13.23

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Was gehört denn eigentlich nicht zur Partei, Herr Wöginger? Wenn ich der ÖVP so zuhöre, gehört das ganze Land ja quasi als Wurmfortsatz schon zur ÖVP. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Leichtfried: Da kennt sich Kollege Wöginger nicht aus! – Abg. Wögin­ger: Wie ist das mit dem Haselsteiner?)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Bundeskanzler, sehr geehrter Vi­zekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich sage es Ihnen ganz offen: Ich habe heute überhaupt keine Lust auf diese Sondersitzung und darauf, hier zu reden. – Schon wieder!

Ich habe seit Jahren das Gefühl, ich drehe mich im Kreis und wir reden immer das Gleiche – immer das Gleiche! –, weil sich auch nichts verändert. Es liegt alles auf dem Tisch, aber es bleibt weiterhin gleich. Es gab in dieser Legislatur­periode 22 Sondersitzungen. Sieben davon, also ein Drittel, haben sich um die Korruptionsskandale der ÖVP gedreht. Sieben, ein Drittel davon, haben sich nicht darum gedreht, wie wir die beste Bildung gewährleisten, wie wir jetzt wirklich Innovationen schaffen und Unternehmertum beflügeln, um ge­stärkt aus der Krise rauszukommen.

Ich habe gehört, dass Sie es als große Leistung der Bundesregierung oder eigentlich auch des Hohen Hauses erwähnt haben, dass das Budget des Bundes­heers steigt. Es hat keine einzige Debatte über eine neue Sicherheitsdoktrin gegeben. Alle anderen Länder rund um Österreich sagen: Na ja, am 24. Februar ist etwas passiert! – Ich habe als Mitglied des Hohen Hauses hier keine Debatte über eine neue Sicherheitsstrategie oder Sicherheitsdoktrin erlebt, und es wurde auch dem Hohen Haus und damit auch der Bevölkerung nichts vorgelegt.

Was wir jetzt seit Jahren erleben – es stimmt schon, dass das den Ausgangspunkt bei der bsoffenen Gschicht in Ibiza genommen hat –, sind sozu­sagen Spielarten von Korruption in verschiedensten Bereichen. Jetzt ist halt mit diesem 500-Seiten-Geständnis des Thomas Schmid eine neue Staffel oder eine neue Folge da, aber die Serie läuft ja schon sehr lange. Als „House of Cards für Alpenländler“ mit verschiedenen Staffeln habe ich das bezeichnet. Ich würde die erste Staffel Verblendung nennen, die zweite würde ich dann – irgendwie, ich weiß nicht wie – Verführung und die dritte vielleicht Aufstieg und Fall der Wunderwuzzis nennen. Das wäre auf jeden Fall auch eine Staffel wert gewesen.

Es hat sich aber substanziell nichts geändert. Genau das, was in Ibiza angesprochen wurde, nämlich wie man am Rechnungshof vorbei über Vereine letztlich für die Partei Spenden lukrieren kann, die man dann natürlich für die Partei nutzt, ist alles weiterhin möglich.

Dreieinhalb Jahre nach Ibiza – damals hat Alexander van der Bellen gesagt, so sind wir nicht – sagen nicht wenige Leute in Österreich: So sind die alle! – Und was Sie, insbesondere von ÖVP und Grünen, heute hier gemacht haben, ist ja nichts anderes gewesen, als zu sagen: Na, mah, die Politik gibt ein wirklich schlechtes Bild ab! – Ich sage Ihnen einmal etwas: Es ist nicht die Politik, die das schlechte Bild abgibt. Es sind Ihre Skandale bei der ÖVP, die das schlechte Bild abgeben, aber in Ihrem Sturz, in Ihrem Fall reißen Sie alles mit. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Das Vertrauen ist im Keller, und zwar das Vertrauen in jede Institution unserer Republik. Sie gehen durch den Porzellanladen unserer Republik, hauen eine Vase nach der anderen runter und sind damit beschäftigt – in der einen Hand die Schaufel, in der anderen den Besen –, das zusammenzukehren. Sie nehmen auch null Rücksicht darauf, dass das Vertrauen in die Politik im All­gemeinen, in alle Parteien, ins Parlament, in die Regierung, in den Verfas­sungsgerichtshof, in die Justiz mittlerweile massiv gesunken ist.

Nein, es sind nicht alle so, und nein, Herr Bundeskanzler und ÖVP-Obmann – und darum geht es ja eigentlich heute noch viel mehr –, es geht nicht ums Strafrecht. Wenn das Strafrecht die allerletzte Linie ist und man sagt, dass es dann, wenn sie überschritten ist, wirklich nicht in Ordnung ist, dann, muss ich sagen, verstehe ich komplett, dass die Bevölkerung sagt: Na gut, was wollt ihr mit solchen Leuten in der Politik? – Es geht also nicht ums Strafrecht.

Was H.-C. Strache auf Ibiza in Aussicht gestellt hat, ist nicht strafbar. Es ist üb­rigens deshalb nicht strafbar, weil wir dieses Gesetz nicht haben, dass Amts­kauf strafbar ist. Er musste richtigerweise trotzdem zurücktreten, weil es in der Politik einfach nicht geht, dass man so ein Bild abgibt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist auch nicht die alte ÖVP. Sie sitzen hier mit den 37 Prozent des erkauften Wahlsiegs, getürkt und erkauft. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Wenn Sie sich jetzt Ihre Umfragewerte an­schauen, welches Vertrauen der Bevölkerung Sie jetzt haben, erkennen Sie, dass eigentlich gut die Hälfte von Ihnen nicht mehr hier im Haus sitzen wür­de und die Mehrheit weg wäre. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Das ist das Thema. Es ist nämlich nicht nur die Justiz die letzte Instanz, sondern es ist auch das Parlament, das in der Lage ist beziehungsweise hoffentlich – beispielsweise mit Stimmen der Grünen – in der Lage wäre, einen Schlussstrich zu ziehen und zu sagen: Okay, wir machen jetzt wirklich bessere Gesetze!

Es liegt alles auf dem Tisch. Wir brauchen nicht die 150. Auflage der nächsten Postenschacherei im Untersuchungsausschuss zum Gaudium mancher Leute durchzudiskutieren, denn wir wissen das. Die ÖVP hat ein Korruptions­problem und ist vielleicht ein Korruptionsproblem. (Beifall bei den NEOS.)

Was soll man da noch weiter diskutieren? Wir wissen, welche Gesetze gemacht gehören. Ein Informationsfreiheitgesetz, schärferes Korruptionsstrafrecht, zum Beispiel eben auch die Erweiterung um den Amtskauf, zum Beispiel ein un­abhängiger Generalbundesstaatsanwalt, zum Beispiel auch, dass die Vereine in die Frage der Parteienfinanzierung mit hineingenommen werden – es liegt alles verdammt noch einmal auf dem Tisch. Wir reden und drehen uns aber im Kreis und wollen gerne den Untersuchungsausschuss weiterspielen, damit wir unsere parteipolitischen Spielchen machen und dieses Hick­hack weiterführen können. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Das Vertrauen ist im Keller. Das Einzige, was jetzt möglich ist, ist, einen Schlussstrich zu ziehen und wirklich zu sagen: Schaffen wir einen Weg für Neu­wahlen! – Dann gibt es wirklich eine Regierung, die sagt: Okay, wir haben das wirklich zusammengeräumt, jetzt geht es wieder anders zu, und jetzt haben wir die Hände wieder frei, um für Österreich zu arbeiten! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.30

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yil­dirim. – Bitte.