15.01

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Nach all diesem fast peinlichen Selbstlob der Regierungsfraktionen über die Verhältnisse des Budgets wird es Zeit, zu den Fakten zu kommen. Die Fakten sind eigentlich bestürzend. (Ruf: Falscher Redner! – Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es notwendig war, dass ein Bundes­präsident eine Regierung zur Ordnung hat rufen müssen. Das war lange nicht der Fall. Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern, dass eine Regierung unter 30 Prozent, wahrscheinlich nur mehr 27 Prozent Vertrauen genießt. (Abg. Michael Hammer: ... Faymann!) Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass eine Partei einer Regierung so massiv in einem Korruptionssumpf versunken ist, wie das mit der ÖVP der Fall ist. Ja, dieses Sittenbild, das Sie hier abgeben, ist ein desaströses! (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr Anspruch, zu sagen und zu meinen und zu glauben, die politischen Grenzen sind das Strafrecht und nicht der Anstand, das ist ein Skandal, das sage ich Ihnen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Um was geht es da jetzt überhaupt?) Es ist auch ein Skandal und auch nicht hin­nehmbar, dass die Partei, die sagt, der Anstand hat sie gewählt, dem Ganzen sang- und klanglos zustimmt, das alles sang- und klanglos hinnimmt.

Wissen Sie, was ich Ihnen sage – und das denke nicht nur ich, das denken inzwischen mehr als 70 Prozent der Menschen in Österreich –: Diese Regierung ist am Ende, und es wird Zeit, dass Sie gehen, es kann gar nicht schnell genug gehen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Mir sagen sie, dass du es bist!)

Diesen Eindruck habe nicht nur ich, den haben viele Menschen. Sie alle gemeinsam, wir alle, haben eine E-Mail von einer Bürgerin bekommen, und für den Fall, dass Sie solche E-Mails nicht lesen, dass Sie wahrscheinlich schon länger überhaupt keine E-Mails mehr lesen (Heiterkeit des Abg. Zarits), weil immer nur drinnen steht, dass Sie gehen sollen, lese ich sie Ihnen vor:

„Sehr geehrte Damen und Herren aller Fraktionen! Es ist eine richtige Schande. Anstelle sich mit den wichtigen Angelegenheiten unseres Landes zu beschäftigen haben“ Sie „nichts anderes zu tun als sich mit der Vergangenheit zu beschäf­tigen“ – ja, müssen wir wohl – und „an der Macht“ kleben „zu bleiben“.

Ich überspringe etwas. „Fazit: Mehr Beschäftigung mit der schlimmen Gegen­wart - Strompreis, Gaspreis, Teuerung u. v.“ – und vielem – „mehr“ wäre besser. „Tut endlich was für UNS, nicht für EUCH!“

Ich frage Sie: Was antworten Sie dieser Frau, die das geschrieben hat – wenn Sie sich noch zu antworten trauen? (Abg. Stocker: Wo waren Sie heute Vormittag?) Oder was antworten Sie der Frau, die ich das letzte Mal zitiert habe, einer jungen Frau, die in Wiener Neustadt wohnt, Herr Stocker, die in Wien arbeitet, die 600 Euro Miete zahlt, die jetzt 600 Euro für den Strom aufbringen muss und 1 200 Euro verdient? Was antworten Sie dieser Frau? (Abg. Stocker: Wo waren Sie heute Vormittag?) Sie haben auf beide Fragen keine Antworten, und deshalb wird es Zeit, dass Sie gehen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die einzige Motivation, die Sie hier noch auf Ihren Sitzen hält, die Sie an Ihren Sitzen picken lässt, ist die, dass Sie Ihren Freunderln und Gönnern anscheinend noch mehr zukommen lassen wollen.

Wie war es bei der Cofag? Die Frau Rechnungshofpräsidentin war gerade da: an die 100 Millionen Euro Überförderung. Das haben Sie zu verantworten, das haben Sie auch durch diese Intransparenz zu verantworten (Zwischenrufe bei der ÖVP), dass Sie als Abgeordnete es verhindert haben, dass das Parlament da hineinschauen kann. Das war auch Ihre Verantwortung! (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja unglaublich!)

Wenn man dann die konkreten Zahlen anschaut, sieht man: Herr Benko hat 10,2 Millionen Euro Cofag-Förderung von Ihnen bekommen – 10,2 Millionen! – und schüttet gleichzeitig 100 Millionen Euro Dividenden aus. Ja was sind denn das für Zustände, wie kann man da noch sitzen und das verantworten, frage ich Sie? Da gibt es genug Beispiele, bei denen Sie immer nur für Ihre Gönner da waren (Abg. Michael Hammer: Wie viel hat der Herr Androsch bekommen?), und das ist leider komplett die falsche Politik. (Beifall bei der SPÖ.)

Während Sie mit beiden Händen das Geld für Ihre Gönner zum Fenster hinausschmeißen, frieren die Menschen in kalten Wohnungen, weil sie sich nicht zu heizen trauen, weil sie Angst vor der Gasrechnung haben. Während das ausbezahlt wird, hungern die Menschen, weil sie sich nichts mehr zum Essen zu kaufen trauen, weil es sich dann vielleicht am Monatsende nicht ausgeht. Während Sie das Geld so zum Fenster hinausschmeißen, können Menschen ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr bezahlen.

Sie haben Steuergeld ohne Maß und Ziel ausgegeben: 9 Milliarden Euro, die verpufft sind, 9 Milliarden Euro, die nichts bewirkt haben; aber 9 Milliarden Euro, die die Schulden der Zukunft sind und die die Menschen in Zukunft zurückzahlen müssen; 9 Milliarden Euro, ohne dass irgendetwas billiger geworden ist! Das muss man einmal zusammenbringen, es ist gar nicht so einfach, so etwas zu tun!

Dann noch die CO2-Steuer einzuführen war überhaupt das Beste, was Ihnen je eingefallen ist – eine Abgabe ohne jede Lenkungswirkung –, und gleichzeitig die Körperschaftsteuer herunterzusetzen: Das ist Politik à la Türkis-Grün, und das ist Politik, die die Menschen in diesem Land nicht mehr wollen!

Das leben Sie leider in diesem Budget vor, das ist genau das, was man aus diesem Budget herauslesen kann, und das ist es auch, wo man herauslesen kann, dass Sie in diesem Budget zwei riesige Fehler machen – vielleicht sind es mehr Fehler, aber das sind meines Erachtens die zwei größten –: Sie sorgen nicht vor für das, was vor uns liegt. Sie sorgen nicht vor für das, was in Deutschland geschieht. Sie kümmern sich nicht um unsere Industrie, Sie kümmern sich nicht um unsere Gewerbe, Sie kümmern sich nicht um die Menschen, die von der Energie abhängig sind; denn wenn Sie das täten, hätten Sie sich schon länger darauf vorbereitet, etwas zu unternehmen, wenn die Deutschen die Gaspreis­bremse einführen! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Fakt wird sein, dass bei uns das Gas viermal so teuer ist wie in Deutschland, viermal so teuer! Was glauben Sie, wie unsere Industrie wettbewerbsfähig bleibt, was glauben Sie, wie das funktioniert? Was glauben Sie, wie die Menschen sich das Leben leisten können?

Es wird nicht so sein. Ihre Politik ruiniert leider das Land und die Menschen in diesem Land. Der Verzicht auf den Gaspreisdeckel, Widerstand gegen Markteingriffe, die Sie jetzt seit Monaten vor sich hertragen, waren die schwers­ten Fehler, die Sie aber jetzt für die Zukunft auch zu verantworten haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Wie kann man – diese Frage stelle ich Ihnen auch –, wenn sogar die Europäische Union einmal für eine Steuer ist – und das erleben wir nicht oft, nämlich für die Übergewinnsteuer –, so borniert sein, diese Steuer nicht einführen zu wollen, wo das doch zu sehr, sehr vielen Lösungen führen würde? (Abg. Stocker: Wer sagt das?!)

Unternehmen kassieren jetzt Milliarden, die ihnen eigentlich nicht zustehen, und alles, was Ihnen dazu einfällt, ist ein Achselzucken. Das ist nicht Politik, das ist Lethargie! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es wird nichts mehr (Abg. Hanger: Das glaube ich auch, die Rede wird nichts mehr!), es wird nichts mehr mit euch, um das einmal zu sagen. Machen Sie den Platz frei, lassen Sie die Menschen in Österreich, die wieder mehr Anstand in der Politik haben wollen, wählen! Herr Hammer in der ersten Reihe kichert beim Wort Anstand. (Abg. Michael Hammer: Weil die Rede so lächerlich ist!) – Ja, ich verstehe es, dass er da kichert. Das ist so typisch (Abg. Michael Hammer: Wenn es aus Ihrem Mund kommt, schon!), ich gratuliere Ihnen dazu. Wissen Sie, es gäbe so viel zu tun, es gibt auch im Antikorruptionsbereich so viel zu tun, auch da werdet ihr nichts mehr weiterbringen! (Ruf bei der ÖVP: Ja, schauen wir bei der Wien Energie einmal!)

Ich möchte den Grünen ein Angebot machen: Beenden Sie diese Regierung! Wir können versprechen: In der Zeit des freien Spiels der Kräfte werden alle anderen mit Ihnen gemeinsam viel mehr im Bereich Korruptionsbekämpfung zustande bringen, als Sie das mit dieser ÖVP je werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Na ihr ganz sicher! Ihr wolltet ja schon das Parteiengesetz ver­hindern! Sehr unglaubwürdig! – Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

15.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Was war das jetzt überhaupt für ein Thema?)

Ich darf darauf aufmerksam machen: Es gibt nur mehr 5 Minuten Redezeit für jeden Redner. – Bitte sehr.