15.54

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Bun­desregierung! Bemerkenswertes hat sich diese Woche in der Sendung „Im Zentrum“ zugetragen. In dieser wurde die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, auf die Sideletter angesprochen. Das ist jene Abmachung zwischen der ÖVP und den Grünen, in der diverse ORF-Spitzenjobs vereinbart wurden. Eva Blimlinger meinte, na ja, man könne sich entscheiden, ob man ein naiver Idiot oder ein korrupter Idiot ist. Das finde ich besonders bemerkenswert, weil es anscheinend in der Denkart der Grünen nur mehr diese beiden Pole gibt. Dass man einfach auch anständig oder transparent sein kann, kommt in dieser Welt überhaupt nicht mehr vor. (Beifall bei den NEOS.)

In dieser Logik haben sich die Grünen anscheinend für korrupt entschieden. Diese Akteure, die dann wahlweise naiv oder korrupt sind, in jedem Fall aber, laut Eva Blimlinger, Idioten sind, das sind jene Menschen, die jetzt wichtige medienpolitische Weichenstellungen vornehmen. Eine der größten Weichen­stellungen steht unmittelbar bevor: Das ist die Zukunft der „Wiener Zeitung“ – wir haben heute schon davon gehört –, der ältesten Tageszeitung der Welt. Und was tut diese Regierung? – Sie unternimmt nicht einmal den Hauch einer Anstrengung, sich mit interessierten Stakeholdern auseinanderzusetzen, die Interesse daran haben, die „Wiener Zeitung“ zu kaufen. Stattdessen baut man sich sein eigenes digitales Medienhaus, in dessen Aufsichtsrat übrigens jetzt schon ÖVP-Anwalt Werner Suppan sitzt, der ja auch Sebastian Kurz in Sachen mutmaßlicher Inseratenkorruption vertritt. Dieses Medienhaus wird in Zukunft 16,5 Millionen Euro pro Jahr erhalten, und dann schnitzt man sich unter anderem im Bundeskanzleramt noch eine Journalistenausbildung. 6 Millionen Euro pro Jahr soll die „Wiener Zeitung“ dafür erhalten.

6 Millionen Euro sind das Zehnfache des bisherigen Branchenbudgets für Jour­nalistenausbildung, und das holt sich jetzt das Bundeskanzleramt quasi direkt ins Haus. So einen schäbigen Zugang hat die „Wiener Zeitung“, haben die Redakteurinnen und Redakteure dort nicht verdient, auch nicht die Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler übrigens.

Und jetzt kommt es noch besser: Im Entwurf für die Zukunft der „Wiener Zei­tung“ ist im Geschäftszweig Content Agentur Austria, die bei der „Wiener Zeitung“ eingerichtet werden soll, auch eine Mediaagentur vorgesehen. Was macht eine Mediaagentur? – Eine Mediaagentur berät ihre Kunden bei der Auswahl der richtigen Medien, sie verhandelt die Preise und spielt dann auch die Werbung in die entsprechenden Kanäle aus. Die ÖVP hat ja da eine sehr große Kompetenz; ich erinnere an die Agentur Mediaselect, die die ÖVP zehn Jahre lang betrieben hat. Hier wurden Kick-back-Zahlungen von der Agentur an die ÖVP geleistet, um so auch diverse Wahlkämpfe zu finanzieren. Das ging bis 2012, und zehn Jahre später hat man sich im Bundeskanzleramt vielleicht gedacht: Na ja, jetzt ist langsam ein bisschen Gras über die Sache gewachsen, dann wenden wir dieses Erfolgsrezept neuerlich an und schnitzen uns unsere eigene Mediaagentur. Und besonders gefinkelt ist: Man lässt es sich diesmal auch noch vom Steuerzahler finanzieren.

Wenn sich also die Grünen-Mediensprecherin wieder einmal fragt, ob man eher naiv oder eher korrupt ist, dann helfe ich gerne bei der Antwort. (Beifall bei den NEOS.)

15.58

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Melchior. – Bitte sehr.