10.05

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Ich habe Ihnen vorhin, als Sie über das Familienbudget gesprochen haben, gut zugehört. Ich muss sagen, ich glaube, es gibt da ein großes Miss­verständnis. Sowohl Sie als auch Kollege Sieber, der Familiensprecher der ÖVP, stellen sich hier im Plenum dar, als wären Sie der Robin Hood der Familien, derjenige, der den Reichen nimmt und den Armen, den Familien, die besonders belastet sind, gibt. Dabei vergessen Sie eines: Sie nehmen den Familien vorher das Geld, das Sie ihnen nachher zurückgeben.

Das kann man auch wirklich gut darstellen. Nehmen wir zwei Staaten, die in keinster Weise dafür bekannt sind, dass sie einen heruntergewirtschafteten Sozialstaat haben: Norwegen und Belgien. In beiden Ländern hat man ungefähr das gleiche Einkommen, also der Arbeitgeber hat die gleichen Kosten bei einer Vollzeitbeschäftigung, 58 000 Euro wären das. In Norwegen erhält der Arbeitnehmer, bei gleichen Kosten für den Arbeitgeber, im Jahr 4 000 Euro mehr und in Belgien sind es 6 500 Euro mehr, einfach weil es geringere Lohnnebenkosten und geringere Steuern gibt.

Was Österreich macht, ist nichts anderes, als durch hohe Steuern hohe Budgets zu verursachen und dann auch 8 Milliarden Euro für die Familien auszugeben. Sie nehmen es vorher den Familien, geben es ihnen nachher zurück und spielen Robin Hood.

Wenn man aber eine Figur suchen müsste, die für die ÖVP passend wäre, dann wäre es nicht Robin Hood, sondern eher der Sheriff von Nottingham. (Die Abgeordneten Wöginger und Steinacker: Der sitzt in Wien!) Wenn man das nach­schlägt, sieht man, der hat, ich will nicht sagen etwas Tyrannisches, aber er wird mit maßloser Steuerpolitik assoziiert.

Zu dem, dass Sie zuerst die Familien auspressen und es ihnen nachher zurück­geben, kommt dazu, dass Sie tatsächlich sehr ambitionslos sind. Ich habe mir das Budget im Detail angeschaut: Worum geht es denn im Familienbud­get? – Es geht darum, dass man eine wirkliche Wahlfreiheit schafft, meine Kollegin Brandstötter hat das vorhin auch schon gesagt, dass Männer und Frauen in einer Familie, aber auch Alleinerziehende wirklich die Wahlfreiheit haben, ihr Leben in ihrer Elternrolle und in ihrer Rolle in der Gesellschaft und Wirtschaft selbst zu gestalten.

Das klappt aber nur, wenn ausreichend Geld verfügbar ist und wenn ausreichend Kinderbetreuung und ausreichend Väterbeteiligung verfügbar ist. Schauen wir uns an, wie Sie als Ministerin die Ziele vorgeben; ich möchte nur zwei hervor­heben, damit man sich das als Zuhörer:in oder Zuseher:in auch einmal ganz klar vorstellen kann: Wir hatten im Jahr 2022 bisher eine Väterbeteiligung von 29,83 Prozent. Das heißt aber nur, mindestens einen Tag in der gesamten Zeit war ein Vater auch wirklich zu Hause. Was setzt man sich für ein Ziel für das nächste Jahr? – Im nächsten Jahr soll der Anteil von 29,83 Prozent auf 30 Prozent steigen. Diese 0,13 Prozent zeigen die Ambitionslosigkeit, die im Budget niedergeschrieben ist. (Beifall bei den NEOS.)

Wenn wir von einer Wahlfreiheit sprechen – und nicht nur an eine faire Aufteilung zwischen den Müttern und den Vätern in der Elternschaft denken –, dann sprechen wir natürlich auch über die Armutsgefährdung bei Allein­erziehenden. Betreffend Armutsgefährdungsquote, die klar definiert ist, gibt es in diesem Budget ein Ziel, nämlich die Reduktion der Armutsgefährdung. In der Vergangenheit, 2019, wurde die Armutsgefährdung um 14 Prozent redu­ziert, im Jahr 2020 – also während Corona, der Lockdowns, während viele ihre Jobs verloren haben – betrug das Minus 15 Prozent.

Was setzt man sich für ein Ziel für die nächsten Jahre? – Minus 12 Prozent. Man möchte die Armutsgefährdung weniger stark zurückschrauben als in Zeiten einer Pandemie, geringer als vor der Pandemie. Das bedeutet, in zentralen Elementen, wenn wir von Familienpolitik sprechen – in der Frage der Gleichberechtigung, in der Frage der Väterbeteiligung, in der Frage der Reduktion der Armutsgefähr­dung, in der Frage, wie wir mit Familien umgehen, in der Frage, wie Kinderbe­treu­ung stattfinden soll, in der Frage, wie die Familienministerin sich selbst auch in anderen Ressorts einbringt, damit mehr für Familien passiert –, passiert viel zu wenig.

Frau Ministerin, Sie arbeiten nicht im Sinne der Familien, Sie arbeiten auch nicht im Sinne eines soliden Budgets, und Sie sind vollkommen ambitionslos. Daher können wir dieses Budget auch nicht mittragen. (Beifall bei den NEOS. Abg. Steinacker: Also bitte!)

10.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ribo. – Bitte sehr.