10.56

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirm­geräten! Sie haben es ja jetzt gerade gesehen, wie eigenartig hier teilweise die Familie definiert wird. Natürlich sind Familien normal, so wie sie leben, und wir wissen, es gibt Familien mit Vater, Mutter, Kind, es gibt Familien mit Vater, Mutter, Stiefmutter, Stiefvater, Wiederverheirateten. Natürlich gibt es alle Möglichkeiten im 21. Jahrhundert, aber eines ist ganz klar, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen: Die Keimzelle sind nun mal Mann und Frau und Kinder, anders werden Sie es auch nicht zusammenbringen. Die Biologie werden Sie nicht neu schreiben können. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Es klingt vielleicht ein bisschen lieblich und pathetisch, aber die Familie ist die erste Keimzelle. Da lernen wir Liebe, da haben wir die erste Geborgenheit – und das ist so notwendig für diesen Staat, um starke Menschen für unser Land zu schaffen, die auch dieses Staatsgemeinwesen weiterführen können. Da schüt­teln die Grünen jetzt auch noch den Kopf. (Abg. Disoski: Weil es falsch ist und weil es ein Blödsinn ist!) Ich meine, ich frage mich ja manches Mal: In welcher Welt leben Sie denn eigentlich? Ich glaube aber, es ist ohnehin selbstredend. (Zwischenrufe des Abg. Schallmeiner.)

Frau Minister, ich komme jetzt zu Ihnen, weil Sie zuständig für Familienpolitik sind: Die Familien sind die Verlierer dieser Krise. Sie haben zwar jetzt groß angekündigt, dass alle Familienleistungen valorisiert werden – ja, das ist recht schön und billig, dass Sie das tun, da es in den letzten 35 Jahren 60 Prozent Wertverlust gegeben hat –, was Sie aber nicht dazusagen, ist, dass bei vielen der Förderungen, die Sie außerhalb Ihres Familienressorts machen – da nenne ich zum Beispiel die Strompreisbremse –, die Familien durch den Rost fallen (Abg. Disoski: Durch den Rost fallen?!), da Sie sich wieder an den Zwei- und Dreiper­sonenhaushalten orientieren.

Wenn die Familien aber zwei, drei Kinder haben, Frau Minister, haben sie mehr Stromverbrauch, sie brauchen die Waschmaschine öfter, sie brauchen den Geschirrspüler öfter, sie haben die Kinder mit dem Laptop für die Schule, dem Telefon für die Schule. (Zwischenruf des Abg. Koza.) All das rechnen Sie hier nicht mit, das müssen die Familien selbstständig stemmen. Es gibt Familien, die vielleicht auch noch eine Großmutter, die sie pflegen, im Haushalt haben; da gibt es dann vielleicht noch mehr Wäsche. Das rechnen Sie alles nicht mit, das bürden Sie alles den Familien auf. Dazu kommt überhaupt gar nichts von Ihnen, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es sind die Familien, die gerade jetzt vor Weihachten wieder sehen, dass sie im Stich gelassen werden, dass sie gerade jetzt mit ihren Kindern vielleicht keine Kekse backen können, weil die Butterpreise um 60 Prozent gestiegen sind. Da gibt es von Ihnen überhaupt nichts, da können Sie sich mit Ihren 5 Prozent sonst wohin stellen. Sie lassen die Familien tatsächlich im Regen stehen. Das sind die, die dieses Land aufrechterhalten, die in diesem Land die große Leistung bringen.

Daran ist die ÖVP vorbeigegangen. Das muss man ganz ehrlich sagen. Sie stellen sich hin und erzählen, wie viel Sie für Gewaltschutz machen. Ich sage Ihnen aber, was im Bereich Gewaltschutz wirklich fehlt: Man kann in den großen Ballungs­räumen seine Kinder nicht mehr alleine am Abend auf die Straße lassen, man kann Jugendliche in den Abendstunden nicht durch Wien schlendern lassen, weil sie dann der Gewalt ausgesetzt sind – der Gewalt jener, die Sie in das Land hereinlassen, da Sie keine Grenzkontrollen einziehen. Das ist die Gewalt, die wir haben. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen sowie der Abg. Krisper.) In Wien gab es innerhalb von zwei Wochen sechs Vergewaltigungen an jungen Mädchen – zuletzt einer Elfjährigen.

Wo schauen Sie denn da hin beim Gewaltschutz? Da müssen Sie endlich hin­schauen: Das sind die Bedürfnisse der Familien, das sind die Bedürfnisse der Kinder, der Jugendlichen und der Eltern, und da lassen Sie die Familien in Österreich vollkommen im Stich! Da können Sie sich mit Ihren Gewaltschutz­programmen sonst wohin stellen. Da müssen Sie endlich hinschauen, das brauchen Familien! – Da kommt von dieser Österreichischen Volkspartei gar nichts, im Gegenteil: Da lässt der Innenminister Zelte aufstellen, da wird dann beklatscht, dass alle kommen, da wird dann überlegt: Könnten wir? Sollten wir? Dürften wir?

Nein, Frau Minister, da haben Sie als Familienministerin eine zentrale Rolle, eine ganz, ganz zentrale Rolle: Sie müssen unsere Kinder schützen, Sie müssen unsere Jugendlichen schützen (Beifall bei der FPÖ) und Sie müssen den Familien auch wieder eine Möglichkeit zum Überleben, zum Durchschnaufen geben, dass die sich das Leben wieder leisten können, denn es ist nicht so, wie Sie immer glauben, dass jeder alles hat.

Jetzt haben Sie die Familien zwei Jahre lang wegen Corona eingesperrt, Kinder haben Sie eingesperrt, die Zahlen der psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind explodiert – und dann rühmen Sie sich dafür, dass Sie ein paar Millionen für ein bissel mehr Psychotherapie in die Hand nehmen. (Prä­sidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Sie hätten einfach offen lassen sollen. Sie könnten sich auch einmal hinstellen und sich bei den Familien entschuldigen für das, was Sie den Kindern angetan haben. Jetzt stellt sich die Jugendstaatssekretärin her und bedankt sich bei den Jugendorganisationen, weil sie so großartige Arbeit in der Pandemie geleistet haben.

Frau Staatssekretärin! Es ist Ihnen vielleicht nicht bewusst, aber: Es war alles dicht in der Pandemie, es gab keinen Sportverein, es gab keine Musikschulen, alles zu, es gab keine außerschulische Jugendbetreuung, es war keine außer­schulische Jugendbetätigung möglich – und Sie bedanken sich bei irgend­welchen Vereinen. Man fragt sich ja wirklich bei dieser Volkspartei: Haben Sie eigentlich mitbekommen, was Sie den Menschen in den letzten Jahren angetan haben? Ich glaube nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben überhaupt nicht mitbekommen, wie Sie Familien gequält haben, wie Sie in die Familien hineinregiert haben, wie Sie sie gespalten haben, wie Sie den Streit in die Familien getragen haben. Das haben Sie gemacht! Sie waren nie für diese Familien da und Sie sind es auch heute nicht, und Sie lassen die Kinder auch weiterhin im Stich. Bis zum heutigen Tag werden die Kinder in den Schulen unter Druck gesetzt, werden sie teilweise von Lehrern ausgebremst; Kinder durften auf Ausflüge nicht mitfahren, weil sie nicht geimpft sind.

All das hat diese Österreichische Volkspartei in den letzten Jahren den Familien angetan – und jetzt stellen Sie sich her und spielen die große Familienpartei und machen sich auch noch darüber lustig, wenn Kollege Zanger hier ein Modell vorstellt, mit dem man vielleicht die Geburtenrate erhöhen könnte, was ja not­wendig wäre, nämlich die eigene, denn wir sehen ja, die Zugewanderten sind dann jene, die beim AMS bleiben, die sind nicht jene, die in den Arbeitsprozess hineingehen. Das haben Sie auch schon verstanden. Also schauen wir, dass wir unsere eigene Bevölkerung, unsere Familien so weit stärken, dass auch ein drittes und ein viertes Kind für viele Familien in unserem Land wieder leistbar wird, anstatt zuzulassen, dass sie alle nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen!

Das ist das Versagen der Regierung, und das haben Sie mit diesem Budget weiter fortgeschrieben. (Beifall bei der FPÖ.)

11.02

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Totter. – Bitte.