12.37

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, wenn man sich das Gesundheitskapitel ansieht, dann sieht man: Das sind keine großen Würfe, keine langfristigen Perspektiven, sondern gerade genug Ankündigungen, damit sich niemand über den Stillstand im Land aufregt. Kurz gesagt: Weiterwurschteln wie bisher und hoffen, dass man die Suppe nicht mehr selber auslöffeln muss.

Fakt ist, meine sehr geehrten Damen und Herren: Dieses Budget liefert schlicht und einfach keine Antworten auf die Krisen, vor denen wir im Gesundheits­bereich stehen. Und wichtiger noch: Es leistet nichts dafür, endlich für Gerech­tigkeit im Gesundheitssystem zu sorgen. (Beifall bei der SPÖ.)

Schauen wir uns doch nur die Ärzt:innenversorgung an! Wir erleben eine immer größere Verschiebung weg von den Kassenärzt:innen hin zu den Privatärzt:in­nen. Die Regierung schaut aber tatenlos zu, wenn eine der Grundaufgaben unseres Staates immer schlechter erfüllt wird, nämlich ein gutes Gesundheits­system für alle Menschen, unabhängig vom Wohnort und Einkommen. (Beifall bei der SPÖ.) Immer mehr unserer Mitbürger:innen müssen monatelang auf einen Arzttermin warten, eben nur, weil sie nicht genug für einen Wahlarzt auf den Tisch legen können. Das ist schlicht und einfach nicht zu akzeptieren.

Wegschauen und nur ja keine Lösungen bieten – dieses Muster setzt sich fort, wenn wir uns die medizinische Versorgung am Land anschauen. Nicht für jeden Menschen ist ein Arzt oder ein Krankenhaus nur ein paar U-Bahn-Stationen entfernt. Von meiner Haustür zum nächsten LKH brauche ich mit Glück 45 Minuten mit der Rettung, und ich bin froh, dass wir nach vielen Anstrengun­gen und enormen Investitionen seit Kurzem wieder einen Hausarzt in unserer eigenen Gemeinde ansiedeln konnten. Dieses Glück haben aber immer mehr Menschen gerade am Land eben nicht. Da reden wir nicht nur von den Hausärzt:innen, wir reden von Fachärzt:innen, Notärzt:innen, Kinderärzt:innen, Psychiater:innen. Ein funktionierendes Gesundheitssystem hat sicherzustellen, dass genau diese Leistungen wohnortnah und kostenlos zur Verfügung stehen, und zwar für alle, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Genau deshalb brauchen wir deutlich stärkere Investitionen in Primärversor­gungs­zentren. Wir brauchen mehr Geld und mehr Ressourcen, und wir brauchen endlich die Möglichkeit, dass auch andere Berufsgruppen solche Primärver­sor­gungszentren einrichten und dabei ausreichend unterstützt werden.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „flächendeckender Ausbaus der Primärversorgung in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, die Errichtung von Primärversorgungseinheiten zu forcieren und zu erleichtern indem auch andere Gesundheitsberufe solche errichten können und mit entsprechenden zusätzlichen finanziellen Mittel zu unterstützen. Dabei soll auch darauf geachtet werden, dass Primärversorgungs­einheiten verstärkt auch in ländlichen Gebieten zur besseren Versorgung der Bevölkerung errichtet werden.“

*****

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wenn wir schon von Gerechtigkeit im Gesundheitsbereich reden, dann reden wir auch von Gerechtigkeit für die Held:innen der Coronakrise, von Gerechtigkeit für unsere Einsatzorganisationen! Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung nämlich ganz bewusst auf die Sanitäterinnen und Sanitäter sowie die Zivildiener vergessen, als es um die Auszahlung des Coronabonus ging. Jene Menschen, die unter Einsatz ihrer eigenen Sicherheit unser Gesundheitssystem am Laufen gehalten haben, sind leer ausgegangen. Herr Bundesminister, genau deshalb haben mehr als 50 000 Menschen dafür unterschrieben, auch für diese Held:innen unserer Einsatzorganisationen endlich für Gerechtigkeit zu sorgen.

Herr Bundesminister, es ist höchste Zeit, dass Sie diesen Menschen endlich das geben, was ihnen zusteht! (Beifall bei der SPÖ.)

12.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher,

Genossinnen und Genossen

betreffend flächendeckender Ausbaus der Primärversorgung in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 — BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 24

Im Zusammenhang mit der Beseitigung von Versorgungsmängel ist die im Regierungsprogramm und der Recovery and Resilience Facility (RRF) angekündigte – aber bisher nur unzureichend umgesetzte– wohnortnahe Primärversorgung ein zentraler Schlüssel.

Die hohe Fokussierung der Gesundheitsversorgung auf Ärzt*innen, soll dabei mit multidisziplinären Teams und nicht-ärztlichen Berufen (Psychotherapie, Diätolog*innen, Pflegekräfte) durchbrochen werden.

In diesem Zusammenhang besteht ein Novellierungsbedarf des Primärversor­gungsgesetz (PrimVG), damit auch nicht-ärztliche Gesundheitsberufe Primärversorgungseinheiten gründen können. Im Mittelpunkt sollten immer die Patient*innen stehen („Das Team um die Patient*innen“).

Aus den RRF-Mitteln werden insgesamt 100 Mio. Euro für Primärversorgungszentren bzw. -einheiten zur Verfügung gestellt. 25 Mio. Euro werden im Jahr 2023 aufgewendet. Im Rahmen der Wirkungsziele beträgt die Zielvorgabe 75 Primärversorgungszentren, wobei die Vorgabe ab 2024 im Zuge der neuen Finanzausgleichsverhandlungen bestimmt wird.

In den Ländern sind allerdings bis zum Jahr 2025 insgesamt 133 Primärver­sor­gungs­einheiten geplant. Diese Ambition sollte vom Bund mit entsprechenden Anschub­finanzierungen über die RRF-Mittel hinausgehend unterstützt werden. Ebenfalls muss dafür Sorge getragen werden, dass Primärversorgungseinheiten auch im ländlichen Gebieten entstehen, damit der Ausdünnung mit Gesundheitsversorgung in diesen Teilen des Landes entgegengewirkt wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, die Errichtung von Primärversorgungseinheiten zu forcieren und zu erleichtern indem auch andere Gesundheitsberufe solche errichten können und mit entsprechenden zusätzlichen finanziellen Mittel zu unterstützen. Dabei soll auch darauf geachtet werden, dass Primärversorgungseinheiten verstärkt auch in ländlichen Gebieten zur besseren Versorgung der Bevölkerung errichtet werden.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Alexandra Tanda. – Bitte.