14.23

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Plenarsaal beginnt jetzt un­sere Debatte über den Iran. Die Redner, die zu Wort kommen, haben schon seit 13 Uhr das Gespräch führen können. Wenn Sie auf die Besuchergalerie bli­cken, sehen Sie Frauen, aber auch Männer, die direkt von dem, was an Abscheu­lichkeiten, an furchtbaren Menschenrechtsverletzungen, an Tötungen – auch von unschuldigen Kindern – in diesen Stunden und auch in den letzten Ta­gen im Iran passiert ist, betroffen sind. Es ist gut, wenn man als Abgeord­neter unmittelbar vor einer Rede direkt informiert wird, weil man dann auch per­sönlich umso betroffener ist.

Das, was im Iran in diesen Tagen vor sich geht, darf nicht von anderen furchtbaren Konflikten – wenn ich an die Ukraine denke – verdeckt werden. Wir müssen auch dorthin den Blick richten. Es sind Frauen, die an der Spitze dieser Bewegung stehen (ein T-Shirt mit der Aufschrift „Woman Life Freedom“ in die Höhe haltend): Woman, Life, Freedom – das ist ihr Motto. Diese Frauen verdienen unsere Unterstützung, unsere volle Solidarität. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Einer jungen Frau – ich muss es so sagen, wie es war – ist der Schädel eingeschlagen worden, weil sie nicht dem entsprochen hat, was sich Mullahs, alte Männer, Sittenrichter von Frauen im Iran erwarten. Ursprünglich hat es so ausgesehen, als wäre es eigentlich nur einer der vielen Proteste, um diese Einengung der Freiheit der Frauen etwas abzumildern – damit wenigstens der Kopftuchzwang wegfällt. Das hat sich aber jetzt zur größten Demonstration ausgewachsen, seit dieses Regime 1979 die Macht übernommen hat.

Die Menschen sind mutig. Poster des Revolutionsführers Ajatollah Ali Chamenei werden heruntergerissen. Das Regime hat es trotz größter Brutalität bisher tatsächlich nicht geschafft, diesen Aufstand zum Erliegen zu bringen. Die Sicher­heitskräfte gehen mit furchtbarer Brutalität vor. Man hat am Beginn sei­tens des Irans versucht, das auch geheim zu halten. Mittlerweile kann die eigene staatliche Nachrichtenagentur Irna nicht umhin, selbst von den Demons­trationen, wie zuletzt in Isfahan, zu berichten.

Menschenrechtsbeobachter gehen bei den letzten Zahlen, die sie veröffentlicht haben – die Zahlen sind wahrscheinlich zu niedrig gegriffen –, davon aus, dass 328 Menschen getötet worden sind, darunter 47 Jugendliche. Wir haben es gerade vor wenigen Minuten gehört: Ein Vater, der mit seinen Buben unter­wegs war – einer unter zehn Jahre alt –, ist, weil er das Verbrechen be­gangen hat, auf die Straße zu gehen, damit bestraft worden, dass er niederge­schossen worden ist. Die Kinder sind tot, der Vater ringt im Spital um sein Überleben. Das ist der Zustand in dem Land. An die 15 000 sind verhaftet worden.

Es gibt auch ein sogenanntes Parlament in Teheran. In dem Parlament sitzen 290 Abgeordnete, 227 davon haben beschlossen – und da muss man genau hinhören, was sie beschlossen haben –, dass die Justiz sich so schnell wie möglich mit den Menschen beschäftigt, die gegen Gott kämpfen. Gegen Gott kämpfen ist der Codename für die Todesstrafe. Im Iran, in seinem Rechts­system, ist der Straftatbestand Krieg gegen Gott festgehalten. Wer gegen Gott ist, ist mit der Todesstrafe zu belegen. Fünf sind schon zum Tode verurteilt, weil sie das Verbrechen begangen haben, auf die Straße zu gehen. Das muss man sich vorstellen! Amnesty International hat heute einen Bericht herausgege­ben; darin rechnet man damit, dass in unmittelbarer zeitlicher Nähe – um die Menschen abzuschrecken – 21 Hinrichtungen stattfinden werden. 21 Hin­richtungen!

Warum sage ich das so eindringlich? – Weil trotzdem Tausende Menschen im Iran auf die Straße gehen. Unter Tränen haben uns Frauen gesagt, dass sie, wenn sie hier in Österreich auf die Straße gehen, auch große Sorge haben, dass sie auch hier gefährdet sind. Sie haben uns auch von islamischen Einrichtungen in Wien berichtet, bei denen sie Sorge haben, dass das Terrornester sind.

Als wir – Sie können sich noch erinnern, es war damals unser Innenminister Nehammer – streng gegen solche Einrichtungen vorgegangen sind, waren nicht alle hier im Haus der Meinung, dass das notwendig ist. Sie haben mich heu­te überzeugt, dass das jetzt auch wieder notwendig ist. Wir müssen auch bei uns in Österreich hinschauen, ob es noch solche Nester gibt. Da darf es kein Wegschauen geben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten von Grünen und NEOS.)

Wir sind eine freie, offene Gesellschaft, und jeder von uns schätzt seine persönliche Freiheit. Wir sind eine tolerante Gesellschaft, aber es darf keine Toleranz gegenüber Terror in unserem Land, gegenüber islamistischen Terroristen geben, das darf es nie geben! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten von Grünen und NEOS.) Keine Toleranz, null Toleranz hier, sage ich Ihnen!

Sie (in Richtung Besucher:innen auf der Galerie) sind persönlich vom Schicksal Ihrer Angehörigen, Ihrer Bekannten betroffen, aber der Iran ist noch viel gefähr­licher. Viele Menschen haben in der Ukraine nur deswegen ihr Leben verloren, weil iranische Drohnen zum Einsatz gekommen sind. Da finden sie sich dann wieder, die Diktatoren.

Ich habe die Möglichkeit, weltweit alle parlamentarischen Versammlun­gen zu vertreten, wenn es um diesen Kampf gegen den Terror geht. Dafür hat die UNO ein weltweites Netzwerk eingerichtet. Und immer wieder tau­chen Terrornetzwerke auf, die vom Iran unterstützt werden.

Dieses Regime ist umfassend gefährlich! Die Mullahs hassen unsere liberale Demokratie. Sie hassen es, wenn Frauen Freiheiten haben. Sie haben ein Weltbild wie im tiefsten Mittelalter – ich weiß nicht, womit ich das sonst vergleichen kann.

Daher bedanke ich mich bei allen Fraktionen im Haus, auch bei den drei Oppositionsfraktionen, bei der SPÖ, von der der Antrag ja kommt, bei den NEOS und auch bei der Freiheitlichen Partei dafür, dass wir heute am Ende dieser Debatte einen einstimmigen Beschluss fassen werden, damit dieses Regime weiß: Es gibt keine einzige Abgeordnete im österreichischen Parlament, keinen einzigen Abgeordneten, die oder der auch nur in irgendeiner Form Verständnis für das Vorgehen dieses Regimes aufbringt!

Es ist gut, dass wir nicht wegschauen, sondern diesen einstimmigen Beschluss fassen. Ich hoffe sehr, dass die Europäische Union als Staatengemein­schaft – dafür sind wir als Nationalstaat zu klein – die entsprechenden Antwor­ten findet, auch was harte Sanktionen betrifft, und dass auch die Verein­ten Nationen ihren Aufgaben gerecht werden.

Es ist gut, dass wir heute die Debatte haben, es ist gut, dass wir sie im Dezember fortsetzen, und nochmals Danke für dieses einhellige Votum! Mehr, meine Damen und Herren, können wir als Nationalrat momentan nicht tun. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

14.32

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte sehr.