13.37

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich in die inneren Abläufe der ÖVP nicht allzu sehr einmischen, aber wie kommt Frau Kollegin Diesner-Wais, wie kommen Sie jetzt dazu, dass Sie die Aufgabe übernehmen müssen, das ganze Schlamassel der ÖVP im Nachhinein schönzureden zu versuchen? Sie waren da ja immer kritisch. Da hat es ganz andere in der ÖVP gegeben, die uns in Wahrheit dieses Schlamassel rund um die Impfpflicht und das Coronadesaster eingebrockt haben. Deswegen finde ich es fraktionsintern fast unfair, dass dann eine engagierte Frau hinaus­gehen und das Schlamassel der ÖVP verteidigen muss. Das wäre eigentlich eine schöne Aufgabe für den Klubobmann gewesen.

Es ist kein Zufall, muss ich sagen, dass sowohl Herbert Kickl als auch August Wöginger beide heute nicht da sind, denn es steht heute noch etwas auf der Tagesordnung, was beiden extrem peinlich ist. (Abg. Belakowitsch: Philip, ihr wart dabei! – Zwischenruf der Abg. Jeitler-Cincelli.) Deswegen hat man das in Richtung Mitternacht verschoben. Es gibt nämlich einen Rechnungshofbericht zum Coronakrisenmanagement, der sich wie ein Krimi liest und heute Nacht noch diskutiert wird. (Zwischenrufe der Abgeordneten Jeitler-Cincelli und Baumgartner.) Es ist kein Zufall, dass sich jetzt vor allem die Freiheitlichen und die ÖVP genieren, weil es um das Coronakrisenmanagement geht.

Der Rechnungshof hat minutiös aufgearbeitet, was in Österreich passiert ist, dass wir so viel schlechter durch die Coronakrise gekommen sind als viele, viele andere Staaten. (Abg. Zarits: Ihr habt ja überall mitgestimmt!) Wenn wir nur die Nachbarstaaten Schweiz, Deutschland, Österreich vergleichen und uns die zentralen Zahlen anschauen: Österreich hatte – im Vergleich zu der Schweiz und Deutschland – einen deutlich stärkeren Rückgang beim Bruttoinlandsprodukt, bei den Einschränkungen des öffentlichen Lebens lag Österreich deutlich schlechter als die Schweiz und Deutschland, die Übersterblichkeit war in Öster­reich deutlich höher als in der Schweiz und in Deutschland. Das Einzige, bei dem wir in Österreich deutlich stärker waren, waren die Milliardenausgaben, die Krisenkosten, wo es ein paar im Umfeld der ÖVP gegeben hat – da verstehe ich jetzt die Aufregung. Der einzige Punkt, bei dem wir geführt haben, sind die Ausgaben in der Krise gewesen. Jetzt hören wir von der ÖVP, für die Pensio­nisten haben wir nichts übrig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Du hast ja immer mehr gefordert!)

Dann aber, Herr Kollege, heute kurz vor Mitternacht bitte aufpassen: Rech­nungshofbericht. Da werden wir noch intensiv diskutieren. (Abg. Michael Hammer: Da sind wir schon daheim! Zah an!) Es ist ganz wichtig, dass wir darüber reden. Was waren denn die zentralen Fehler im Krisenmanagement in Öster­reich? Warum sind wir so viel schlechter durch die Krise gekommen? Das war kein Naturgesetz. Der Rechnungshof hat einerseits dargestellt, es waren die FPÖ und eure Lieblingsgesundheitsministerin Hartinger-Klein, denn auf die Idee muss man erst einmal kommen, dass eine Gesundheitsministerin die zentrale Institu­tion im Gesundheitsministerium abmontiert. Die zentrale Institution zur Seuchenbekämpfung, die Generaldirektion für die öffentliche Gesundheit, ist unter der FPÖ-Gesundheitsministerin zerschlagen worden.

Das ist ungefähr so, als würde man alle Feuerlöscher abmontieren – das war das, was die FPÖ gemacht hat, und danach seid ihr dort gestanden und habt gesagt: Da brennt es jetzt aber! Wo sind die Feuerlöscher? (Beifall bei der SPÖ.)

Das war die Rolle der FPÖ. Ihr habt die Strukturen im Gesundheitsministerium zerschlagen. Kollege Hauser, bitte aufpassen: Heute kurz vor Mitternacht kommt der Rechnungshofbericht. Ich werde ihn dir ausdrucken, 100 Seiten. Das liest sich wie ein Krimi. Fakten helfen ja oft weiter. (Zwischenruf des Abg. Hauser.)

So, das war die Rolle der FPÖ. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hauser.) Ich möchte nicht zu sehr auf die Rolle der ÖVP und von Sebastian Kurz eingehen, aber wenn sich Frau Präsidentin Kraker schon die Mühe gemacht hat – man muss ja auch die Lehren aus der Krise ziehen –:

Was hat nicht funktioniert? – Die zentrale Koordination des Gesundheits­minis­teriums. Ein Desaster! Es war in Wahrheit so: Solange es für die Politik eine Gaudi war, war Sebastian Kurz in der ersten Reihe. Anschober, Nehammer und wie sie alle geheißen haben, dieses virologische Quartett: alle in der ersten Reihe im Fernsehen. Sobald es dann brenzlig geworden ist, hat es keine Koordination gegeben. Da hat man sich abgeputzt. Kollege Schallmeiner weiß ganz genau, wovon ich rede. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt war das Datenchaos. Ihr erinnert euch alle noch: Am Beginn der Herbstwelle im ersten Jahr, am Beginn der Herbstwelle, kurz vor dem Lockdown (Abg. Belakowitsch: Welcher? Es hat ja mehrere gegeben!), hat man angefangen, Betten zu zählen – man hat nicht einmal gewusst, wie viele Intensivbetten es gibt! –, und da gab es eine Doppelstruktur zwischen Innenministerium und Gesundheitsministerium. Danke an den Rechnungshof, dass man das auch aufgedeckt hat.

Was man in Österreich auch immer wieder gemerkt hat, war, dass Entscheidun­gen viel zu spät getroffen worden sind und dass man deswegen danach viel härtere Maßnahmen gebraucht hat. Ich darf nur an den letzten Herbst erinnern, an die Landtagswahl in Oberösterreich, vor der die ÖVP die Panik gehabt hat, dass die Wahl dahin ist, weil man versprochen hat, dass die Pandemie für alle geimpften Menschen vorbei ist – und dann, Frau Kollegin Diesner-Wais, ist natürlich das Drama losgegangen. Dann hat man eine Ausrede gebraucht. Dann wolltet ihr zur Ablenkung die Impfpflicht einführen. Das war alles schon auch der Grund: dass ihr politisch agiert habt.

Ihr habt ja in Wahrheit die Experten und die Ärztinnen und Ärzte aus den Gremien hinausgeschmissen und habt geschaut, dass möglichst viel Platz für die Pressesprecher der ÖVP ist, und das war schon auch ein bissel mit ein Grund – Sie wissen es ganz genau, wenn Sie in sich hineinhören –, das war schon ein Punkt, durch den die ÖVP viel, viel Schaden angerichtet hat. Aber – wir haben es heute leider auch ansprechen müssen – ein Grund war auch die Rolle der FPÖ: das Zerschlagen der Strukturen im Gesundheitsministerium, das Abmontieren der Feuerlöscher. Kollege Hauser, vielleicht hättest du heute ein paar Worte dazu. Du könntest ja im Nachhinein auch sagen, dass das nicht in Ordnung war, was deine Ministerin Hartinger-Klein, die du immer sehr gelobt hast, für einen Schaden für Österreich angerichtet hat. (Beifall bei der SPÖ.)

13.42

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Belakowitsch: Sag was zur Impfpflicht!)