12.46

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle erleben eine Vielzahl von Krisen, und das in äußerst kurzer Zeit. Wir erleben eine Rekordinflation, die den Wohlstand immer mehr bedroht, tief in die Mittelschicht hinein, die die Armut Stück für Stück auch in Österreich vergrößert. Nebenbei haben wir eine der größten Energiekrisen seit Jahrzehnten, die in Österreich Unterneh­men wirtschaftlich massiv unter Druck setzt, die den Industriestandort immer mehr bedroht. Das heißt, Lebensmittel und Energie sind für die Menschen und die Wirtschaft immer schwerer leistbar.

Es braucht also eine erfolgreiche Krisenbewältigung. Eine erfolgreiche Krisen­bewältigung erfordert aber Strategie, Plan und Entschlossenheit. Sie erfor­dert eine Bundesregierung, die handlungsfähig ist, um in dieser Situation grö­ßeren Schaden von Österreich abzuwenden, eine Bundesregierung, die vor allem eines hat: das Vertrauen der Bevölkerung.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Die letzten Monate haben vor allem eines gezeigt, nämlich dass Sie weder Plan noch Strategie haben. (Beifall bei der SPÖ.) Was ist mit der Entschlossenheit? – Die einzige Entschlos­senheit, die man bei Ihnen erkennen kann, ist jene, dass Sie bis zum bitte­ren Ende auf der Regierungsbank sitzen bleiben wollen. (Beifall bei der SPÖ.) Daher ist es auch kein Wunder, dass Ihnen die österreichische Bevöl­kerung immer weniger vertraut.

Genauso aber, wie es in Österreich eine Vielzahl an Krisen gibt, ist die Bevöl­kerung auch Zeuge einer noch nie da gewesenen politischen Schamlosig­keit, einer noch nie da gewesenen politischen Unanständigkeit. Die ÖVP ist seit Monaten schwersten Korruptionsvorwürfen ausgesetzt, seit Monaten ste­hen schwere strafrechtliche Vorwürfe im Raum. Die Folge ist, dass die ÖVP, die Kanzlerpartei, mehr damit beschäftigt ist, sich selbst zu retten, ihre eigene Haut zu retten, als das Land in dieser schwierigen Zeit zu führen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Dass eine Partei in diesem Zustand, besser gesagt in diesem Missstand Regie­rungsverantwortung ausübt, ist mehr als problematisch.

Was aber wirklich untragbar ist, ist, dass in einer Zeit der größten Wirt­schaftskrisen, der höchsten Inflation seit 70 Jahren, der größten Energiekrise eine planlose, eine hilflose, eine handlungsunfähige Bundesregierung in Verantwortung ist. Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, da kommt die politische Verantwortung ins Spiel, die mit Strafrecht nichts zu tun hat. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Krisper.)

Das große Problem ist: Das Ende dieser Entwicklungen, weder der Krisen noch der politischen Schamlosigkeit und dieser Korruptionsprobleme, ist leider nicht in Sicht; und das ist ein Problem!

Wir sind schon längst an einem Punkt angelangt, an dem die Probleme der ÖVP zu den Problemen unseres Landes geworden sind, und das – auch das soll heute hier gesagt werden – mit Duldung der Grünen, weil Sie, sehr geehrte Da­men und Herren von den Grünen, einfach nur zusehen, anstatt die Reißleine zu ziehen (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf des Abg. Wurm), weil Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen, nicht den Mut haben, diesem politischen Stillstand, dieser Planlosigkeit, diesem unwürdigen Schauspiel endlich ein Ende zu setzen (Beifall bei der SPÖ), sondern dieser ÖVP weiter die Mauer machen, während sie in einem noch nie da gewesenen Korruptionssumpf versinkt. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.)

Sehr geehrte Damen und Herren, die gestrigen Wahlen in Dänemark zeigen eines: Sie zeigen, dass man keine Angst vor Wahlen haben muss. Sie zeigen, dass Demokratie funktioniert – auch in Krisen. Mitten in der Teuerungs- und Energiekrise gab es in Dänemark gestern Neuwahlen, und das zeigt: Krise alleine ist kein Argument, nicht wählen zu können – ganz im Gegenteil. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, klammern Sie sich – im Interesse unseres Landes, im Interesse der Menschen unseres Landes – nicht länger an Ihre Regierungsfunktionen und Posten! Haben Sie keine Angst vor den Wählerinnen und Wählern! Machen Sie den Weg frei für eine Bundes­regierung, die das Vertrauen der Bevölkerung hat, eine Bundesregierung, die auch die Fähigkeit hat, diese Herausforderungen zu meistern, und lassen Sie die Menschen endlich über die Zukunft unseres Landes entscheiden! (Anhal­tender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Krisper.)

12.53

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Kurz gefasst: Go, Karli, go! – Ruf bei der ÖVP: Geh sag endlich, dass wir gewählt sind, darum sind wir da! – Zwischenruf des Abg. Hafenecker. – Ruf: Korruption ist ...!)