13.40

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Volksanwältin und Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und Herren! Haben Sie gewusst, dass die „Wiener Zeitung“ tatsächlich die älteste Zeitung weltweit ist? 1703 erstmals erschienen hat sie in den letzten 320 Jahren unzählige Kriege, unzählige Krisen überstanden – und scheitert offenbar jetzt an der türkis-grünen Bundesregierung, die zu ihrer Totengräberin wird. Und das, sehr geehrte Damen und Herren, wäre wirklich ein herber Verlust für den Qualitätsjournalismus in Österreich, den wir so nicht mittragen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Uns ist es wichtig, dass wir die „Wiener Zeitung“ als Tageszeitung erhalten, und deswegen bringe ich gleich zu Beginn folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Fortbestand der Wiener Zeitung als Tageszeitung zu sichern und dem Nationalrat einen Regierungsentwurf vorzulegen, der – wie angekündigt – ein passendes Zukunftskonzept und eine nachhaltige Geschäftsgrundlage für die Zukunft des Unternehmens enthält.“

*****

Frau Bundesministerin Raab – sie ist jetzt leider nicht hier –, sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung, bitte werden Sie auch tatsächlich im Sinne des Qualitätsjournalismus für die „Wiener Zeitung“ entsprechend aktiv und legen Sie eine entsprechende Gesetzesvorlage vor! (Beifall bei der SPÖ.)

Mittlerweile liegen aber auch der Begutachtungsentwurf zum Qualitäts-Journalismus-Förderungs-Gesetz und die Novelle des Medientransparenz­ge­setzes vor. Wir hatten große Erwartungen im Vorfeld. Ja, gerade auch aufgrund der aktuellen Debatten über Presse und Inseratenpolitik unter Ihrem Vorgänger Sebastian Kurz, Herr Bundeskanzler, aufgrund der Debatten, die uns aktuell beschäftigen, hätten wir große Erwartungen gehabt. Aber diese großen Erwartungen wurden tatsächlich herb enttäuscht.

Auch wenn es in diesem Paket einzelne Punkte gibt, die wir positiv bewerten, das türkis-grüne Medienpaket bleibt hinter den Erwartungen zurück. Das System der Medienförderung bleibt im Großen und Ganzen gleich, es ändert sich nicht viel. Die großen Player profitieren mehr, die kleinen Medien, die Onlinemedien und vor allem die Medienvielfalt werden hintangestellt. Auch beim angekün­digten Ausschluss demokratiefeindlicher Medien aus den Förderungen bleiben Sie weit hinter den Erwartungen zurück. Der Antrag ist zu unscharf und in Wahrheit inkonsequent.

Wie schaut es denn aus mit der Medientransparenz in der Vorlage? – Es werden zwar einige Lücken geschlossen, aber zu einer echten systemischen Verände­rung kommt es nicht. Nach wie vor können Inserate über die Bundesministerien ohne Vergabekriterien vergeben werden. Es gibt keine Inseratendeckel. Und das von uns geforderte Gleichgewicht zwischen Medienförderung auf der einen Seite und Inseratenvergabe auf der anderen Seite suchen wir vergebens.

Wenn es um Medienpolitik geht, sehr geehrter Bundeskanzler, dann muss man festhalten: wirklich großzügig sind Sie vor allem bei der PR-Abteilung im BKA. Im Budget 2021 standen schon 68,5 Planstellen für die PR-Maschinerie im Bun­deskanzleramt zur Verfügung – jetzt sind es 97! 97 Planstellen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Bundeskanzleramt!

In diesem Zusammenhang habe ich einen konkreten Vorschlag an Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrte Bundesminister und ‑ministerinnen: Machen Sie Politik, die bei den Menschen ankommt! Machen Sie Politik, die spürbare Entlastungen in dieser Zeit der hohen Inflation bringt, die die Men­schen auch tatsächlich in ihren Geldbörsen spüren, dann brauchen Sie auch nicht diese Medienmaschinerie, diese PR-Maschinerie, um für Eigenvermarktung zu sorgen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sabine Schatz,

Genossinnen und Genossen

betreffend Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 10, TOP 11

Die „Wiener Zeitung“ wurde 1703 gegründet und ist derzeit noch die älteste bestehende Tageszeitung der Welt. Sie bietet qualitativ hochwertige Berichterstat­tung zu den wichtigsten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ereignissen. Das Archiv der „Wiener Zeitung“ wiederum gehört zum UNESCO-Dokumentenerbe. Es zeigt die Entwicklung des Pressewesens sowie des Amtlichen Nachrichtenblattes Österreichs. Die Zeitung selbst wäre auch in den Rang eines schützenswerten Kultur­gutes einzuordnen und würde ebenfalls die Zuordnung zum Weltkulturerbe ver­dienen. Das haben bereits 2019 die leider bereits verstorbene Journalistenlegende Hugo Portisch und sein langjähriger Freund Heinz Nußbaumer festgestellt.

Trotz dieser langen Tradition und des wichtigen Beitrags zur Medienvielfalt in Österreich ist die Bundesregierung aktuell dabei, dem Bestehen der Wiener Zeitung als Tageszeitung ein Ende zu setzen. Der bereits vorliegende Begutachtungsentwurf beschränkt die Wiener Zeitung auf ein Online-Medium und sieht diese nur „nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel“ auch als Printprodukt. Zusätzlich soll ein Media Hub Austria mit Weiterbildungsmöglichkeiten für Journalist*innen, eine elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes und eine Content-Agentur Austria eingerichtet werden.

Mit der Novelle verliert die Wiener Zeitung ersatzlos ihre allergrößte Einnahmequelle, die Pflichtveröffentlichungen, und kann mit den aktuell vorgesehenen 7,5 Mio. € jährlich als Tageszeitung nicht mehr fortbestehen. (Zum Vergleich die Größenordnung der letzten bekannten Zahlen: Der Umsatz betrug im Jahr 2020 rund 21 Mio. Euro, auf Pflichtveröffentlichungen entfielen 17,6 Mio. Euro.) Trotz zahlreicher Ver­sprechen interessierte sich die Bundesregierung bisher nicht für alternativ vorgelegte Finanzierungskonzepte, die den Weiterbetrieb der Tageszeitung ermöglicht hätten.

Noch 2018 hieß es in einer Anfragebeantwortung an die SPÖ (1003/AB von 10.08 2018): „Es gilt nun, neue innovative Geschäftsmodelle für den Entfall der Einnahmen aus Pflichtveröffentlichungen zu finden, die tatsächlich eine nachhaltige Geschäfts­grundlage für die Zukunft des Unternehmens darstellen. Aufgabe des Aufsichtsrates und der künftigen Geschäftsführung wird es sein, ein passendes Zukunftskonzept dazu zu entwickeln und in Folge zu implementieren. Der Entfall von Entgelten für Pflichtveröffentlichungen und die Implementierung von neuen Geschäftsgrundlagen des Unternehmens werden selbst-verständlich Hand in Hand gehen.“ Offenbar haben Bundesregierung, Aufsichtsrat und Geschäftsführung trotz wiederholter Ver­sprechun­gen bei dieser Suche nach Zukunftskonzepten versagt.

Durch die Einstellung der Wiener Zeitung verliert Österreichs bereits stark konzentrierte Medienlandschaft eine weitere Stimme. Die für den Fortbestand der Wiener Zeitung – ohnehin überschaubaren – Mittel könnten dabei leicht anderwärtig aufgetrieben werden. Um ein Beispiel zu nennen: Knapp 39 Millionen gab die schwarz-grüne Regierung 2021 für ihre Regierungsbüros aus. So viel wie noch nie – die Kosten sind in nur vier Jahren um 54 Prozent gestiegen. Sind die Gesamt­kosten für die Regierungsbüros in der Koalition von Christian Kern mit Reinhold Mitterlehner noch bei rund 25 Millionen Euro gelegen, wuchsen sie unter Türkis-Blau um sechs Millionen Euro auf 31 Mio. an. Mit Türkis-Grün kam es dann zu einer weiteren Kostensteigerung auf insgesamt 39 Millionen Euro. Damit kosteten die Büros der Bundesregierung dem österreichischen Steuerzahler bereits 106.000 € pro Tag. Schaut man nur den Personenstand der Kabinette an, wurde im Vorjahr mit 257 Beschäftigten ebenfalls ein Höchststand erreicht. Unter Türkis-Blau waren es noch 220, davor 163. Eine Vielzahl dieser Beschäftigten sind im Bereich Öffentlichkeits­arbeit/PR eingesetzt. Und dass hier kein Umdenken stattfinden soll, zeigt auch das Budget 2023. Hier ist das Bundeskanzleramt wirklich großzügig bei der eigenen PR-Abteilung: Waren im Budget 2022 schon 68,5 Planstellen vorgesehen, so sind es für 2023 mittlerweile 97 Planstellen. Um dieses Geld könnten die Redakteur*innen der Wiener Zeitung, die täglich demokratiepolitisch wertvolle Arbeit leisten, leicht finanziert werden.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Fortbestand der Wiener Zeitung als Tageszeitung zu sichern und dem Nationalrat einen Regierungsentwurf vorzulegen, der – wie angekündigt – ein passendes Zukunftskonzept und eine nachhaltige Geschäftsgrundlage für die Zukunft des Unternehmens enthält.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Mag.a Ulrike Fischer. – Bitte, Frau Abgeordnete.