22.05

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich möchte ganz kurz auf das, was Sie gerade beim vorigen Tagesordnungspunkt gesagt haben, noch eingehen, weil es ja auch an mich gerichtet war.

Wir haben über die Väterbeteiligung gesprochen. Ich finde das, was Sie aus Ihrer persönlichen Erfahrung heraus beschreiben, natürlich großartig und will da überhaupt nichts hinzufügen. In einer modernen Familie sollte immer die Wahl­freiheit bestehen. Ich glaube nur, oder ich will Ihnen in meinen Reden auch mitgeben, dass das, was Sie selbst für sich vorleben, in der politischen Realität aus Ihrem Ministerium heraus nicht angekommen ist. Die Frage, ob es wirklich Engagement für mehr Väterbeteiligung gibt, ist aus den Gesetzesmaterien, aus den Budgetzielen und aus den parlamentarischen Debatten, die durch Sie als Ministerin ja mitbeeinflusst werden, nicht so angekommen wie das, was wir auf der persönlichen Ebene vorleben. Ich glaube, das ist etwas, was man jedenfalls rückspiegeln muss.

Ich möchte Ihnen bei zwei Punkten wirklich widersprechen. Wahlfreiheit ist für uns als Liberale auch sehr wichtig, die Frage ist nur: Gibt es eine Wahlfreiheit für Mütter und natürlich auch Väter, wenn eine Kinderbetreuung nicht flächendeckend und ganztags verfügbar ist? Eine flächendeckende Kinderbetreuung ist die Vor­aussetzung für Wahlfreiheit, und diese wurde über Jahrzehnte von mehreren Parteien, aber insbesondere von der ÖVP sehr oft verhindert. Ich weiß, dass die Wirtschaftskammer und Karlheinz Kopf auch einmal einen Vorstoß gewagt haben, bei dem es um den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gegangen ist, aber diese Wahlfreiheit existiert heute noch nicht. Die Wahlfreiheit ist aber die Grundlage für die freie Entscheidung. Die gibt es im Moment nicht, daher brauchen wir Familienleistungen, die eine größere Form von Wahlfreiheit bereit­stellen, und das geht wahrscheinlich nur über finanzielle Rahmenbedingungen – über diese diskutieren wir ja heute.

Der andere Punkt, in dem ich Ihnen widersprechen möchte, ist: Sie haben gesagt: Die Väterbeteiligung soll kein „Selbstzweck“ für die Mütter sein. Sie haben natürlich recht bezüglich des hohen emotionalen Wertes. Ich bin selbst dreifacher Vater und meine jüngste Tochter ist so groß (eine entsprechende Geste ausfüh­rend), gerade einmal 13 Monate alt, jede Minute, die ich mit ihr verbringen kann, ist unglaublich schön. Dieser Mehrwert ist unbestritten.

Aber – und da widerspreche ich Ihnen – es geht um den Selbstzweck der Mütter, es geht um die Selbstbestimmung der Mütter. (Bundesministerin Raab: Aber nicht nur!) Es geht darum, dass wir ein System schaffen, in dem die Väterbeteiligung zum Zweck der Selbstbestimmung der Mütter einfach deutlich steigt. Das ist natürlich das zentrale Ziel, auch in einer gleichberechtigten Familienpolitik. (Bei­fall bei NEOS und SPÖ.)

Ich möchte jetzt noch ganz kurz zu unserem Antrag kommen und zu Frau Kolle­gin Kugler, die da versucht hat, ein großes Angstszenario betreffend die Stadt Wien zu beschreiben. – Ich bin kein Politiker, der in Wien verantwortlich ist, ich kenne nicht alle Details. Sie haben, was Wien betrifft, nicht konkret über Familienpolitik gesprochen, was den Antrag betrifft, aber schon.

Sie sagen, Sie haben nicht verstanden, warum unser Antrag (ein Schriftstück in die Höhe haltend) eingebracht worden ist. Den Antrag haben wir NEOS im Frühling eingebracht. Sie haben das Entlastungspaket im Herbst eingebracht. Demnach haben wir ein halbes Jahr, bevor Sie Ihr Paket eingebracht haben, konkrete Ver­besserungsvorschläge in den parlamentarischen Diskurs eingebracht.

Dass Sie einen Großteil davon ein halbes Jahr später erledigt haben, ist anzu­erkennen. Sie haben zwei Punkte nicht erledigt, die aus unserer Sicht zentral sind, auch in der Frage der Teuerung und der Belastung von Familien.

Das eine ist: Die Beihilfe, die man zum Kinderbetreuungsgeld dazubekommen kann, wenn es zum Leben nicht reicht, wurde nicht an die Inflation wertange­passt. Der zweite Punkt ist: Beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld ist es so, dass die Zuverdienstgrenzen nicht angepasst worden sind. Beides sind Elemente, die nicht angepasst worden sind. Es ist im Bereich der pauschalen Kinderbetreuungsgelder angepasst worden, es sind auch die Tagsätze angepasst worden. Manche unserer Vorschläge sind aber nicht übernommen worden – wir halten diese auch für wichtig. Es ist nur schlicht so: Wir waren ein halbes Jahr früher dran, deswegen konnten wir auf Ihre Vorschläge damals noch nicht reagie­ren. – Schönen Abend. (Beifall bei den NEOS.)

22.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte sehr.