11.47

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Dieses Budget ist tatsächlich bemerkenswert – weil es von einer Bundes­regierung erstellt worden ist, die das Vertrauen der Bevölkerung eigentlich ver­loren hat. (Beifall bei der SPÖ.) Diese Bundesregierung hat das Vertrauen der Bevölkerung deshalb verloren, weil sie einfach nicht darauf reagiert, dass wir in Österreich die höchste Inflationsrate seit 70 Jahren haben. Das sind zweistellige Inflationsraten.

Jetzt bin ich durchaus bereit, zuzuerkennen, dass es ein paar positive Beispiele in dem Budget gibt: Die Valorisierung von Sozialleistungen ist super, aber: Warum habt ihr auf das Arbeitslosengeld vergessen? (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Das verstehe ich nicht.

Also ich habe durchaus versucht, ein paar positive Aspekte zu finden, und dann geht diese Bundesregierung, also ÖVP und Grüne, her und präsentiert ein Budget ohne Gaspreisdeckel, ohne Übergewinnsteuer und ohne jede Perspek­tive, dass Menschen geholfen wird.

Ich sage auch sehr trocken, was die Bevölkerung erlebt hat: Wenn es eine Bun­desregierung nicht schafft, einen Mobilitätsbonus, einen Klimabonus feh­lerfrei auszuzahlen, dann fehlt das Vertrauen in die Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Was macht diese Bundesregierung noch einmal? – Nicht, dass sie etwas gegen die Inflation tut – nein! –, sondern diese Bundesregierung heizt die Inflation noch an. So ist es auch in diesem Budget.

Herr Bundesminister, ich frage mich – Sie sind ja in der Nähe der Schweiz daheim –: Was hat die Schweiz mit ihrer Inflationsrate anders gemacht? Warum waren Sie so mutlos, nicht in den Gaspreis einzugreifen? Warum haben Sie das nicht getan?

Dann gibt es ein paar bei der ÖVP, die hergehen und sagen: Das ist „das Beste“! – Ja, für wen ist es das Beste? – Für die Hoteliers war es nicht schlecht, für die Seilbahnunternehmer war es nicht schlecht. War es aber auch für die Arbeitnehmer in diesem Land das Beste? Diese Frage muss man stellen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Die haben eh noch einen Arbeitsplatz!)

Bevor jetzt der große Aufschrei kommt, weil Sie ja so viele Einmalzahlungen gemacht haben: Wem hat das genützt?, möchte ich gerne die Frage stellen: Welcher Preis ist dadurch gesenkt worden? – Der Sprit ist nicht billiger geworden, die Energierechnung ist hoch, und was es jetzt endlich braucht, ist ein Gaspreisdeckel. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Sofortige Winterhilfe durch Erlass der Gas- und Fernwärmrechnungen im Dezember und rasche Umsetzung eines nationalen Gaspreisdeckels“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort mit den Vorbereitungs­hand­lungen für einen nationalen Gaspreisdeckel bzw. eine nationale Gaspreisbremse zu beginnen und dem österreichischen Nationalrat so schnell wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der geeignet ist, die Preise für Strom- und Gas für Haushalte, Wirtschaft und Industrie erheblich zu senken und gleichzeitig eine Gegenfinanzierung durch eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sicher­stellt. Um eine kurzfristige Entlastung zu schaffen, soll schon im Dezember eine Winterhilfe – in Form eines Erlasses der Gas- und Fernwärmerechnung für Haushalte und Wirtschaft – nach deutschem Modell umgesetzt werden.“

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren, machen Sie den Weg frei für eine gute österreichische Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)

11.52

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Dr. Christoph Matznetter, Genossinnen und Genossen

betreffend: Sofortige Winterhilfe durch Erlass der Gas- und Fernwärmrechnungen im Dezember und rasche Umsetzung eines nationalen Gaspreisdeckels

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 1 1.) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1744 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabak­mono­polgesetz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgelt­sicherungsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMUFörderungsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das BundesmuseenGesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler und das Umweltförderungsgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Zuschusses an das Land Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kom­munalinvestitionsgesetz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kostenersatz des Bundes an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 und ein Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023) (1776 d.B.)

Die Regierung hat die Inflationskrise verschlafen. Mit 11% hat die Inflation in Öster­reich zuletzt ein 70-Jahres-Hoch erreicht. Die SPÖ warnt seit mehr als einem Jahr vor der Inflationskrise. Noch zu Beginn des Jahres wurden die Warnungen der SPÖ seitens der Regierung mit „Inflations-Hysterie“ in den Wind geschlagen und ein 150 Euro Energiegutschein als Lösung für die hohen Energierechnungen konzipiert. (Davon sind derzeit rund 10% bei den Leuten angekommen).

Deutschland hat hingegen das Problem erkannt und verstanden. Vor Monaten wurde eine Expertenkommission eingesetzt, die einen deutschen Gaspreisdeckel konzipiert hat. Die deutsche Regierung setzt den Vorschlag dieser Expertenkommission nun konsequent um. Dieser Gaspreisdeckel wird in zwei Stufen erfolgen und soll bis April 2024 in Kraft sein.

Stufe 1: Als Soforthilfe wird allen deutschen Haushalten und einem Großteil der deutschen Wirtschaft (bis zu einem Verbrauch von 1,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr) im Dezember eine ganze Monatsrechnung für Gas und Fernwärme komplett erlassen. Das ist eine Überbrückungsmaßnahme bis Stufe 2 greift – der Gaspreis­deckel.1 Der Gesetzgebungsprozess für Stufe 1 wurde bereits abgeschlossen – also vom deutschen Bundestag verabschiedet.

Stufe 2: Nach Freigabe durch die europäische Kommission soll ab März 2023 -  möglicherweise schon rückwirkend mit 1. Februar -   der deutsche Gaspreisdeckel für alle Haushalte und die deutschen KMUs greifen. Der Gaspreis bis zu 80% des Vorjahresverbrauchs soll dabei maximal 12 Cent pro Kilowattstunde betragen. Für die Industrie (25.000 Großverbraucher) soll bereits mit Januar 2023 ein Gas­preisdeckel von 7 Cent pro Kilowattstunde für 70% des Vorjahresverbrauchs greifen. Der Gesetzgebungsprozess zu Stufe 2 soll spätestens bis Mitte Dezember 2022 abgeschlossen sein.

Für viele Haushalte, die auf Gas angewiesen sind, sind die derzeitigen Gasrechnungen nicht mehr zu bezahlen. Das schmälert nicht nur die Kaufkraft, sondern führt zu einer ärmer werdenden Bevölkerung bis weit in die Mittelschicht. Die deutschen Haushalte zahlen für Gas in Zukunft nur die Hälfte dessen, was die Menschen hierzulande für ihre Gasrechnungen zahlen müssen. Gleichzeitig werden die Gaspreise für Österreichs Wirtschaft und Industrie schon in wenigen Wochen rund zwei bis dreimal so hoch sein wie die Preise in Deutschland. Unsere Wirtschaft kann bei diesen Preisen nicht konkurrieren. Der Bäckereibetrieb in Oberösterreich hat so einen Wettbewerbsnachteil gegenüber seinen Konkurrenten in Bayern, den der Betrieb durch keinerlei Maßnahmen kompensieren kann. 

Darüber hinaus senkt die deutsche Gaspreisbremse im Gegensatz zum öster­reichi­schen Energiekostenzuschuss die Inflation und führt damit zu einer spürbaren Entlastung in allen anderen Bereichen – von den Mieten bis zu den Lebensmitteln. Es ergeben sich also positive Zweitrundeneffekte durch die direkte Bekämpfung der Inflation.

„Ein Gaspreisdeckel reduziere aber nicht nur die Energiekosten, sondern senke auch die Inflation, erklärte Ökonom Sebastian Dullien bereits vor Bekanntgabe der Empfehlungen. Denn die hohen Energiepreise durch den Wegfall der russischen Gaslieferungen sind derzeit der Haupttreiber für die steigende Inflation. Eine Preisbremse stabilisiere so auch die Inflationserwartungen, senke das Risiko einer Preis-Lohn-Spirale und beruhige Tarifkonflikte. Außerdem würden „zielgerichtet Haushalte mit Gasheizung entlastet“, sagte Dullien der Nachrichtenagentur AFP. Er ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunktur­forschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.“

Nach dem Beschluss der ersten Stufe des deutschen Gaspreisdeckels im deutschen Bundestag hat die Bundesregierung umgehend zu reagieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort mit den Vorbereitungshandlungen für einen nationalen Gaspreisdeckel bzw. eine nationale Gaspreisbremse zu beginnen und dem österreichischen Nationalrat so schnell wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der geeignet ist, die Preise für Strom- und Gas für Haushalte, Wirtschaft und Industrie erheblich zu senken und gleichzeitig eine Gegenfinanzierung durch eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sicherstellt. Um eine kurzfristige Entlastung zu schaffen, soll schon im Dezember eine Winterhilfe – in Form eines Erlasses der Gas- und Fernwärmerechnung für Haushalte und Wirtschaft – nach deutschem Modell umgesetzt werden.“

1 Die Vorsitzende der Gaspreis-Expertenkommission, Veronika Grimm, sagte bei der Vorstellung der Stufenmodell-Empfehlung Ende Oktober, die Versorger hätten zugesagt, dass die eigentliche Gaspreisbremse ab März 2023 greifen werde. Vorher werde nur die Abschlagszahlung für Dezember ausgesetzt, was aber die Gaskosten der Verbraucherinnen und Verbraucher im Januar und Februar teilkompensieren soll. Dies sei eine einfach umzusetzende Lösung und leichter, als drei Monatsrechnungen zu reduzieren.

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Martin Litschauer. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Inferior, die SPÖ!)