15.30

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Kollege Wurm, sich hier als FPÖler herauszustellen und der Bundesregierung vorzuwerfen, sie habe den Bezug zur Realität verloren, ist so, als würde sich der Papst von der katholischen Kirche distanzieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich darf dich daran erinnern, dass die FPÖ-„Sozialministerin“ – unter Anführungszeichen – Hartinger-Klein einst der Meinung war (Ruf bei der FPÖ in Richtung der in Blau gekleideten Rednerin –: Ich finde es schön, dass Sie heute blau sind! Ein schönes Blau haben Sie heute!), man könne von 150 Euro monatlich leben – so viel zum Realitätsbezug der FPÖ. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Das war halt vor der Teuerung!) – Da sind wir eh schon beim Thema.

Ich möchte Sie auf eine Zeitreise ins Jahr 2016 mitnehmen. Die schwarz-blaue Bundesregierung unter Wolfgang Schüssel ist zu diesem Zeitpunkt seit zehn Jahren (Abg. Belakowitsch: Was, 2016?) glücklicherweise nicht mehr im Amt, sondern Geschichte. Ebenso lange bilden SPÖ und ÖVP bereits in gewohnter großkoalitionärer Stillstandsmanier eine Koalition. In diesem Jahr verhandeln sie beispielsweise über einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, sie verhandeln über eine Abschaffung der kalten Progression. Nichts davon gelingt, nichts davon bringt diese SPÖ-ÖVP-Regierung zustande. Statt dringend notwendiger Reformen für die österreichische Bevölkerung gibt es vor allem eines: groß­koalitionären Stillstand.

Im Jahr 2016 passiert noch etwas anderes, nämlich etwas Erfreuliches, und das Ganze 87 675 Mal: So viele Kinder erblicken nämlich im Jahr 2016 das Licht der Welt, und eines dieser Kinder ist Lara. Ihre Mutter Anna ist Alleinerziehende und verdient in ihrer Teilzeitanstellung 1 300 Euro brutto. Eine automatische jähr­liche Anpassung der Familien- und Sozialleistungen hätte sie seit der Geburt ihrer Tochter dringend gebraucht, aber die großkoalitionäre Stillstandsregierung konnte sich darauf leider nicht einigen. Für Anna und ihre Tochter hieß das: keine Anpassungen beim Kinderbetreuungsgeld, keine Anpassungen bei der Familienbeihilfe und auch nicht bei den Absetzbeträgen wie dem Alleinerziehen­denabsetzbetrag, den Kollege Loacker vorhin zu erwähnen vergessen hat.

Da sich diese großkoalitionäre Stillstandsregierung nicht einigen konnte, ist also nichts passiert, und die Leidtragenden dieser Stillstandspolitik waren Familien, Eltern und ihre Kinder, insbesondere Alleinerziehende – wir wissen, dass ein Großteil davon Frauen sind. Sie alle hätten eine jährliche Anpassung der Familien- und Sozialleistungen dringend gebraucht – dringend! Dieses Brauchen ist bislang politisch ignoriert worden, da ist nichts passiert.

Diese Bundesregierung schaut dorthin, wo vorhergehende Regierungen weg­geschaut haben, sich weggeduckt haben. Dort, wo andere jahrelang herumlaviert haben, setzen wir konkrete Maßnahmen für die Menschen in unserem Land um. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Um die Auswirkungen der fossilbetriebenen Inflation abzufedern, hat diese Bundesregierung besonders jenen Familien, die das am dringendsten brauchen, wiederholt mit Direktzahlungen schnell unter die Arme gegriffen. Wir Grüne haben immer gesagt: Das geht uns nicht weit genug, wir wollen strukturelle Änderungen. Deshalb setzen wir jetzt als Bundesregierung das um, was viele andere zuvor vollmundig versprochen, aber nie eingelöst haben. Wir schaffen die kalte Progression ab (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) und – und dieses Und ist wichtig – wir führen eine jährliche Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen ein. Das ist keine Einmalzahlung, das ist kein kurzfristiges Finanzierungsprogramm. Diese jährliche Anpassung ist eine strukturelle Veränderung, und sie ist gekommen, um zu bleiben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was bedeutet diese automatische Anpassung der Sozial- und Familienleistungen jetzt konkret für die alleinerziehende Mutter Anna und ihre Tochter Lara? – Sie bedeutet, in Zahlen gegossen, dass ihnen ab 1. Jänner 2023 308 Euro mehr im Börsel bleiben, und wenn man die bisherigen Entlastungspakete – die ökosoziale Steuerreform, die Negativsteuer – auch dazuzählt, dann sind das um 1 186 Euro mehr. Wenn sich Sozialdemokraten heute hierherstellen und das als Tropfen auf den heißen Stein bezeichnen, dann kann ich wirklich nur meinen Kopf schütteln und Sie fragen: Wie abgehoben sind Sie bitte? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Das bleibt im Börsel? Das glauben Sie wirklich?)

Für die alleinerziehende Mutter Anna heißt diese automatische Anpassung der Sozial- und Familienleistungen, dass endlich das umgesetzt wird, was seit der Geburt ihrer Tochter von verschiedenen Bundesregierungen vollmundig versprochen, aber nie umgesetzt worden ist. (Abg. Heinisch-Hosek: War das Schwarz-Blau ...?) Das wird ihr Leben und das Leben ihrer Tochter finanziell nachhaltig unterstützen, so wie es das Leben vieler Frauen, vieler Familien mit kleinen und mittleren Einkommen in unserem Land verbessern wird. Wo Versprechen von vorhergehenden Regierungen leer geblieben sind, machen wir Nägel mit Köpfen und setzen diese dringend notwendigen strukturellen Ände­rungen um.

Ich komme zum Schluss: Mit der Abschaffung der kalten Progression und mit der Valorisierung der Sozial- und der Familienleistungen setzen wir einen echten Meilenstein in der österreichischen Sozialpolitik. Wir unterstützen damit vor allem jene Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen, die bekanntlich mehr­heitlich Frauen sind. Wir beschließen da einen sozialpolitischen Meilenstein, der nachhaltig wirken wird. Er ist gekommen, um zu bleiben. Das ist gut und sehr wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.35

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bundes­ministerin Dr.in Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte schön.