16.44

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte auch versöhnlich beginnen: Ich freue mich darüber, dass dieser gemeinsame Antrag zum RRF gelungen ist.

Ich möchte gleich fortsetzen, nämlich: Was mich schon ein bisschen irritiert, ist: Wir haben über den Finanzrahmen 5 Milliarden Euro für die Industrie vorge­sehen, 19,2 Milliarden Euro für die Dekarbonisierung der Mobilität alleine bei den ÖBB – und die NEOS suchen und finden die Zukunft im Budget nicht. Das ist schon ein bisschen überraschend. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeor­dneten der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Der magere Applaus sagt alles!)

Eingehen möchte ich aber in erster Linie auf einen anderen Punkt, und zwar hat die SPÖ mehrfach während des Budgetplenums und am Montag auch per Aussendung behauptet – ich zitiere –: Dieses Budget enthält „keine Maßnahmen [...], um die Preise zu senken“. – Jetzt sind wir es ja gewöhnt, dass man im Sinne der eigenen Story die Sachverhalte ein bisschen hin- und herbiegt, aber so vorbereitet und wiederholt und ohne Anlass oder ohne dazu irgendwie provo­ziert worden zu sein, einfach glatt die Unwahrheit zu behaupten, ist schon ein ziemlich miserabler Stil, und das möchte ich jetzt im Zusammenhang mit der UG 45 kurz behandeln.

Und zwar ist es so, dass die Regierung natürlich in der Mehrzahl Maßnahmen gesetzt hat, die die Einkommen der Menschen in Österreich erhöhen und weniger direkt die Preise senken, und zwar deshalb, weil quer durch die Bank die Expertinnen und Experten genau diese Vorgangsweise empfehlen, erstens weil die Unterstützung, die Mittel automatisch ankommen – also wenn ich 500 Euro Klimabonus aufs Konto überwiesen kriege, dann sind eben 500 Euro am Konto, während man bei einer Senkung der Umsatzsteuer oder Ähnlichem nicht weiß, ob das wirklich bei den Leuten ankommt – und zweitens weil die Menschen die Freiheit haben, mit den 500 Euro zu tun, was sie für richtig halten, und nicht gezwungen werden, die 500 Euro direkt in den Tank zu stecken, wie das der Fall wäre, wenn man zum Beispiel die Mineralölsteuer senkt.

Tatsache ist aber auch, dass wir viele Maßnahmen gesetzt haben, die tatsächlich direkt die Preise senken – und das kann man ja nicht einfach wegleugnen –: Zum einen haben wir bereits zu Beginn des Jahres die Ökostrompauschale ausge­setzt, zweitens im Mai die Elektrizitätsabgabe auf das EU-Minimum gesenkt, drittens das Gleiche bei der Erdgasabgabe gemacht. Das ist auch nach­zu­lesen: Im Budget, in der UG 16, sieht man, wie die Energieabgaben deshalb sinken. Diese Maßnahmen sind schon lange in Kraft und wirksam.

Und jetzt kommt eben in der UG 45 auch noch die Strompreisbremse dazu. Diese deckelt Strompreise für einen Grundbedarf von 2 900 Kilowattstunden mit 10 Cent die Kilowattstunde. Das ist genau die direkte und schnelle Hilfe, die ihr seit Monaten fordert, und wenn man sie dann umsetzt, dann versucht ihr, sie irgendwie wegzuleugnen. Das ist wirklich ein bisschen miserabel. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich würde jetzt gerne anhand eines Beispiels verdeutlichen, wie diese Strompreisbremse wirkt und was sie konkret für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet: Zum Beispiel hätte eine Studentin, die im November eine neue Wohnung in Graz bezieht, mit dem günstigsten Tarif im November 100 Euro monatlich für Strom bezahlt. Ab 1. Dezember tritt die Strompreisbremse in Kraft, und damit werden die Stromkosten für diese Studentin halbiert. Das sind 600 Euro Ersparnis im Jahr – ohne irgendeinen Antrag, ohne Bürokratie, direkt auf der Stromrechnung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das heißt, diese Strompreisbremse reduziert die Preise – im Gegensatz zu dem, was Sie behaupten –, sie ist aber trotzdem sozial treffsicher, und das ist eine ziemliche Kunst. Das gelingt dadurch, dass Menschen, die ein höheres Einkommen haben, typischerweise einen höheren Stromverbrauch haben und deshalb von dieser pauschal gedeckelten Grundmenge von 2 900 Kilowatt­stunden weniger profitieren als Menschen, die ein geringeres Einkommen haben.

Deshalb ist das – und darauf möchte ich auch noch eingehen – wesentlich sozial treffsicherer als die von Ihnen so sehr gepriesene und umschwärmte deutsche Gaspreisbremse. Es hört sich ja, wenn Sie von dieser reden, fast so an, als hätten die deutschen Nachbarn damit sowohl die Energie- als auch die Teuerungskrise gelöst. Man muss sich noch genau anschauen, wie das dann ausgestaltet ist, aber auf den ersten Blick ergeben sich dort schon einmal eine Reihe von Problemen.

Das erste ist: Diese Gaspreisbremse ist zwar im Oktober schon angekündigt worden, aber es gibt sie noch nicht. Die deutsche Gaspreisbremse ist bis jetzt eine Ankündigung, und es wird voraussichtlich bis März dauern – also wenn der Winter schon fast vorbei ist –, bis sie umgesetzt wird.

Zweitens: In Deutschland heizen 50 Prozent der Haushalte mit Gas, in Österreich ist es nur ein Viertel. Das heißt, bei uns müsste man sich natürlich überlegen: Was ist mit Pellets, mit Holz, mit Öl und so weiter?, weil eine Maßnahme, die sich auf Gas alleine bezieht, natürlich nur einen kleinen Teil der Haushalte erreichen würde.

Drittens: das Budget. Die Maßnahme in Deutschland kostet 200 Milliarden Euro, 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts; also weil Sie sagen, wir werfen quasi den Problemen Geld hinterher: Das wäre eine richtige Milliardenschleuder.

Und letzter Punkt: Die deutsche Gaspreisbremse ist nach dem Modell, das bis jetzt vorliegt, weniger sozial treffsicher als unsere Strompreisbremse. Sie orientiert sich nämlich am Letztverbrauch in den Vorjahren, und das heißt: Wenn man eine 300-Quadratmeter-Villa und einen Swimmingpool dazu mit Gas beheizt hat, dann kriegt man bei dieser Gaspreisbremse mehr, als wenn man eine Zweizimmerwohnung geheizt hat. Das ist natürlich nicht sehr sozial treffsicher.

Deshalb: Ich bin immer dafür, dass man sich daran orientiert, was in anderen Ländern gemacht wird, auch in anderen Ländern der EU, man muss das Rad nicht immer neu erfinden. Man muss aber auch nicht alles abkupfern, insbesondere wenn es noch gar nicht existiert. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. – Bitte.