17.59

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir alle wissen, dass das Jahr 2023 außenpolitisch ebenso herausfordernd sein wird wie das Jahr 2022. Was Ihre Vorschläge beziehungsweise die Vorschläge Ihres Hauses betrifft, Herr Bundesminister – zumindest was davon im Bundes­vor­anschlag 2023 zu lesen ist –: Da finde ich doch einiges sehr gut.

Vieles an Projekten und Vorhaben, die Sie ins aktuelle Budget hineingeschrieben haben, klingt gut, wie zum Beispiel die „Stärkung Österreichs als Vermittler“, die Stärkung Österreichs auch als politischer „Gesprächsort“. Gerade in Zeiten wie diesen ist das eine wichtige Forderung und ein wichtiges Projekt, aber auch die Stärkung des Amtssitz- und Konferenzstandortes Österreich – gerade die Bundeshauptstadt hat sich da ja in den letzten Jahrzehnten immer wieder ganz stark bewiesen, ist international anerkannt als ein guter politischer Konferenz­standort, auch aktuell. Auch der Ausbau der Rückübernahmeabkommen ist in Ihrem Budgetvoranschlag zu lesen und ist etwas, was wir eigentlich befürworten, um nur drei der Projekte, die wir gut finden, zu nennen.

Aber – und dieses Aber ist schon entscheidend und zieht sich durch viele politische Bereiche wie ein roter Faden – wir vermissen eine klare Strategie. Wir vermissen eine klare Strategie und einen Plan, wie Sie diese Ziele, die gut klingen, diese Überschriften, die gut ausschauen, am Ende mit Leben erfüllen wollen, wie Sie diese auch wirklich auf den Boden bringen und umsetzen wollen. Mir fehlt die glaubwürdige Aktivität Ihrerseits und Ihres Ressorts zu diesen vielen Ideen. Es sind schöne Überschriften, aber schöne Überschriften bringen am Ende keine Ergebnisse. Es ist zu wenig konkret, es ist zu wenig sichtbar, und es bleiben am Ende Ankündigungen. So schaut es aus, weil einfach der Plan nicht da ist, und das ist schade.

Jetzt ist mir und uns allen klar, dass die Diplomatie am Ende des Tages nicht immer auf der Bühne stattfindet – es ist das Wesen der Diplomatie, dass sie auch im Stillen erfolgt und wir nicht alles tagtäglich vielleicht in der Zeitung lesen –, aber irgendwann muss es im Bereich der Diplomatie und der Außenpolitik auch konkrete Ergebnisse und sichtbare Initiativen geben, zum Beispiel auch was die konkreten Abschlüsse von Rückübernahmeabkommen betrifft. Wann kommt das? Das fragen sich viele. Auch im Regierungsprogramm Ihrerseits hieß es ja – und das ist immerhin schon über zwei Jahre alt –: „Stärkung der Rolle Öster­reichs als Vermittler in internationalen Konflikten im Sinne einer aktiven und engagierten Friedensdiplomatie“. – Ja, das unterstützen wir natürlich mit Nach­druck, Herr Bundesminister – aber wann, wenn nicht jetzt, wäre der Zeitpunkt, dass Sie diese Forderung, die von Ihnen ja ins Regierungsprogramm geschrieben wurde, mit Leben erfüllen?

Ein weiteres Beispiel für Ihre Ankündigungspolitik ist die Klimapolitik. In Ägypten, in Scharm El-Scheich, findet gerade die 27. Weltklimakonferenz statt, und in Ihrem eigenen Programm steht die „Einführung einer Klimabot­schafterin“ oder „eines Klimabotschafters“ im Außenministerium. Was ist das eigentlich für ein Projekt? – Ich als Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses habe diese Botschafterin oder diesen Botschafter noch nicht kennengelernt, es gibt sie noch nicht. Ja, es gibt eine Mitarbeiterin, eine Referatsleiterin, die für das Thema zuständig ist, aber auch da fehlt der kon­krete Plan beziehungsweise die konkrete Umsetzung. Es gibt keine sichtbare Aktivität, die mit personellen Ressourcen hinterlegt ist – die gibt es nicht! Auch das ist schade in diesem Bereich. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich noch auf zwei wirklich aktuelle, brisante außen­poli­tische Themen zu sprechen kommen: Der schreckliche Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine macht uns noch immer wirklich betroffen, bewegt uns alle sehr. Das Gute aber ist: Zuletzt gab es vonseiten der USA wirklich deutliche Signale, diesen Winter endlich für Verhandlungen zu nützen, für Friedens­ver­handlungen zu nützen. Ich hoffe sehr, Herr Bundesminister, dass erstens vonseiten der Europäischen Union, ja, aber auch vonseiten Österreichs – gerade als neutrales Land – wirklich alles getan wird, um endlich einen Waffenstillstand in Europa zu erreichen und in weiterer Folge auch eine tragfähige, nachhaltige Verhandlungslösung zu erzielen. Das wäre mehr als notwendig für die Ukraine, das wäre mehr als wichtig für Europa und für Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe aber auch, gerade in Bezug auf die Ukraine, dass Österreich auch nächstes Jahr seine humanitäre Hilfe weiterhin beibehält, diese weiter geleistet wird. Es ist wichtig, denn dort ist die Not natürlich nicht kleiner geworden.

Lassen Sie mich abschließend noch auf die schreckliche Situation der Frauen im Iran zu sprechen kommen: Ich freue mich, dass es im Außenpolitischen Ausschuss – es war die letzte Ausschusssitzung für heuer, die wir hatten – gelun­gen ist, einen gemeinsamen, überfraktionellen Entschließungsantrag zu verab­schie­den, der in dieser Woche auch auf der Tagesordnung dieses Hohen Hauses stehen wird. Das ist gut, das ist richtig, das ist ein ganz wichtiges Signal.

Die Menschen im Iran, die den Mut haben, gegen die Unterdrückung der Frauen zu protestieren, und die zu Recht eine Aufklärung dieses tragischen und schrecklichen Todes einer jungen Iranerin namens Mahsa Amini nach ihrer Verhaftung fordern, verdienen ein klares, ein lautes, ein mutiges und ein deutliches Zeichen der Solidarität von uns allen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Rössler, Brandstätter und Krisper.)

18.05

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Lopatka. – Bitte.