16.47

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister für Finanzen! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Ich möchte mich einleitend sehr herzlich für die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2021 bedanken. Dieser Bundesrechnungsabschluss steht Ihnen nun als umfassendes Zahlenwerk über die finanzielle Lage des Bundes zur Verfügung, und zwar zeitgerecht vor Beschlussfassung des neuen Budgets. Wir haben den Bundesrechnungsabschluss gestern im Budgetausschuss gemeinsam mit dem Herrn Finanzminister besprochen und schon heute steht er auf der Tagesordnung des Nationalrates.

Erlauben Sie mir, noch einmal ganz kurz, obwohl das schon angesprochen wurde, die dargestellten Ergebnisse zu wiederholen!

Das Jahr 2021 stand im Zeichen der Covid-Pandemie, und die Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Pandemie, die gesetzt wurden, führten eben zu dem Ergebnis, das der Bundeshaushalt 2021 nunmehr zeigt.

Das Nettoergebnis wies mit minus 19,6 Milliarden Euro einen weiterhin sehr hohen negativen Betrag aus. Der Nettofinanzierungssaldo lag bei minus 17,9 Milliarden Euro. Das Nettovermögen hat sich um 18 Milliarden Euro verschlechtert, und der Stand der bereinigten Finanzschulden des Bundes belief sich auf 253,567 Milliarden Euro. Er war um 15,595 Milliarden Euro höher als im Jahr 2020.

Gesamtstaatlich haben wir ein öffentliches Defizit von minus 5,9 Prozent des BIP erzielt. Der gesamtstaatliche Schuldenstand, bei dem auch die Länder dabei sind, machte insgesamt 334 Milliarden Euro aus und blieb, insbesondere durch weitere Schuldenaufnahmen zur Finanzierung der Maßnahmen zur Krisen­bewältigung, hoch. Er belief sich auf 82,8 Prozent.

Erwähnenswert in Bezug auf das Finanzergebnis für 2021 ist, dass konjunktur­bedingt zwar die Erträge gegenüber dem Vorjahr um plus 9,3 Milliarden Euro deutlich stiegen, aber pandemiebedingt eben auch die Aufwendungen um plus 5,3 Milliarden Euro stark zunahmen.

Die hohen Aufwendungen resultierten insbesondere aus den fortdauernden Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie, etwa aus den Hilfsmaßnahmen der Cofag-Kurzarbeit et cetera, und aus Maßnahmen im Gesundheitsbereich. Das waren Testungen, das waren Ersätze nach dem Epidemiegesetz und nach dem Covid-19-Zweckzuschussgesetz. Und naturgemäß sind auch der Bundesbeitrag zu den Pensionen und die Zuschüsse an die ÖBB-Infrastruktur zu erwähnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit geraumer Zeit hören wir von Wirtschafts­forscherinnen und Wirtschaftsforschern, dass die zukünftige konjunkturelle Entwicklung von großen Unsicherheiten geprägt ist, insbesondere aufgrund der Inflationsentwicklung, der globalen Energiekrise und der Lage auf dem Arbeits­markt, der aktuell von einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage geprägt ist. Daraus folgt, dass wir uns, anders als in der Vergangenheit, nicht ausschließlich auf die Konjunktur zur Lösung der budgetpolitischen Herausfor­derungen für die nächsten Jahre verlassen können.

Wir haben zur Bewältigung der Pandemie eine hohe Verschuldung in Kauf genommen. Das ist auch deshalb möglich gewesen, weil der Zinsaufwand kontinuierlich gesunken ist. In absoluten Zahlen betragen die Vorbelastungen für Zinsen aber dennoch bereits 51,6 Milliarden Euro. Das sind Verpflichtungen zulasten künftiger Finanzjahre, die sich natürlich im Falle anderer Finanzkondi­tionen auch schlecht auf das Ergebnis auswirken können.

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Der Rechnungshof hat sich auch aus­drücklich für Hilfsmaßnahmen zur Pandemiebewältigung ausgesprochen, weil eben der Staat in der Krise unterstützen muss. Das gilt auch für die Versorgungs­sicherheit in Zeiten von Teuerung und Energiekrise. Der Rechnungshof mahnt aber an dieser Stelle auch ein, dass Unterstützungen stets zielgerichtet, treff­sicher und temporär sein müssen, sonst belasten wir die öffentlichen Finanzen über Gebühr. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

Wir erinnern auch daran, dass wir auf den strukturellen Reformbedarf nicht vergessen dürfen. Viele Bereiche, in denen strukturelle Reformen erforderlich sind, sind uns seit langem bekannt: Pflege, Bildung, Pensionen, Gesundheit et cetera. Neue Bereiche kommen dazu, wie etwa Energie, Infrastruktur, Digi­talisierung, Wohnen und Sicherheit. Sie erfordern das Aufzeigen neuer Lösungs­wege und dabei ist die öffentliche Hand gefordert.

In der mittelfristigen Budgetplanung geht es darum, sowohl bestehende Risken infolge der globalen Unsicherheit als auch Strukturreformen einzupreisen, damit wir für die nächsten Jahre wieder einen Budgetpfad anstreben, der Manövrier­möglichkeiten für die Zukunft nicht ausschließt.

Ich betone nochmals: Es ist unbestritten, dass es in der Krise einen akuten Handlungsbedarf gibt, um in besonders betroffenen Bereichen Unterstützung zu gewähren und besonders betroffene Bevölkerungsgruppen zu unterstützen. Öffentliche Haushalte sind aber auf der anderen Seite auch belastet und sie müssen immer planbar und berechenbar bleiben. Dementsprechend haben wir einen Prüfschwerpunkt. Unser Prüfschwerpunkt heißt „Next Generation Austria – Überlassen wir der nächsten Generation mehr als Schulden? Zur zukünftigen Rolle des Staates für die nächste Generation“.

Aus Sicht des Rechnungshofes ist es seine Aufgabe, die Transparenz, die Zweck­mäßigkeit und die Nachvollziehbarkeit des Einsatzes öffentlicher Mittel zu kontrollieren. Wenn sich der Staat ausweitet, dann braucht man auch eine starke Kontrolle. Bei der Förderabwicklung im Covid-Bereich gibt es schon viele Lessons learned im Hinblick darauf, wie diese Unterstützungsmaßnahmen abge­wickelt werden sollten.

Im Zuge der Prüfung des Rechnungsabschlusses haben wir auch einige Empfeh­lungen ausgesprochen, etwa im Zusammenhang mit dem Liquiditäts­manage­ment, mit dem Treuhandvermögen, mit der Transparenz bei der Verrechnung von Werkleistungen und Beratungsleistungen. Wie gesagt, es geht uns um Transparenz und Vollständigkeit. Unser Bundesrechnungsabschluss soll eine Grundlage für Ihre weitere Arbeit sein. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

16.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.