10.52

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Herr Minister, mir hat Ihre Rede, in der Sie den Zusammenhalt beschworen und gesagt haben, dass dieser für eine Gesellschaft wichtig ist, gefallen. Das ist im Hinblick auf die Sozialpolitik eine gute Sache. Ein bisschen nachdenklich macht aber, wenn der Klubobmann des Koalitions­partners die Menschenrechte in Diskussion bringt.

Wie schaut denn Ihre Sozialpolitik aus? Was bedeutet denn das? Ihr als Bundesregierung seid angetreten und habt gesagt, ihr wollt die Armut halbieren. Herr Bundesminister, wenn die Bundesregierung die Armut halbieren will, dann müsste sie hergehen und mutig sein. Sie müsste zum Beispiel in den Markt eingreifen und die Preise reduzieren. Herr Bundesminister, Sie können wenig dafür, aber das hat die Bundesregierung schlicht und einfach nicht gemacht, und deshalb werden die Menschen ärmer. Sie können sich die Strompreise, die Gaspreise und das Heizen nicht mehr leisten, und das hat sehr viel mit Sozial­politik zu tun. (Abg. Kühberger: Der Strompreisdeckel kommt am 1. Dezember, ganz viele Maßnahmen haben wir ...!) Die ÖVP hat offenbar nicht verstanden, dass man mit Einmalzahlungen Probleme nicht langfristig lösen kann und dass Armut ein größeres Thema ist. (Abg. Kühberger: Die kalte Progression ist keine Einmalzahlung!)

Herr Bundesminister, schauen wir uns die Budgetzahlen und die Wirkungsziele an! Ihr selbst habt zugegeben, dass die Armut in den letzten drei Jahren gestie­gen ist. Ihr habt lauthals verkündet, die Armut zu halbieren, und müsst jetzt zugeben, die Armut in Österreich ist, während eine schwarz-grüne Regierung im Amt war, gestiegen.

Herr Bundesminister, ich sage ganz deutlich: Ihr seid schon drei Jahre in der Regierung, fünf Jahre habt ihr, und ihr wollt die Armut halbieren, das heißt, im vierten Jahr eures Regierens müsste es eigentlich im Budget so richtig knallen, da müsste sich etwas abspielen. Dass man jetzt endlich beginnt, die Armut zu halbieren, sehe ich aber in diesem Budget keinesfalls. Das Gegenteil ist der Fall: Die Zahl der armutsgefährdeten Menschen ist leider größer geworden. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „jährliche Erstellung eines Berichts über Entwicklung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat jährlich einen Bericht über Entwicklung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich zu übermitteln. Der erste Bericht soll bis 30.April 2023 vorgelegt werden und den Zeitraum der letzten 5 Jahren erfassen, sowie gezielt Vorschläge für Maßnahmen zur Verrin­gerung von Armut und Armutsgefährdung enthalten.“

*****

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich glaube, dass es wichtig ist, sich mit dem Thema Armut auseinanderzusetzen, die Strukturen darzulegen, um zu sehen, wie wir die Armutsgefährdung vor allem von besonders gefährdeten Personen­grup­pen verringern können.

Ich stehe nicht an, zu sagen, dass einige Beispiele durchaus positiv sind, das muss man anerkennen, zum Beispiel die Tatsache, dass man die Sozialleistungen aliquotiert. Schade, dass das Arbeitslosengeld nicht dabei ist, aber man muss anerkennen, dass das gemacht worden ist, das ist okay. Wir müssen aber auch die strukturelle Arbeitslosigkeit in diesem Land beenden, deshalb ersuche ich um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag. (Beifall bei der SPÖ.)

10.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé,

Genossinnen und Genossen

betreffend jährliche Erstellung eines Berichts über Entwicklung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 21

Armut ist keine Frage des Verzichts. Armut ist ein von außen aufgezwungener Mangel. Sie bewirkt eine Einengung bis hin zu dramatischen Situationen, wo es keinen Handlungsspielraum mehr gibt, keine Entscheidungen mehr möglich sind. Die Betroffenen können die Wohnung nicht angemessen warmhalten, geschweige denn unerwartete Ausgaben tätigen. Außerdem sind arme Menschen häufiger krank und müssen oft in überbelegten, feuchten, schimmligen Wohnungen leben. Armut macht einsam und nimmt Zukunft.

In Österreich ist Armut in den letzten Jahren gestiegen statt gesunken. Geschuldet teilweise einer nicht armutsfesten Sozialhilfe, die Höchstleistungen statt Mindest­leistungen vorgibt, einer hohen Arbeitslosigkeit mit einem Arbeitslosengeld, das nicht mehr zur Existenzsicherung ausreicht, übertrieben hohen Wohnkosten, die sich viele einfach nicht mehr leisten können, einer Teuerungskrise, die viele Menschen hungrig schlafen gehen lässt und einer Regierung, die wegschaut, statt hinzusehen.

Die Statistik spricht von Armut und sozialer Ausgrenzung, wenn geringes Einkommen auch mit Einschränkungen in zentralen Lebensbereichen verbunden ist.

Als Einkommensarmutsschwelle werden 60 % des Median-Pro-Kopf-Haushalts­einkommens definiert: das sind derzeit 1.328 Euro für einen Einpersonenhaushalt (EU-SILC 2020 – Stand 2021). Die meisten Einkommen armer Menschen liegen allerdings weit unter dieser Schwelle, so haben rund 300.000 Menschen nicht mehr als 600 Euro zur Verfügung.

Ein gut ausgebauter Sozialstaat, der Österreich ohne Zweifel ist, muss Lösungen für die Bekämpfung von Armut entwickeln. Um diese wirklich zielgerichteten Lösungen anzugehen, braucht es Zahlen, Daten und Fakten, die erhoben, beziehungsweise zusammengeführt werden müssen. Dazu sollte ein eigener Bericht über Entwicklung und Ursachen für die doch hohe Armutsgefährdung in Österreich erstellt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat jährlich einen Bericht über Entwicklung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich zu übermitteln. Der erste Bericht soll bis 30.April 2023 vorgelegt werden und den Zeitraum der letzten 5 Jahren erfassen, sowie gezielt Vorschläge für Maßnahmen zur Verringerung von Armut und Armutsgefährdung enthalten.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Ich darf die HAK Eferding recht herzlich bei uns begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte.