18.35

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Als am 24. Februar dieses Jahres Russland die Ukraine völkerrechtswidrig überfallen hat, löste das eine Massenfluchtbewegung aus, die unglaubliche Ausmaße hatte. Millionen waren und sind auf der Flucht.

Die EU aktivierte die sogenannte Massenzustromrichtlinie, die im Jahr 2001 als Antwort auf den Zustrom von Bürgerkriegsflüchtlingen während des Jugo­slawienkrieges geschaffen wurde. Diese Richtlinie, von der wir alle gehofft hatten, ja überzeugt waren, dass wir sie niemals brauchen werden, weil es für uns unvorstellbar war, dass auf europäischem Boden wieder ein Angriffskrieg stattfindet, gibt Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle einer Massenflucht vor.

Sie soll aber auch Maßnahmen für eine ausgewogene Verteilung der Belastung durch die Aufnahme von Personen mit sich bringen. Meine Damen und Herren, diesen Punkt wird man sich zu gegebener Zeit sicher ansehen müssen, denn gerade die Leistung von Ländern wie zum Beispiel Polen als unmittelbarem Nachbarland, das Hunderttausende, ja Millionen an Flüchtlingen aufgenommen hat, ist wohl nur ansatzweise ausgeglichen worden.

Auch Österreich zeigte und zeigt sich aber solidarisch und hat beinahe 80 000 vertriebene Ukrainerinnen und Ukrainer aufgenommen. Überwiegend Frauen, Mütter und ihre Kinder, finden Schutz in Österreich. Der Bezug von Famil­ienleistungen ist dabei gerade für diese Personen ein extrem wichtiger Schritt. Da aber Vertriebene aus der Ukraine einem eigenen EU-Rechtssystem unterliegen, konnten diese Personen in Österreich keine Familienleistungen beziehen. Nachdem wir bereits vor dem Sommer rückwirkend per Mitte März den Bezug von Familienbeihilfe geregelt haben, wird dies nun auch für das Kinderbetreuungsgeld rechtlich nachvollzogen. Diese Beschlüsse sind auch die Voraussetzung dafür, dass andere Familienleistungen wie zum Beispiel die Schülerfreifahrt und auch verschiedene Leistungen der Länder bezogen werden können.

Das alles, Kollege Bernhard, haben wir auch – deswegen auch die lange Diskussion – verfassungskonform gemacht. Das war wirklich eine große Herausforderung, und deswegen hat es sich auch gezogen.

Meine Damen und Herren, jede und jeder von uns kennt wahrscheinlich jemanden, der aus der Ukraine flüchten musste. Wir wissen oder wir können uns vorstellen, dass diese Menschen mit ihren Gedanken in der Heimat und mit ihren Herzen bei ihren Lieben und Verwandten in der Ukraine sind. Mit diesen Beschlüssen nehmen wir diesen Menschen wenigstens die materielle Sorge in unserem Land. Ich möchte Ihnen allen ausdrücklich für Ihre Zustimmung Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.39

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte.