12.31

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten zu Hause! Herr Bundesminister! Es ist jetzt schon viel über die ärztliche Versorgung gesagt worden: dass sie leistbar bleiben muss, Kollege Saxinger hat gesagt, es darf keine „Vollkaskomentalität“ herrschen. Ich denke, er hat hoffentlich auch gemeint, dass die medizinische Versorgung für jedermann zugänglich sein soll, ob das ein Bauarbeiter ist oder ein Großindustrieller, und das auch mit der E-Card und nicht mit der Kreditkarte. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister, Sie haben es bereits gesagt: Ja, es gibt andere Ansprüche der Ärztinnen und Ärzte, die jung sind, die ausgebildet sind. Sie haben die Primärversorgungszentren genannt. Wir unterstützen diese auch, leider wer­den – unter Anführungszeichen – „nur“ 25 Millionen Euro für neue Primär­versorgungszentren zur Verfügung gestellt. Wir brauchen 1 450 Ärzte pro Jahr, die neu ausgebildet sind, um den Status quo zu erhalten. Wir bekommen pro Jahr circa 840 Ärztinnen und Ärzte, die frisch ausgebildet sind. 16 000 junge Menschen bewerben sich jedes Jahr für einen Medizinstudienplatz und nur 1 850 Menschen bekommen auch einen, wie 2022 gezeigt hat.

Wir brauchen insofern eine Verdoppelung der Studienplätze, um den Bedarf auch abdecken zu können, und wir müssen eines tun: das Studium daran koppeln, dass die frisch Ausgebildeten dazu verpflichtet werden, im öffentlichen Gesundheitswesen tätig zu sein. Sogar die niederösterreichische Landeshaupt­frau Mikl-Leitner hat diesen Vorschlag von uns übernommen. Ich weiß nicht, ob sie es richtig ernst nimmt, ob es nicht nur ein Wahlkampfgeplänkel war, denn sonst hätten wir ja schon einen dementsprechenden Antrag der ÖVP. Gerade Niederösterreich würde von einer Verdoppelung der Ausbildungsplätze für Ärztinnen und Ärzte profitieren.

Kollege Stocker wird es vielleicht interessieren, nur ein paar Artikel aus der Presse, aus dem heurigen Jahr: Die „NÖN“ schreibt von einem akuten Personalmangel im LKH Wiener Neustadt; weiters die „NÖN“: So krank ist das Krankenhaus Wiener Neustadt; wiederum die „NÖN“: „Landesklinikum Horn: ,Mitarbeiter sind über Limit‘“; die „Kronen Zeitung“ schreibt: „Mehrere Spitäler in NÖ nur noch im Notbetrieb“ – also überall dort, wo die ÖVP alleine das Sagen hat. Deswegen unterstützen wir sie. Überall dort, wo die ÖVP alleine das Sagen im Gesundheitswesen hat, geht es eigentlich den Bach hinunter. (Zwischenruf des Abg. Schmidhofer.)

Deswegen bringe ich auch einen entsprechenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verdoppelung der Medizinstudienplätze im Kampf gegen den Ärztemangel“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, endlich Maßnahmen gegen den Ärztemangel umzusetzen. Insbesondere müssen die Medizinstudienplätze verdoppelt und den Universitäten das entsprechende Budget zur Verfügung gestellt werden. Die Aufnahmekriterien zum Studium müssen verändert werden. Vor allem die Verpflichtung, nach der Ausbildung im öffentlichen Gesundheits­wesen für einige Jahre tätig zu sein, muss für die Erlangung eines Studienplatzes ein gewichtiger Faktor sein.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Mag.a Andrea Kuntzl,

Genossinnen und Genossen

betreffend Verdoppelung der Medizinstudienplätze im Kampf gegen den Ärztemangel

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­vor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 24

Lange Zeit galt der Ärztemangel als vergleichsweise kleine Bedrohung. Im inter­nationalen Vergleich nämlich schien es, als verfüge Österreich über ausreichend Mediziner, um nicht in eine gefährliche Mangelversorgung zu rutschen. Das erweist sich allerdings als Trugschluss.

Der Ärztemangel ist ein Problem, das nicht nur wegen geringer Ärztezahlen entsteht, sondern vor allem aus der Altersstruktur und der Teilzeitquote resultiert. In Österreich zeigt sich, dass über 30 Prozent der Mediziner bereits in einem Jahrzehnt in Pension gehen könnten. Im Bereich niedergelassener Ärzte gilt dies sogar für nahezu jeden zweiten. Auf diese Weise entstehen Lücken, die der Nachwuchs nicht füllen kann.

Wir brauchen pro Jahr mindestens 1.450 Ärzt*innen (um Status quo zu erhalten), wir haben aber nur 840. Es gäbe genug, man muss sie nur lassen: Rund 16.000 junge Menschen wollen pro Jahr Ärzt*innen werden, nur 1.850 bekamen 2022 einen Studienplatz.

Wir in Zukunft nicht weniger, sondern mehr Ärzte brauchen. Es müssen daher auch mehr Ärzt*innen ausgebildet werden. Daher ist es erforderlich, die Medizin­studienplätze zu verdoppeln. Dazu muss die Bundesregierung den Universitäten die entsprechenden finanziellen Mittel einräumen.

Aber auch die Aufnahmetests für das Medizinstudium müssen evaluiert werden. Das Aufnahmeverfahren muss auch andere Kriterien, als die eines guten Wissens in Biologie, Chemie, Physik und Mathematik, Lesekompetenz und Textverständnis sowie kognitive Fertigkeiten berücksichtigen. Beispielsweise soziales Engagement oder die Verpflichtung nach der abgeschlossenen Ausbildung zumindest einige Jahre im öffentlichen Gesundheitswesen tätig zu sein.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, endlich Maßnahmen gegen den Ärztemangel umzusetzen. Insbesondere müssen die Medizinstudienplätze verdoppelt und den Universitäten das entsprechende Budget zur Verfügung gestellt werden. Die Aufnahmekriterien zum Studium müssen verändert werden. Vor allem die Verpflichtung, nach der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitswesen für einige Jahre tätig zu sein, muss für die Erlangung eines Studienplatzes ein gewichtiger Faktor sein.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.