20.28

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Kollege Amesbauer und die anderen Kollegen, die Sie diesen Antrag unter­schrie­ben haben, Sie sind auf die Verfassung angelobt, und wenn Sie einen Antrag stellen, der zentralen Punkten der Verfassung widerspricht, der zu einem Bruch dieser Verfassung führen möchte (Abg. Amesbauer: Der Grenzübertritt ist auch ein Rechtsbruch, oder?), dann zeigt das nur, wie fanatisch Sie sind und dass sich die FPÖ weit vom Verfassungsbogen entfernt hat. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS sowie bei ÖVP, SPÖ und Grünen. –Abg. Amesbauer: Das machen die Polen, das machen die Balten, das machen die Griechen!)

Herr Innenminister, zum Budget: Wir hatten viele absurde Situationen im Bud­getausschuss mit Ihnen, aber eine war, dass Sie die Attraktivität des Polizeiberufs lobten, während wir darüber sprechen mussten, wie viel Geld Sie ausgeben müssen, um Rekrutierungskampagnen in Boulevardzeitungen zu schalten.

Wenn Sie auf Rekrutierungsprobleme schauen, dann sollten Sie sich einmal fragen: Kann man es als engagierter und aufrichtiger Polizist ohne Partei im Rücken, ohne die richtige Partei im Rücken, in diesem Land zu etwas bringen? Kann man es als Polizistin ohne Partei oder Gewerkschaft – die richtige Partei, die richtige Gewerkschaft – im Rücken mit Engagement und Fleiß auf die Fachhochschule Wiener Neustadt schaffen, um in weiterer Folge als Offizierin im BMI Karriere zu machen? – Nein, kann man nicht! Von den Strasser-Mails über die Kloibmüller-Chats bis zur Gegenwart: Postenkorruption ist im Innenministerium virulent. Selbst während des laufenden ÖVP-Korruptions­unter­suchungsausschusses schreckt die ÖVP nicht einmal davor zurück, und das sogar im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung.

Topqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich nicht politisch ver­einnahmen lassen, werden dort seit Jahren frustriert, bis sie das Amt verlassen. Leiter wird statt der qualifizierten Ex-Mitarbeiter natürlich jemand, der davor unter Innenminister Nehammer freihändig als interimistischer Leiter ausgewählt wurde und dort über zwei Jahre saß, sich aber nicht einmal in dieser Zeit qualifizierte. Das konnten wir uns im U-Ausschuss gemeinsam mit den anwe­sen­den Journalistinnen und Journalisten fassungslos stundenlang anschauen. Gleich danach bekam er die Stelle auf Dauer – während des laufenden U-Aus­schusses. Es wurde also wieder einmal ein nicht kompetenter, aber ÖVP-naher Herr. Ein sehr attraktiver Arbeitsort, das Innenministerium!

Mit diesen Aussichten findet sich schwer das kompetenteste und motiviertes Personal. (Ruf bei der ÖVP: Das hat’s immer gegeben!) Immer mehr müssen wir mit unserem Steuergeld bezahlen, nämlich: Schadenersatz an zu Unrecht – weil besser qualifiziert – Unterlegene. Korruption kostet nämlich auch Steuergeld. Wenn das so weitergeht, haben wir früher oder später auf der Straße eine unterbesetzte Polizei, die ihren staatlichen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann, darüber eine aufgeblähte politisierte Verwaltung, in der die parteinahen und besten Vernetzten sitzen statt jene, die wirklich Führungsqualität und Kompetenz haben, und auf der obersten Ebene ist es zappenduster.

Was diese gebündelte Inkompetenz anrichtet, sehen wir jetzt schon beim Asylwesen; Kollege Bürstmayr hat es ausgeführt. Bereits letztes Jahr habe ich hier gesagt, bei der Grundversorgung von Asylwerberinnen und Asylwerbern zeichnet sich ein Managementversagen ab; vor einem Jahr habe ich das hier gesagt. Letztes Jahr wiesen wir darauf hin, dass die Verteilungsproblematik, die Unterbringungsproblematik katastrophal ist, und forderten Ihren Vorgänger auf, die säumigen Länder endlich in die Pflicht zu nehmen. Aber Sie nehmen Ihr Mantra, dem klaren Weg Ihres Vorgängers konsequent nachzugehen, wirklich sehr ernst. Nun stehen Zelte, und Asylwerber sind in irgendwelchen Hallen tagelang ohne hygienische Maßnahmen in der Kälte untergebracht.

Dieses Versagen schadet nicht nur den Schutzsuchenden, den Polizistinnen und Polizisten, die dadurch inakzeptable Einsätze zu erledigen haben, sondern es ist auch ein totales Fail, weil budgetär eine Belastung, die es nicht bräuchte. Die teure Bundesbetreuung, weil die Länder nicht übernehmen, verursacht knapp 4 Millionen Euro Mehrkosten pro Monat. Für leer stehende Einrichtungen zahlen wir nur ein paar Zehntausende Euro, das ist ja eh nichts – aber unfassbar absurd! Millionen hätten demnach laut Rechnungshof seit 2015 eingespart werden können.

Aber die ÖVP nimmt das in Kauf und fuhrwerkt weiter im Innenministerium. Sie beglückt die eigenen Leute mit Auftragsvergaben und missbraucht das Ministe­rium für ihr Parteiinteresse.

Zuerst die Auftragsvergaben: Da hat man früher völlig ungeniert einfach Aufträge an Unternehmen mit direkter Beteiligung von ehemaligen Kabinettsmitarbei­tern vergeben. Seit dem Korruptions-Untersuchungsausschuss 2011 wurde man nur subtiler und geschickter in der Korruption. Jetzt wird über undurchsichtige Firmenkonstrukte versucht, die wahren wirtschaftlichen Nutznießer intrans­parent in der Auftragsvergabe zu verschleiern. Gutes Geld machen aber in Wah­rheit wieder genau dieselben Herrschaften.

Warum das jetzt nicht die Besten sind? – Nun, wie können die die Besten sein, denen Firmen gehören, die dann für die IT-Sicherheit unseres Verfassungs­schutzes, der DSN, arbeiten, die nachweislich Kontakte, beste Kontakte zu Marsalek und russischen Firmen haben?

Und auch sonst kommen statt der besten, effizientesten Dienstleister und Lieferanten weiterhin zu oft vielmehr die zum Zug, die politisch mit Ihrem Haus, mit der Strasser- und Sobotka-Tradition der ÖVP Niederösterreich im BMI bestens vernetzt sind. Was die kosten, was die wirklich leisten, ist Ihnen, wie auch Ihren Vorgängern am Ende egal, es ist ja nur das Geld der Steuerzahlerin­nen und Steuerzahler, das Sie oben einfüllen.

Bei den Förderungen gilt genau dasselbe. Wir erinnern uns: Im U-Ausschuss ist das zutage getreten, dass hier wieder ÖVP-nahe Konstruktionen bedient werden, bis hin zu Herrn Spindelegger, dessen Verein für einen einzigen Rück­kehrer fast 300 000 Euro erhielt.

Das bringt mich zum letzten Akt der Korruption: Missbrauch des Ressorts für die ÖVP-Parteiinteressen. Ihre teuren Antimigrationskampagnen in den Herkunfts­ländern können Sie nicht begründen – Migrationsexpertinnen und -experten betrachten das sowieso mit Skepsis –, wir wissen nämlich von früheren Kampag­nen, dass die lediglich zwanzigmal pro Tag gesichtet wurden. Auf meine Frage, wie Sie trotz aller ideologischer Unterschiede die Sinnhaftigkeit der Kampagne evaluieren wollen, unterstellten Sie mir im Budgetausschuss, ich wolle Ihre Beamtin­nen und Beamten nach Indien schicken.

So wird das eigene Versagen immer wieder durch mangelnde Transparenz kaschiert. Apropos Transparenz: Wenn die Regierung unserer jahrelangen Forderung, endlich Fachausschüsse öffentlich zu machen, nachgekommen wäre, könnte sich die Bevölkerung selbst ein Bild machen; auch von Ihrem Ver­halten, Herr Innenminister, das mit Verlaub alles andere als ministrabel war. (Bei­fall bei den NEOS.)

20.36

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Herr Bundesminister Mag. Gerhard Karner zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Bundesminister.