19.38

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Großartige Rede, Kollege Lercher, da kann ich gleich fortsetzen!

Warum machen die Freiheitlichen das? Ich habe mich über diesen Antrag des Kollegen Kassegger ja gewundert – dass Ihnen als Jurist so ein Antrag gelingt!

Man muss sich einmal Folgendes vorstellen: Sie beantragen hier eine Volks­befragung. Das ist das Recht des Nationalrates. Der Nationalrat darf dem Volk eine Frage mit zwei Antwortmöglichkeiten stellen, zum Beispiel Ja oder Nein. – Das machen Sie nicht, Sie fragen das Volk nicht! In Ihrem Antrag steht nicht drin: Sollen die Sanktionen beendet werden?, oder: Soll Österreich die Sanktionen alleine beenden?, oder: Soll sich Österreich dafür einsetzen, dass die Europä­ische Union sie beendet? Nichts!

In Ihrem Antrag steht drin: Die Bundesregierung soll dem Nationalrat einen Vorschlag machen, welche Frage gestellt wird. Sie als Freiheitlicher wollen von der Bundesregierung einen Vorschlag, was das Volk gefragt werden soll. Ist Ihnen das nicht peinlich? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kassegger: Das ist ja aber - ‑! Das Begehr ist aber ..., oder?)

Na, ich sage Ihnen, warum Sie das machen. Es gäbe drei Möglichkeiten. Die erste ist: Sie sind zu faul, eine Frage zu schreiben. – Das traue ich Ihnen nicht zu.

Die Zweite ist: Sie glauben, Minister Kocher kann es besser als Sie. (Abg. Belakowitsch: Nein, das glauben wir nicht! Das schließe ich aus!) Ich glaube das. Dass Sie das glauben, dass Sie die Kompetenz erkennen könnten, glaube ich Ihnen aber nicht. (Abg. Belakowitsch: Nein, das glauben wir nicht! Da möchte ich jetzt gleich sagen: Nein!)

Die dritte Möglichkeit ist folgende: Was auch immer die Frage ist, die kommt, Sie werden herummatschkern und sagen: Uh, das ist eine manipulative Frage, so geht das nicht! – Sie werden die Volksbefragung verlieren, und dann werden Sie matschkern, dass die Frage schlecht war – von Anfang an war das so geplant. Sie veralbern hier Ihre eigene Wahlbevölkerung. Ihre eigenen Leute führen Sie hier vor und manipulieren sie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der ganze Antrag ist nichts anderes als ein Scheingefecht, mit dem Sie Ihren Wählerinnen und Wählern gegenüber so tun, als würden Sie sich für ihre Demokratie einsetzen. In Wahrheit führen Sie sie vor und machen sie da zu Wahlidioten – das machen Sie mit diesem Antrag. Sie haben das letzte Mal hier mit einer Aktuellen Stunde das Parlament missbraucht, und jetzt missbrauchen Sie die österreichische Wählerschaft im Sinne von Putin. Sie missbrauchen Ihre eigene Wählerschaft, um russische Politik im österreichischen Nationalrat zu machen. Das machen Sie mit diesem Antrag.

Sie sind in Wahrheit als Parlamentarier und als Volksvertreter rücktrittsreif. (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Die Verfassung, auf die Sie vereidigt sind, brechen Sie die ganze Zeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Sie sind der russische Spion hier in diesem Haus, so schaut’s aus. (Abg. Belakowitsch: Sie haben echt ein Problem!)

Ich verstehe schon, dass Sie als jemand, der hier russische Politik machen möchte, sich dafür einsetzen, aber ich sage Ihnen etwas: Wir könnten mit einer Volksbefragung ja wirklich etwas tun. Es gab erst eine in diesem Land – übrigens keine einzige, während die Freiheitlichen regiert haben, ich sage es nur; so viel zur direkten Demokratie, die Sie da so hochhalten –, das war eine große, grund­sätzliche politische Frage (Ruf: Das war Zwentendorf!): Wehrpflicht: ja oder nein? (Abg. Michael Hammer: Das war eine Volksbefragung!)

Stellen wir doch so große, grundsätzliche politische Fragen! (Ruf: Nein, das war keine Abstimmung! Abstimmung war Zwentendorf!) Stellen wir eine Frage, ob die Hälfte der österreichischen Bevölkerung besser verdienen soll, sozial besser abgesichert werden soll, bessere Karrierechancen haben soll! Machen wir eine Frauenvolksbefragung! (Beifall bei den Grünen.)

Wollen Sie so etwas? – Nein. Große, grundsätzliche Fragen: Machen wir eine Klimavolksbefragung! Wollen Sie, dass wir einen kompletten Ausstieg aus der fossilen Energie haben? Warum machen Sie so etwas nicht? – Weil Sie das alles nicht interessiert, weil Sie ja russische Politik machen. (Abg. Kassegger: Es gibt einen feinen Unterschied zwischen Wollen und Können!)

Jetzt sage ich Ihnen aber noch etwas: Eine Volksbefragung ist nicht verbindlich, und da kann man nachher darüber diskutieren, ob man das haben will oder nicht. Die Frage, ob wir das haben wollen oder nicht, ist dadurch entschieden, dass es ein Wahlergebnis gibt, dass wir eine Regierung haben, dass es eine Fraktion gibt, die solche Dinge durchsetzt. Ich werde mich dafür, dass das eine Volksbefragung ist, nicht einsetzen. Wir werden das machen, und Ihnen als Parlamentarier würde ich empfehlen: Wenn Sie irgendein Anliegen haben, dann stellen Sie das als Frage und wenden Sie sich nicht an die Regierung, dass die Ihren Job machen soll! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

19.42

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli. – Bitte.