16.39

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Vielleicht zur Einordnung ein paar Zahlen, Daten und Fakten zur Coronasituation: Wir befinden uns mittlerweile in einer Phase, über die auch die WHO – und die ist schon auch maßgeblich, wenn es darum geht, die Situation zu bewerten – sagt, dass wir in ein Leben mit Covid eintreten. Das ist eine These, die ich schon lange vertreten habe. Wir müssen im dritten Jahr der Pandemie lernen, damit umzugehen.

Das tun wir. Das bedeutet, auch ein Stück weit Normalität zuzulassen und uns nicht im Dauerkrisenmodus zu befinden.

Dazu gehört, dass wir zwei Dinge tun, nämlich den Variantenmanagementplan umsetzen – ja, da sind wir dabei, wir befinden uns im Szenario 2. Wir haben mittlerweile ein deutlich anderes, besseres Instrumentarium zur Verfügung, was den Umgang mit der Pandemie betrifft. Wir haben besseres Zahlen- und Datenmaterial, wir wissen Bescheid, wer mit welchen Vorerkrankungen, mit welchen Haupterkrankungen im Spital liegt – Stichwort Covid-19-Datenregister. Das heißt im Klartext – es ist, glaube ich, von Kollegen Kaniak erwähnt worden –: Bei 50 Prozent der Menschen, die im Spital liegen und eine Diagnose Covid haben, ist die Nebendiagnose Covid und die Hauptdiagnose ein völlig anderer Grund der Einlieferung. Diese Zahl ist wesentlich. Warum? – Weil wir damit beurteilen können, wie es mit der Auslastung der Spitäler wirklich aussieht.

Der wahre Mangel – dieser ist auch angesprochen worden – ist das Personal. Da stimme ich Ihnen vollkommen zu. Das hat zum Teil mit Covid zu tun, aber nicht nur, weil im gesamten Pflege- und Sozialbereich sowie überhaupt am Arbeits­markt mittlerweile ein Arbeitskräftemangel herrscht, der einigermaßen dra­ma­tisch ist.

Das war mit ein Grund, warum wir mit der Pflegereform zwei Dinge versuchen: erstens, die Menschen, die im Pflegebereich tätig sind, dort zu halten – die erste Auszahlung der erhöhten Gehaltszahlung wird heuer im Dezember erfolgen, österreichweit einheitlich, für alle Berufsgruppen, die da tätig sind, und auch in derselben Höhe; sie wird dann in den Kollektivvertrag übergeführt –, und zweitens, in die Ausbildung zu investieren, das heißt, mit dem Pflegestipendium für die berufsbegleitende Ausbildung eine Finanzierung sicherzustellen, dass man diese Berufsausbildung eben auch berufsbegleitend machen kann, um Pflegekräfte zu bekommen.

Eine Klarstellung, was die jetzt zu beschließende Situation in Arztpraxen und die Testung von Risikopatient:innen angeht: Da geht es ausschließlich darum, Patientinnen und Patienten mit einer Risikodiagnose asymptomatisch testen zu können: zu können und nicht zum Testen zu verpflichten, sage ich, weil der Eindruck erweckt worden ist, man gehe zum Arzt und bekomme – so war die Ausdrucksweise – einen Test „verpasst“. Das passiert natürlich nicht gegen das Einverständnis der Patientin oder des Patienten, das ist eine freiwillige Angelegenheit.

Dann war die Rede davon, dass mit der Verlängerung des COVID-19-Maßnah­mengesetzes und der Möglichkeiten, die damit verbunden sind, eine Art, wie soll ich sagen, Zwangsregime weiter aufrechterhalten wird und die Regierung per­manent ihre Befugnisse missbraucht. – Das ist schon allein deshalb nicht der Fall, weil jede einzelne Verordnung, die erlassen worden ist – fast jede einzelne –, einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof unterzogen wurde und die Maßnahmen, wie Sie alle wissen – die Erkenntnisse kennen Sie –, in den weitesten Bereichen, bis hinein in die damaligen Lockdownmaßnahmen, vom Verfassungsgerichtshof bestätigt worden sind.

Zum Thema Zwangsbefugnisse würde ich eines gerne festhalten, mich betref­fend: Seit ich dieses Amt angetreten habe, sind die Impfpflicht und die Qua­rantä­neregelung abgeschafft worden. Das ist meines Wissens eine deutliche Locke­rung sogenannter Zwangsmaßnahmen und keine Verschärfung. Für die Abschaf­fung der Quarantänemaßnahmen bin ich von bestimmten Seiten massiv geprü­gelt worden, auch mit dem Hinweis darauf, dass das zur Folge haben wird, dass wir im Sommer 100 000 Neuinfektionen haben werden.

Davon war nichts zu sehen. Wir haben uns damit – und das war der Grund für meine Entscheidung – im europäischen Schnitt bewegt. Wir haben uns nämlich sehr genau angeschaut: Was wird in europäischen Staaten aktuell noch gemacht? Wer hat welche Maßnahmen mit welchen Auswirkungen? Wir befin­den uns da im Gleichklang mit den anderen europäischen Staaten.

Wir testen – das stimmt – im Vergleich zu anderen europäischen Staaten immer noch viel, auch gratis. Fünf Antigen-, fünf PCR-Tests gibt es gratis – das in die Richtung jener Fraktionen, die glauben, wir seien im Blindflug unterwegs. – Das sind wir nicht! Wir haben ein im Europavergleich sehr gut ausgebautes Beobachtungssystem, angefangen vom Abwassermonitoring bis hin zu den anderen Surveillancemaßnahmen.

Wir haben auch – und das ist angesprochen worden – die Abgabe von Medika­menten deutlich in die Höhe geschraubt. Diese Zustandsbeschreibung betreffend Abgabe von Paxlovid und anderen Medikamenten war für Juni und Juli noch richtig, ab Juli nicht mehr, da hatte sie sich mehr als verzehnfacht. Das funktioniert jedenfalls weit und deutlich besser.

Wir haben jetzt auch wieder deutlich steigende Zahlen von Menschen, die sich impfen lassen. Das ist deshalb eine gute Nachricht, weil es etwas mit dem Immunitätsstatus zu tun hat. Wir sind mittlerweile wieder bei 20 000 pro Woche oder ungefähr 100 000 pro Monat.

Was die Maßnahmenregelungen insgesamt angeht – das war ja unsere Aus­sage –: Wir schauen uns die weitere Entwicklung an, auch die Dynamik, und treffen dann die Entscheidung, ob wir eine Maskenpflicht einführen und wo über­haupt – ja oder nein. Diese Prüfung läuft. Wir schauen uns die Entwicklung der Dynamik der Zahlen insgesamt genau an und werden dann entscheiden.

Letzter Punkt noch – weil das auch angesprochen worden ist –, die notwendigen Reformen der Gesundheitspolitik insgesamt: Ja, es stimmt selbstverständlich, es gibt eine ganze Reihe von Druckpunkten im Gesundheitssystem, die auch von Rechnungshofberichten aufgezeigt worden sind, die angegangen werden müssen. Sie wissen so gut wie ich, dass es dazu das vielgelobte Dreigestirn braucht, um Veränderungen herbeizuführen: Bund, Länder, Sozialversicherung in ihrer jeweiligen Zuständigkeit. Einer der Knackpunkte wird sein, bei den Finanz­ausgleichsverhandlungen darauf zu schauen, dass wir in diesem Bereich zu Reformen kommen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.45

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da dazu keine Wortmeldung mehr vorliegt, ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen ans Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Gesundheitsausschusses.