18.27

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist ja schon angeklungen: Die letzten Monate waren tatsächlich sehr intensiv, und wir wissen alle, dass wir ein sehr schwieriges Jahr vor uns haben. In Wirklichkeit stehen wir einer Vielfachkrise gegenüber: Wir haben Krieg in Europa, wir haben die größte Migrations­­bewe­gung auf unserem Kontinent. Wir sehen, dass diese Krise auch ein Brand­beschleuniger für die humanitäre Situation in vielen Regionen dieser Welt ist, und wir haben einen sehr durchwachsenen Ausblick für die Weltwirt­schaft.

Dazu kommt der Klimawandel, dazu kommt die Energiekrise, dazu kommt die digitale Transformation; also tatsächlich schwierige Perspektiven, aber aus meiner Warte – ich habe es in diesem Haus immer wieder und ja auch schon vorhin im Ausschuss gesagt – besteht kein Grund, sich zu fürchten, kein Grund zu verzagen, denn wenn uns die Pandemie etwas gelehrt hat, dann ist es, dass wir doch resilienter, stärker, flexibler sind, als wir es uns oft selber zutrauen. Genau das ist – wenn man so will – auch die Basis der Politik des Außenministeriums.

Es heißt ja immer, dass Budget in Zahlen gegossene Politik ist, und insofern bin ich natürlich als Ressortleiter sehr stolz und froh, dass wir ein – muss ich sagen – für die Verhältnisse des Außenministeriums sehr beachtliches Plus haben: plus 80 Millionen Euro im Vergleich zum Bundesfinanzrahmengesetz 2022–2025 für das Budget des nächsten Jahres. Das ist das dritte Jahr in Folge, in dem wir ein Plus haben, und es ist das größte Plus, das wir seit vielen Jahren zu verzeichnen haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich glaube, dass es gut investiertes Geld ist, denn wenn wir in den letzten Jahren etwas gelernt haben, dann ist es das, dass unsere Sicherheit, unsere Stabilität, unser Wohlstand nicht erst an der Landesgrenze beginnen. Alle Krisen, die wir hier aufzählen, die hier genannt wurden, liegen außerhalb unserer Landes­grenzen. Daher brauchen wir ein Vertretungsnetz. Für ein Land wie Österreich ist ein effizientes Außenministerium, ein weltweites funktionierendes Vertretungsnetz keine Luxusveranstaltung. Es ist überlebenswichtig, es ist eine Notwendigkeit. Seine Aufgabe als Augen und Ohren, seine Aufgabe als Interessenvertretung, als Frühwarnsystem – diese Aufgaben wird kein anderer Staat, keine andere Organisation für uns übernehmen. Die müssen wir schon selber wahrnehmen.

Während der Pandemie haben wir es erlebt, auch wenn wir die letzten Jahre Revue passieren lassen: den größten Cyberangriff in der Geschichte der Zweiten Republik Anfang 2020, den wir Gott sei Dank erfolgreich abwehren konnten; dann die globale Ausnahmesituation der Pandemie, in der es die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter des Außenministeriums mit einem unglaublichen Einsatz geschafft haben, Tausende Menschen aus allen Ecken und Enden dieser Welt sicher nach Hause zu bringen. Auch bei der Beschaffung von medizinischen Gütern und beim Grenzmanagement haben wir geholfen. (Abg. Kassegger: Das ist nur für die ...!)

Wir alle waren ja in der Nachbarschaft mit völlig neuen Situationen konfrontiert: dass Pendler plötzlich nicht mehr hereinkommen konnten, Güter nicht mehr hereinkommen konnten.

Letztes Jahr die Evakuierung in Afghanistan und jetzt der Krieg in der Ukraine: wieder die Frage der Evakuierung von österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die Einrichtung der Außenstelle in Uschhorod, logistische Hilfe bei unseren sehr umfassenden humanitären Hilfsleistungen, die wir erbracht haben – all das macht im Grunde genommen ein kleines Team.

Deswegen sage ich auch: well invested money, denn das ist ein kleines Budget – das zweitkleinste Budget auf Bundesebene, muss ich betonen – mit einem kleinen Team. Ich finde, es macht Großes.

Das ist nur möglich wegen des Einsatzes – da bin ich auch dankbar, wenn das auch die Damen und Herren Abgeordneten unterstreichen – jeder einzelnen Mit­­ar­beiterin, jedes einzelnen Mitarbeiters des Außenministeriums. Erlauben Sie mir, dass auch ich mich an dieser Stelle diesem Dank anschließe. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)

Wir wissen ja alle – ich habe es schon gesagt –: Die Welt wird ungemütlicher, die Welt wird rauer. Wir werden in Wirklichkeit in Zukunft mehr Außenpolitik und nicht weniger brauchen. Es ist die „Weltinnenpolitik“ – Herr Abgeordneter, da bin ich ganz bei Ihnen –, und wir spüren das ja selber.

Es hieß ja früher in der Chaostheorie: Es fällt in China ein Fahrrad um, und es gibt einen Tornado in den USA. Ähnliches gilt ja auch in der Weltpolitik. Das heißt, auch da müssen wir vorbereitet sein – gerade als kleineres Land, gerade als exportorientiertes Land.

Ja, ich führe eine wertebasierte Außenpolitik. Ich habe das ganz klar gesagt. Ich muss ganz offen sagen, ich habe hier im Außenpolitischen Ausschuss und im Hohen Haus wenige Wochen nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine erstaun­liche Töne gehört, als mir vorgeworfen wurde, dass ich in diesem Konflikt nicht neutral genug sei.

Es kann keine Neutralität geben, wenn unser Lebensmodell, unsere Grundwerte mit Füßen getreten werden, wenn die UN-Charta, die an sich in gewisser Hinsicht unser Schutzmantel ist, über Bord geworfen wird. Da kann ein Land wie Österreich nie neutral bleiben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Vielleicht zum Schluss noch einige Punkte, weil das Budget natürlich, wie es sich gehört, meiner Meinung nach richtige Signale in Richtung Zukunft schickt: Wir hatten eigentlich schon heuer das höchste Budget für die bilaterale Entwick­lungs­zusammenarbeit in der Geschichte des Außenministeriums, das höchste Budget für den Auslandskatastrophenfonds, das heißt, für eine unmittelbare humanitäre Hilfe. Wir werden es nächstes Jahr noch einmal erhöhen: die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit um 12 Millionen Euro, den Auslands­katastrophenfonds um 22,5 Millionen Euro.

Würde man sich mehr wünschen? – Na selbstverständlich kann man sich immer mehr wünschen, aber der Pfeil zeigt eindeutig in die richtige Richtung. Ich glaube, das ist gerade jetzt notwendig, wenn wir wissen, dass viele humanitäre Krisen aufgrund der Energiekrise, aufgrund der gestiegenen Preise und aufgrund der Nahrungsmittelkrise, die wir weltweit erleben, an Intensität zuneh­men.

Ich bin als Außenminister auch sehr froh, dass ich sagen kann, dass ich ein Budget habe, mit dem zum ersten Mal auch wirklich ins System hineininvestiert wird.

Ich denke nur an die 5,7 Millionen Euro für Cybersicherheit und unsere IT. Damit werden wir auch die konsularische Arbeit effizienter gestalten und auch im Ausland sozusagen das digitale Amt verwirklichen können.

1,1 Millionen Euro gibt es für die Arbeit, die mir persönlich sehr wichtig ist und viel Fingerspitzengefühl erfordert: für die Staatsbürgerschaft für die Nach­kom­men der Opfer der Schoah. Das ist besonders wichtig, denn das braucht Personal. Das ist personalintensiv und für mich eine wesentliche Visitenkarte der Republik Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

16 Millionen Euro zum Beispiel für die friedenserhaltenden Operationen, für unsere internationalen Organisationen: Das heißt, Österreich bleibt weltweit verlässlicher Partner.

Die 2,5 Millionen Euro für den Amtssitz wurden von der Frau Abgeordneten schon erwähnt. Auch da kann ich nur sagen und noch einmal unterstreichen: good value for money, denn wenn man sich anschaut, welches Budget die Amtssitzabteilung bei uns hat: Das sind unter 5 Millionen Euro. Die Wertschöp­fung des Amtssitzes aber sind 1,3 Milliarden Euro für die österreichische Wirtschaft, und es werden 19 000 Arbeitsplätze gesichert.

Also da kann ich sagen: Besser investiert als in unsere Amtssitzabteilung könnte Geld gar nicht sein.

Summa summarum: Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung, die ich hier im Hohen Haus erlebe. Ich sehe dieses Budget als ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zu einer aktiven Außenpolitik, zu einer wertebasierten Außen­politik und auch als ein klares Bekenntnis oder ein klares Dankeschön für den Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

18.35

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Martin Engelberg zu Wort. – Bitte.