10.40

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident, der Kollege wollte den Ordnungsruf, und ich frage mich jetzt: Wo ist der Ordnungs­ruf? (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 978 Tage: Wissen Sie, was vor 978 Tagen passiert ist? – Vor 978 Tagen, also vor knapp 140 Wochen, ist der erste Lockdown in Österreich gestartet. Dass die Zeit seit damals für alle von uns eine schwierige war, ist wohl eine massive Untertreibung, aber an der Unsicherheit, der Verwirrung und nicht zuletzt am Schwinden des Vertrau­ens in die Politik in diesen 140 Wochen hat die Bundesregierung leider ihren ge­hörigen Anteil.

Chaotisches Krisenmanagement, Verordnungen, die korrigiert oder gleich wieder ganz zurückgenommen werden mussten (Zwischenruf des Abg. Ries), Rege­lungen, bei denen sich wirklich keiner mehr auskannte, was gerade erlaubt ist und was nicht: Das war der Weg der österreichischen Coronapolitik. Wer sich gedacht hat, die haben doch sicher etwas daraus gelernt, sieht leider immer und immer wieder, dass dem nicht so ist.

Die Novelle des Epidemiegesetzes, die wir heute diskutieren, zeigt das leider wieder einmal ganz besonders deutlich, denn diese Novelle ist vor allem wieder einmal eine Reaktion auf Kritik – und keine besonders gute Reaktion, um das einmal deutlich zu sagen. Es hat nämlich nicht nur der Rechnungshof die Krisenbewältigung der letzten Jahre kritisiert, auch zahlreiche Datenschutz­expertinnen und Datenschutzexperten haben insbesondere die Umsetzung der Erinnerungsschreiben beanstandet. Jetzt haben Sie uns eine Novelle vorge­legt, die diese Punkte verbessern soll. Wieder einmal haben Sie sich aber nicht getraut, diese Novelle auch in Begutachtung zu schicken. Verzeihen Sie mir, aber dieses Vorgehen ist leider einfach nur dilettantisch, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es stellt sich natürlich auch die Frage, was genau Sie mit dieser Novelle erreichen wollen. Kinder ab fünf Jahren sollen an ihre Auffrischungsimpfung erinnert werden – mit einem eingeschriebenen Brief. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin viermal geimpft und empfehle jedem Menschen in Öster­reich, sich die Coronaimpfung oder den Booster zu holen. Aber: Was ge­nau wollen Sie mit immens teuren Briefen an Kinder erreichen, noch dazu, wenn Sie nicht einmal jene Kinder rausfiltern können, die aufgrund einer aktuel­len Coronainfektion gar keine Auffrischungsimpfung bekommen sollten? – Diese Novelle ist wieder einmal eine schlecht durchdachte Hauruckaktion, und deshalb werden wir vonseiten der SPÖ nicht zustimmen.

Wenn ich Ihnen aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss einen Tipp geben darf: Weniger Chaos bei Verordnungen und Gesetzen, mehr Geradlinigkeit in der Coronabekämpfung und nicht alle paar Wochen die Pandemie für beendet erklären – das würde mehr gegen Corona bringen als sündteure Einschreiben an Kinder. Nach 978 Tagen wäre es endlich an der Zeit. (Beifall bei der SPÖ.)

10.43

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Warum ich keinen Ordnungsruf erteilt habe? – Weil wir für „im Stil eines“ noch nie einen Ordnungsruf erteilt haben; das habe ich auch gerade nachgesehen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.