19.24

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nun geht es um die Russlandsanktionen, die unseres Erachtens auch ein wesentlicher Grund dafür sind, dass wir wirtschaftlich – wie wir es heute schon mehrmals gehört haben – in einer ganz, ganz schwierigen Situation sind. Wir haben eine hohe Inflation mit einer ganz erheblichen Gefahr, in eine Phase der sogenannten Stagflation – kein Wirtschaftswachstum mehr bei gleichzeitiger Inflation – zu kommen.

Dafür gibt es natürlich mehrere Gründe: die Zinspolitik beziehungsweise die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die Coronapolitik mit den Lockdowns, die zu massiven Missverhältnissen zwischen Angebot und Nachfrage geführt hat, die Klimapolitik der Europäischen Union, die ein Kostenmissverhältnis im glo­ba­len Wettbewerb hergestellt hat, und natürlich auch die Explosion der Ener­gie­preise, die aber im Übrigen bereits seit 2021, also vor Beginn des militäri­schen Krieges zwischen Russland und der Ukraine, drastisch steigen.

Ob eine hundertprozentige Korrelation zwischen dem Krieg und der Erhöhung der Energiepreise besteht, wage ich zu bezweifeln. Aber Faktum ist zum einen, dass die Energiepreise hoch bleiben und vermutlich noch höher werden, und zum anderen, dass mit drastischen Versorgungsengpässen zu rechnen ist. Das ist aus dem Gesichtspunkt einer grundsätzlich neutralen Außenpolitik, die die Aufgabe hat, die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher, der Unter­nehmen und der Menschen hier zu vertreten, eine ganz bedrohliche Situation, denn neben den Preissteigerungen drohen Versorgungsengpässe.

Wir wissen auch, dass die Gefahr eines Blackouts gegeben ist. Ich will jetzt nicht die Kassandra sein, aber man muss das Ganze im Strombereich realistisch sehen. Möge mir dann irgendjemand sagen, wie wir die 25 Terawattstunden Strom, die wir im Winter brauchen, bekommen, wenn die Franzosen jetzt schon andeuten, dass sie den Atomstrom nicht liefern, und die Deutschen auch nicht in der Lage sein werden, den Strom, der aus Kohle gewonnen wird, zu liefern.

Kommen wir zur Entwicklung der Russlandsanktionen, die ja nicht neu sind. Die gibt es ja schon seit 2014, das ist eine Entwicklung, eine permanente Eskala­tionsspirale. Wir sind der Meinung, dass es im Rahmen dieser Eskalation viele, viele Verlierer und vielleicht ein paar Gewinner gibt. Die Europäer, die Euro­päische Union und die Republik Österreich, die Menschen hier zählen definitiv nicht zu den Gewinnern, sondern zu den Verlierern. Das geht ja schon seit 2014. Ich erinnere nur, dass die Amerikaner bereits 2017 einen Kongressbeschluss gefasst haben, in dem sie gesagt haben: Wir wollen die Russen als Lieferant von Gas und Öl verdrängen, insbesondere als Lieferant Deutschlands, das ja die größte und wesentlichste Volkswirtschaft in Europa ist!

Das scheint offensichtlich zu gelingen. Da frage ich mich aber: Was ist das? – Das kann doch nicht im Interesse der Deutschen und der Österreicher sein. Darauf mit Sanktionen zu antworten und zu sagen, Putin beginnt jetzt einen Wirtschaftskrieg, halte ich auch nicht für zutreffend. Der Punkt ist: Der Wettbewerb, wer schneller in die Knie geht – die russische Wirtschaft oder die europäische beziehungsweise die österreichische Wirtschaft –, ist keine Disziplin, an der ich teilnehmen möchte. Es ist ein vollkommener Irrsinn, zu schauen, wer das länger aushält. Wer geht schneller in die Knie und wen trifft es am Ende?

Es trifft doch am Ende immer die sogenannten Kleinen. Es trifft ja nicht die Minister oder den Herrn Vizekanzler, der festgestellt hat, es wird da und dort Wohlstandsverluste geben. Ich glaube, die wird es beim Herrn Vizekanzler ebenso wenig wie bei der EU-Kommission und bei den Beamten in Brüssel geben. Es trifft die Kleinen! Man muss deren Interessen vertreten und die Vernunft einkehren lassen in einem Szenario, das immer mehr eskaliert. Biden sagt: Es droht uns ein Armageddon!, Selenskyj sagt: Wir müssen jetzt Präventiv­schläge machen!, et cetera, et cetera. Ich bin da wirklich in ernster Sorge. Da muss man einmal die Luft rauslassen, und zwar bei beiden Seiten. (Abg. Michael Hammer: Bei Biden?)

Das erwarte ich von einem normalen, neutralen Politiker, der die Interessen – in dem Fall – der Österreicher und der Europäer vertritt, und darum geht es.

Wir sind der felsenfesten Überzeugung, dass die Bevölkerung das sehr, sehr ähnlich sieht. Deswegen besteht unser Begehr nach einer Volksbefragung über die sofortige Beendigung dieser Sanktionen, bei denen es nur Verlierer gibt. Es gibt den Verlierer Ukraine, es gibt den Verlierer Russland, es gibt die Verlierer Europa, Deutschland und vor allem Österreich. Es gibt natürlich noch mehr Verlierer, die Entwicklungsländer zum Beispiel, Nahrungsmittel importierende Entwicklungsländer. Das ist nicht von mir, sondern aus der „Presse“, die relativ unverdächtig ist, ein freiheitliches Propagandablatt zu sein.

Der Kommentator schreibt da: „Es gibt [...] zwei Gewinner: China bekommt billige russische Rohstoffe, und die USA können ihr Fracking-Gas“ sehr „teuer an die EU verkaufen“ – an Deutschland, an uns. Das kann doch nicht der Weisheit letzter Schluss sein! Deswegen: Vernunft einkehren lassen, runter vom Gas, sich zusammensetzen und einmal ein Zeichen setzen, aus Sicht der Europäer! Diese Sanktionen schaden uns aus unserer Sicht wesentlich mehr als sie bringen, und schon gar nicht bringen sie eine Verhaltensänderung dessen, der sanktioniert ist.

Sie treffen wahrscheinlich die russische Bevölkerung. – Toll! Dann können wir schauen, wer es länger aushält, unsere Bevölkerung oder die russische. (Abg. Schwarz: Die Bevölkerung ...!) Das ist jetzt auch nicht gerade ein schönes Men­schenbild, und die russische Wirtschaftspolitik hat Alternativen. Diese nutzt sie ja schon permanent: Es gibt in Sibirien jetzt schon zwei Pipelines, die in Richtung China gehen. Wir treiben Putin und die Russen in die Hände von China. Es gibt jetzt eine intensive Kooperation mit Indien, mit dem Iran, auch mit Brasilien et cetera. Das ist doch nicht im Interesse der Europäer!

In diesem Sinne: Setzen wir ein Zeichen, machen wir in Österreich eine Volks­befragung und tun wir alles dafür, dass jetzt nicht das achte, neunte, zehnte, elfte, zwölfte Sanktionspaket der Europäischen Union beschlossen wird, sondern ein Zeichen in die richtige Richtung gesetzt wird! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.31

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Ottenschläger. – Bitte.