen, dass der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, Kinderbildungseinrich­tungen für kleine Kinder nicht notwendigerweise nur eine familienpolitische Maßnahme ist. Ganz im Gegenteil: Das ist zum einen eine Chancenmaßnahme für Kinder und zum anderen eine wirtschaftspolitische Maßnahme. Das hat die ÖVP in den letzten zehn Jah­ren wahnsinnig unterschätzt, und jetzt müssen wir aufholen. (Beifall bei den NEOS.)

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