18.40

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, da wird jetzt viel über Geld geredet. Ich stehe jetzt den zweiten Tag unter dem Eindruck dieser Budgetverhandlungen und unter dem Eindruck des sich Hinauflizitierens, wofür wir jetzt noch mehr Geld ausgeben, wofür noch mehr zur Verfügung steht. Also das Geld ist ja geradezu abgeschafft.

Wir nehmen unseren Steuerzahlern 115 Milliarden Euro weg und kommen mit diesem vielen Geld trotzdem nicht aus – also nicht wir, sondern Sie als Bun­des­regierung – und machen weiter: 17 Milliarden Euro Defizit. Auch da wird gefordert: mehr Geld, mehr Geld, mehr Geld. Ich bin überzeugt davon, dass das nicht das wirkliche Problem ist, sondern das wirkliche Problem ist meines Erachtens, dass das Bildungs- und Wissenschaftsministerium – ich rede jetzt vom tertiären Bereich, also dem Wissenschaftsbereich für die Universitäten, Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen – seine Aufgabe nicht wahrnimmt. Aus meinem Selbstverständnis müsste das Wissenschaftsminis­terium genau diese strategische Führungs- und Leitungsinstanz sein, die vielleicht nicht unbedingt Visionen hat, aber doch zumindest (Abg. Brandstätter: Ideen!) Ideen, Strategien hat, diese entwickelt, vorgibt, damit Sicherheit schafft, Perspektiven schafft, Vertrauen schafft. Nichts von dem stelle ich hier fest.

Da geht es um kleine Streitereien, um 150 Millionen Euro dort – oder nicht –, um 1,2 Millionen Euro da. Es geht um Streitereien mit der Rektorin der Technischen Universität Wien, die sagt: Wir brauchen in den nächsten zwei Jahren 1,2 Milliarden Euro! – Sie sagen: Sie brauchen nur 800 Millionen Euro, und von den 800 nehmen Sie einmal 300 aus Ihrer eigenen Rücklage! – Drei Tage später sagen Sie: Wir brauchen jetzt doch 150 Millionen Euro mehr, also 950! – Das ist alles sprunghaft, auf der operativen Ebene schlecht gemacht, hat mit Strategie nichts zu tun.

Sie sollten sich damit beschäftigen, sich etwa Gedanken über den tertiären Bereich zu machen: Was sind die Aufgaben der Universitäten? Was sind die Aufgaben der Fachhochschulen? – Da gibt es unheimlich unterschiedliche Zugänge, Stichwort: Das eine sind Bildungseinrichtungen, das andere sind Ausbildungseinrichtungen, und Bildungseinrichtungen dienen einmal prioritär nicht der Deckung des Bedarfs der Wirtschaft. Das machen die Fachhochschulen als Ausbildungseinrichtungen. (Abg. Taschner: Na ja, die Medizinunis - -!)

Dann geht es auch darum – das haben wir Freiheitliche leider erfolglos im Rahmen unserer Regierungsbeteiligung angehen wollen –, dass die Universitäten und technischen Universitäten ein Profil entwickeln. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Wo ist die TU Graz besonders gut, wo die TU Wien? Und nicht 22‑mal den Bauchladen! Wenn Sie sich diese Gedanken gemacht hätten, dann wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit so ein Konstrukt wie das Institute of Digital Science Austria in Linz nicht zustande gekommen, denn das passt so überhaupt nicht in die Landschaft. Wir haben eine TU München, wir haben eine TU Wien, wir haben eine TU Graz: hervorragende technische Universitäten.

Das heißt, hier kommt nichts von Ihnen. Sie sind ja nicht einmal in der Lage, eine echte Studienplatzfinanzierung auf die Beine zu stellen. Auch das wurde von uns Freiheitlichen angestoßen, gefordert im Rahmen der Regierungsbeteiligungen 2018. Jetzt sagt mir Sektionschef Pichl: 2022 haben wir jetzt einmal die ersten Zahlen, damit wir überhaupt feststellen können, wie viel so ein Studienplatz kostet! – Also Sie segeln da ja vollkommen im Nebel herum! Diese Feststellung ist aber eine Conditio sine qua non, um überhaupt einen ressourceneffizienten Umgang mit den Steuergeldern zustande zu bringen!

Es wird immer nur über den Input geredet, niemand redet über den Output. Wir wissen doch, dass insbesondere unser tertiärer Bereich ein Riesenproblem mit genau dieser Relation hat, die nicht stimmt, die nicht optimal ist. Wir haben riesige Inputs, und wenn wir uns die Outputs anschauen, ich sage nur Stichwort Innovation Scoreboard et cetera, sehen wir, dass wir seit Jahrzehnten bei den Followern sind. Da passt doch irgendetwas nicht zusammen. Um Effizienz und Effektivität feststellen und messen zu können, braucht man das entsprechende Instrumentarium. Nichts davon ist in Ihrem Ministerium vorhanden.

Das würde uns dann auch in die Lage versetzen, eine ordentliche Finanzierung für die Universitäten nach einem dreistufigen Modell, nämlich Lehre – dann wissen wir genau, was die Lehre kostet –, Forschung – diese wäre wesentlich kompetitiver auszugestalten – und Infrastruktur aufzubauen, ein Steue­rungs­instrument. Da kriegen wir dann das Optimum von dem heraus, was wir an Steuergeldern hineinstecken. Nichts davon bringen Sie hier als an sich zustän­dige strategische Organisationseinheit zusammen.

Ich möchte mit den Fachhochschulen schließen: Das ist ja schon fast eine Satire. Die Fachhochschulkonferenz hat im Jänner 2022 ein ganz klares Forderungs­programm aufgestellt, und da stehen keine Grauslichkeiten drinnen, sondern die Notwendigkeiten für den Fachhochschulsektor, der ja seit ungefähr 30 Jahren eine Erfolgsgeschichte ist und, das wollen wir, auch eine Erfolgsgeschichte bleiben soll; aber mit so einer strategischen Führungsinstanz, wie Sie es hier als Minister, als Ministerium darstellen, wird das schwierig, weil Sie nicht einmal in der Lage sind, rechtzeitig eine Fachhochschulentwicklung zum Finanzierungsplan zur Verfügung zu stellen.

Jetzt haben wir Ende 2022. Wir kennen die Vorlaufzeiten auf den Fachhoch­schulen zur Planung von Studiengängen, zur strategischen Planung. Das sind doch nicht ein paar Monate! Nach Ihrem Plan findet jetzt, nachdem im Mai 2022 ein Kick-off-Meeting stattgefunden hat und dann offensichtlich monatelang nichts passiert ist, ein Stakeholdertreffen im ersten Quartal 2023 statt (Abg. Steinacker: ... überhaupt noch Redezeit?), das heißt, es sind nur wenige Monate. Die Fachhochschulen brauchen aber dringend eine Guidance, was ab Sep­tem­ber 2023 passiert. Jetzt werden Sie sagen: Da helfen wir ihnen mit den Rücklagen aus! – Das hat doch mit Planbarkeit und Verlässlichkeit und Vertrauen nichts zu tun!

Diese Rücklagen spielen überhaupt im gesamten Budget eine unrühmliche Rolle. Wir haben 17 Milliarden Euro Rücklagen, das heißt Gelder, die nicht verbraucht wurden. Das heißt aber gar nichts, die sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, wenn der Herr Finanzminister das nicht genehmigt. Andererseits sitzen wir hier und beschließen ein Budget mit einer Blackbox, die 26 Milliarden Euro groß ist, fast ein Fünftel des Budgets, nämlich 17 Milliarden Euro Rücklagen und 9 Milliarden Euro Überschreitungsermächtigungen für die Minister, wo wir überhaupt keinen Zugang haben. Also da stellt sich mir schon grundsätzlich die Frage, inwieweit das wichtigste Recht des Parlaments, nämlich die Budgethoheit, überhaupt noch gewährleistet ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich schweife aber jetzt schon ein bisschen ab. Bleiben wir bei den Fachhoch­schulen: Ich sollte jetzt einen Entschließungsantrag einbringen, der liegt aber auf meinem Tisch, und ich würde Erwin bitten, mir den in Windeseile zu geben. (Abg. Angerer überreicht Abg. Kassegger erwähnten Antrag.) – Vielen Dank.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ausreichende Finanzierung der Fachhochschulen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, die Finanzierung der Fachhochschulen dauerhaft und langfristig planbar sicherzustellen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ. – Abg. Martin Graf: Das war die beste Rede des Tages!)

18.48

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend ausreichende Finanzierung der Fachhochschulen

eingebracht in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. November 2022 im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran-schlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG31

Die Förderung des Bundes für den Fachhochschulsektor erfolgt auf Basis der Studienplatzbewirtschaftung nach dem Normkostenmodell. Je nach inhaltlicher Ausrichtung gibt es einen Fördersatz zwischen 7.667 und 9.735 Euro.

Die Fördersätze wurden erstmalig 2009, dann 2015 und zuletzt 2021 erhöht. Zurzeit beträgt der nominelle Fördersatz 8.366 Euro (1993: 6178 Euro). Laut Berechnung der Fachhochschulkonferenz (FHK) beträgt die Lücke zwischen Anpassung der Fördersätze und der Indexierung des Tariflohns 44,24 Prozent bzw. 3701,43 Euro. Stand 2021.

Inzwischen sind wir bei einer Inflation von über 10 Prozent und trotzdem wurde eine neuerliche Erhöhung der Fördersätze für das kommende Studiensemester 2022/23 von den Regierungsparteien abgelehnt.

Die Zusage einer Erhöhung von 10 Prozent ab 1. Jänner 2023, die im Budgetab­schuss gemacht wurde, kommt ersten sehr spät und zweitens deckt diese nur den halben Inflationsverlust ab. Eine dauerhafte und langfristig planbar Finanzierung schaut anders aus.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung werden aufgefordert, die Finanzierung der Fachhochschulen dauerhaft und langfristig planbar sicherzustellen.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Kaufmann. – Bitte.