12.20

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, die hohe Inflation wurde angesprochen, und es ist natürlich unsere Aufgabe als Politiker, die negativen Auswirkungen dieser hohen Inflation auf die Menschen und auf den Wirtschaftsstandort Österreich insgesamt bestmöglich abzufedern.

In einem gebe ich Ihnen (in Richtung Abg. Meinl-Reisinger) vollkommen recht: Ja, es ist ein Verzicht auf eine Belastung. Worin ich Ihnen aber nicht recht gebe, das sind die 100 Prozent. (Abg. Meinl-Reisinger: Aus Sicht des Steuerzahlers nicht!) Es wird natürlich zu 100 Prozent abgeschafft (Abg. Meinl-Reisinger: Die kriegen ...!), zu zwei Dritteln automatisch, ja, und ein Drittel kriegen auch die Steuerzah­lerinnen und Steuerzahler zurück. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber nicht der Einzelne!) Also es wird selbstverständlich zu 100 Prozent abgeschafft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Vielleicht auch noch ein paar Sätze zu den Unterstützungsmaßnahmen ins­gesamt: Wir waren im Jänner und im März, Herr Kollege Krainer, die Ersten in Europa, die solche Unterstützungsmaßnahmen auf den Weg gebracht haben – im Jänner und im März –, und zwar waren wir sowohl, was das Volumen, als auch, was die Geschwindigkeit und die Umsetzung, auch die parlamentarische Umsetzung, also die Beschlussfassungen betrifft, in Europa ganz vorne dabei; das ist auch nachlesbar, selbstverständlich. Also: Volumen, Geschwindigkeit, Jänner, März, das kann man nachlesen, und da waren wir in Europa ganz vorne mit dabei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.  Abg. Krainer: Leider falsch!)

Das waren die ersten zwei Entlastungspakete, 4,4 Milliarden Euro, im Jänner und im März, und jetzt kommt ein weiteres, ein drittes, ein großes dazu, mit 28 Mil­liarden Euro Entlastung, in dem es kurzfristige Maßnahmen gibt, ja, die über den Sommer schon spürbar geworden sind, dann in die Breite gehend im Herbst und eben vor allem auch – und darüber reden wir jetzt bei diesem Tagesordnungs­punkt – die langfristigen, die strukturellen Entlastungsmaßnahmen, die wir hier auf den Weg bringen.

Ja, heute ist es so weit: Wir haben es endlich geschafft. Es wurde von vielen angekündigt – nicht so oft versucht –, wir schaffen es jetzt. Wir setzen das um: Die kalte Progression wird heute zu 100 Prozent abgeschafft! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das ist wichtig und gut so. Ich weiß, Sie haben das ja auch lange gefordert, und es ist schade, dass Sie heute nicht mitstimmen (Abg. Meinl-Reisinger: Wir stimmen eh in dritter Lesung zu, aber es ist halt nicht gut gemacht!) – umso besser, wun­derbar –, weil wir mit der Abschaffung der kalten Progression einen nachhaltigen Systemwechsel zugunsten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vollziehen, denn, wie Sie gesagt haben, genau diese schleichende Steuererhöhung, diese schleichende Belastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wird abge­schafft.

Wir geben also den Menschen das Geld zurück, das ihnen die Inflation genom­men hat (Zwischenruf der Abg. Seidl – Abg. Meinl-Reisinger: Aber ein bisschen umverteilen noch!), und sind froh, dass wir diesen Schritt setzen können. Also nicht nur ein Teil, nein, 100 Prozent – alles! – gehen an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zurück (Abg. Meinl-Reisinger: Aber nicht an jeden!) – ja, doch, an alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler –, zwei Drittel automatisch, ein Drittel (Abg. Meinl-Reisinger: Umverteilt! Hauptsache, der Staat tut wieder ein bisschen mit!), ja, im nächsten Jahr, aber auch an die Steuerzahler, an die ersten zwei Tarif­stufen, die jetzt überproportional auch davon profitieren. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ein Blödsinn!) Das ist, glaube ich, fair.

Herr ehemaliger Staatssekretär Fuchs, Sie haben gesagt, die Höhe der kalten Progression beziehungsweise die Höhe der Inflation: Wir haben da ganz bewusst einen Weg gewählt, der ein unabhängiger Weg ist. Wir haben Wifo und IHS beauftragt, einen Progressionsbericht abzugeben, damit da eben keine poli­ti­schen Ideen einfließen, sondern unabhängig vorgeschlagen wird, wie hoch die Inflation und dadurch die kalte Progression in dem Jahr ist, und daran halten wir uns. An diesen Wert, der von Wifo und IHS vorgeschlagen wird, halten wir uns auch, was das letzte Drittel – in diesem Fall 600 Millionen Euro – betrifft.

Was heißt das konkret? – Das heißt konkret, wenn die Tarifstufen an die Infla­tion angepasst werden – bisher ist es ab einem Einkommen von 11 000 Euro jährlich zu einer Besteuerung gekommen –, liegt diese Grenze dann bei 11 693 Euro; daran sieht man, wie der Einstiegsbetrag angehoben wird.

Aber nicht nur die Tarifstufen, auch die Absetzbeträge, wie etwa Alleinver­dienerabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag, werden im nächsten Jahr um die volle Inflationshöhe angehoben. Dadurch werden insbesondere jene entlastet, die das Geld besonders notwendig brauchen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Allein im kommenden Jahr entlasten wir mit dieser Maßnahme alle Österreiche­rinnen und Österreicher um 1,85 Milliarden Euro, und bis 2026 sind es rund 20 Milliarden Euro.

Ganz wichtig ist, glaube ich, auch der volkswirtschaftliche Effekt. Natürlich zählt auch der positive Effekt für jeden Einzelnen, aber auch volkswirtschaftlich gesehen bedeutet natürlich jeder ersparte Euro ein Mehr an Kaufkraft. Die Wirt­schaftsforscher von Eco Austria gehen davon aus, dass durch die Abschaffung der kalten Progression die Wirtschaft zusätzlich um 1 Prozent wachsen wird, und es werden – in Arbeitsplätzen gerechnet – allein durch diese Maßnahme 36 000 neue Arbeitsplätze entstehen.

Insgesamt ist das, glaube ich, schon auch ein Akt der Fairness, so ehrlich muss man sein, gerade in Zeiten einer hohen Inflation. Es bleibt dadurch den Men­schen, die arbeiten, mehr Netto vom Brutto, und somit ist nicht mehr der Staat der große Profiteur der Inflation, sondern die Menschen sind die Profiteure der Inflation. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Was man dabei auch nicht vergessen darf, ist das Zusammenwirken der Abschaf­fung der kalten Progression mit den jüngsten Steuerreformen, also zuletzt mit der ökosozialen Steuerreform. Während auf der einen Seite künftig die Tarifstufen mit der Inflation steigen, sinken auf der anderen Seite die Steuer­sätze. Im heurigen Jahr wurde ja die zweite Tarifstufe von 35 auf 30 Prozent gesenkt, und im kommenden Jahr wird die dritte Tarifstufe von 42 auf 40 Pro­zent gesenkt.

Ich bin auch dem Budgetdienst sehr dankbar – ich sehe Herrn Dr. Berger hier im Saal; danke, Herr Dr. Berger –, dass er in seiner Analyse zur Verteilungswirkung die Abschaffung der kalten Progression und die Valorisierung der Sozialleistun­gen als Einheit betrachtet.

Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger und intelligenter Zugang, und da zeigt sich, dass Haushalte mit weniger Einkommen relativ am stärksten entlastet werden. In dieser Phase mit extrem hohen Teuerungen entlasten wir eben alle Menschen, ja, aber wir entlasten insbesondere jene, die es in dieser schwierigen Zeit am meisten brauchen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.28

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.