15.01

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben in diesen Tagen die große Aufgabe, bei der Weltklimakonferenz in Ägypten über die Frage der Kli­makrise zu beraten und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Wir sehen von allen Seiten, insbesondere bei Betrachtung der wissenschaft­lichen Evidenz, dass die Klimakrise bereits heute stark spürbar ist, insbe­sondere im globalen Süden, dass aber auch wir in Österreich sehr stark mit den Auswirkungen konfrontiert sind.

Warum leite ich hier so ein? – Es gibt ein zentrales Element in der Verant­wortung der Republik Österreich. Wir haben eine internationale Verantwortung, die nehmen wir als Europäische Union und auch als Republik Österreich durchaus wahr: Wir haben in den Verhandlungen in den letzten Tagen angekün­digt, verstärkt in die Finanzierung zu gehen, was die Klimafinanzierung, auch die Klimagerechtigkeit betrifft. Wir haben aber auch eine Verantwortung zu Hause, nämlich sowohl hinsichtlich des Pariser Klimavertrags, hinsicht­lich der in Europa vereinbarten Ziele als auch und ganz besonders gegenüber der eigenen Bevölkerung.

Wir haben das Ziel – die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt und wir als NEOS haben das unterstützt –, die Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 zu erreichen. Das ist nicht nur ein Marketingschmäh, das ist nicht nur ein Ziel, das man vielleicht erreicht und das möglicherweise nett ist, sondern das ist ein zentrales Vorhaben in Österreich für die nächsten eineinhalb Jahrzehnte.

Es geht um Antworten auf die Fragen, wie wir die Lebensqualität steigern können, indem wir auf eine klimaneutrale Mobilität umsteigen; wie wir Abhängigkeiten abschaffen können, die es heute noch gegenüber Russland gibt, indem wir mit der thermischen Sanierung den Bereich Wärme auf neue Beine stellen; wie wir unsere Industrie wettbewerbsfähig machen können, durch neue Innovationen auch neue Exportmöglichkeiten generieren kön­nen,  damit die Arbeitsplätze der Zukunft entsprechend gesichert sind. Das sind zentrale Elemente im Zusammenhang mit diesem Ziel der Klimaneutra­lität 2040.

Das große Problem an diesem Punkt im Regierungsprogramm – aber nicht nur an diesem Punkt, muss man ehrlicherweise sagen – ist, dass hinter der großen  Überschrift sehr wenig Konkretes kommt. Die Bundesregierung hat in den letzten drei Jahren zahlreiche Einzelmaßnahmen präsentiert und eini­ge auch umgesetzt, die in Richtung Energiewende, in Richtung Klimaneutralität gehen sollen, aber es fehlt die konkrete Kontrolle.

Es gibt ein Element, das wir in der Vergangenheit, seit 2013, schon gehabt haben und das bis 2020 wirksam war: Das war das Klimaschutzgesetz. Das Klima­schutzgesetz hat ein paar Dinge, die ich hier in der Runde auch kurz erklären möchte, klar definiert. Das Erste ist: Es hat einen Pfad, in welchen Sek­toren wie viel an Einsparung bei den Treibhausgasen stattfinden muss, vor­gegeben.

Der zweite Punkt war: Es hat für die Einrichtung eines Klimaschutzkomitees gesorgt, in dem alle Parteien vertreten waren, in dem die Wissenschaft vertreten war, in dem die Sozialpartner und Sozialpartnerinnen vertreten waren und im Rahmen dessen ein Diskurs – zugegebenermaßen nicht immer sehr erfolg­reich – darüber stattgefunden hat, was passiert, wenn man seine Ziele nicht erreicht. Die Idee war, dass sich die Republik mit all ihren Machtzentren und all ihrer wissenschaftlichen Kompetenz zusammenrauft und dass man, wenn die Ziele nicht erreicht werden, gemeinsam neue Lösungen findet.

Dann kam die türkis-grüne Bundesregierung. Ein Teil dieser Regierung war nicht nur aufgrund des Versprechens gewählt worden, dass man damit den An­stand wählt, sondern eigentlich auch eine Klimapolitik, wie sie in der Vergangen­heit nicht da war, aber wie sie für die Zukunft erforderlich ist. Wenn wir jetzt nach drei Jahren dieser Regierungstätigkeit aber darauf schauen, was von den Versprechen eingehalten worden ist, dann muss man sagen: Es ist viel, viel zu wenig, um der Klimakrise ernsthaft zu begegnen. (Beifall bei den NEOS.)

Das Klimaschutzgesetz ist mit 2020 ausgelaufen. Wir haben von der damals noch relativ neuen Klimaschutzministerin das Versprechen bekommen, dass wir 2021, spätestens im Sommer, ein neues Klimaschutzgesetz erhalten werden. Im Jahr 2021 haben wir das Versprechen bekommen – damals auch die Vertreter:innen des Klimavolksbegehrens, Fridays for Future und viele andere –: Im Sommer 2022 gibt es ein neues Klimaschutzgesetz! – Im Sommer 2022 haben wir wieder gefragt, weil es noch immer nicht da war. Dann hat man uns von grüner Seite gesagt, man wird kein neues Datum angeben, weil man einfach nicht weiß, was passieren wird. Von ÖVP-Seite hat Kollege Schmucken­schlager ganz offen geantwortet: Er hat kein gesteigertes Interesse an einem Klimaschutzgesetz, er persönlich braucht es nicht, seine Partei braucht es auch nicht, er sieht da keine Priorität – um bei seinen Worten zu bleiben.

Was aber ist das Problem an der ganzen Sache? – Wir haben Millionen, um nicht zu sagen, mittlerweile Milliarden an Staatsausgaben, die in unterschied­lichste Bereiche immer unter dem Deckmantel der Klimapolitik fließen. Teilweise ist es aber keine Klimapolitik, sondern es ist eine Umverteilungspolitik, wie das zum Beispiel beim Klimabonus der Fall ist. Wir messen aber auf der anderen Seite nicht: Wie wirksam ist diese Klimapolitik? Führt sie uns zum Ziel der Klimaneutralität? – Ein einfaches Beispiel aus dem letzten Budget: 1,3 Milliarden Euro für den Klimabonus. Auf die Nachfrage, wie viel an Treibhausgasen man damit pro Jahr einspart, konnte die Ministerin nicht einmal eine konkrete Antwort geben.

Das Klimaschutzgesetz würde nicht nur klar definieren, was wir bei den einzelnen Sektoren einsparen, sondern auch, was wir machen, wenn wir unsere Ziele nicht erreichen: Wie werden Gesetze beurteilt? Wie werden Verord­nungen beurteilt? Wie gehen wir konkret damit um, wenn das Ziel nicht erreicht wird und danach dringendere Maßnahmen zu setzen sind?

Da gibt es den Streitpunkt zwischen ÖVP und Grünen. Die einen wollen keine Konsequenzen – die ÖVP sagt nämlich: Schreiben wir Ziele rein, aber bitte nichts machen, wenn es dann doch nicht passiert! – und die anderen wollen, sa­gen wir einmal, sehr radikale Konsequenzen, nämlich automatische Erhö­hungen in verschiedensten Bereichen, die dazu führen, dass Menschen einfach nicht mehr konsumieren, nicht mehr mobil sind oder Ähnliches.

Das Problem an der Sache ist, die Klimakrise schläft nicht, diese Regierung schläft in Verhandlungen aber schon. Man ist mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem man einfach sagt: Wir haben das Verständnis, dass wir keine gemeinsame Position entwickeln können, und wenn wir das nicht können, dann machen wir einfach kein entsprechendes Klimaschutzgesetz! – Das führt aber dazu, dass wir wiederum Millionen und Milliarden Euro ausgeben, ohne der Klimakrise ernsthaft zu begegnen.

Es gab jetzt gerade ein internationales Ranking, und bei der Frage: Wo steht Österreich bei der Klimapolitik im Allgemeinen?, haben wir Platz 32 von 60 Staaten erlangt – aus dem einfachen Grund, dass man gesagt hat, es gibt zwei Punkte, die Österreich nicht im Griff hat. Der erste Punkt ist die Mobilität, da schaffen wir es nicht, von den Treibhausgasen runterzukommen, und der zweite Punkt ist – aufpassen! – das fehlende Klimaschutzgesetz. (Beifall der Abg. Fischer.) – Da kommt sogar Applaus von den Grünen.

Das fehlende Klimaschutzgesetz ist also tatsächlich ein zentrales Element. Damit möchte ich zum Kernpunkt unserer Forderung kommen. Wenn man der Klimakrise tatsächlich begegnen will, wenn man sagt, man braucht funktionie­rende, wirksame Klimapolitik, um der Klimakrise den Garaus zu machen, dann braucht man auch Parteien, die nicht nur große Versprechen in ihren Pro­grammen haben, sondern die tatsächlich auch das Werkzeug und die Managementkompetenzen mitbringen, um damit Politik zu machen, die wirksam ist.

Man braucht keine sozusagen leeren Versprechen, sondern man braucht klare, konkrete Lösungen. Da haben die Grünen nie geliefert, seit sie in der Bundesregierung sind; und da auch ein Appell an die Seite der ÖVP: Die Blocka­den, die Sie derzeit aufrechterhalten, sollten gelöst werden!

Abschließend: Wir brauchen das Klimaschutzgesetz bis zum Ende des Jahres – aus einem einfachen Grund: Sie haben für das nächste Jahr zahlreiche Mil­liarden Euro für den Klimaschutz vorgesehen, aber keiner prüft derzeit konkret, ob diese Milliarden in irgendeiner Form im Sinne der Bevölkerung, im Sinne des Kampfes gegen die Klimakrise aufgewendet werden. Es ist Ihre Verantwortung, da endlich in die Gänge zu kommen.

Wir haben für heute einen Impuls geliefert, ich werde es jetzt nicht unnötig in die Länge ziehen. Aus meiner Sicht ist es fünf nach zwölf. Es ist jetzt an der Zeit, aktiv zu werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

15.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf vielleicht für die Damen und Herren auf der Galerie oder zu Hause noch erklären, warum wir um 15 Uhr unterbrochen haben: Natürlich ist auch der vorangegangene Tagesordnungs­punkt, der so intensiv diskutiert wird, wichtig, aber die Geschäftsordnung sieht vor, dass bei einem Dringlichen Antrag oder einer Dringlichen Anfrage oder einer kurzen Debatte die Beratungen um 15 Uhr unterbrochen werden müssen. Das ist keine Unfreundlichkeit gegenüber diesem Tagesordnungspunkt, sondern ganz der Geschäftsordnung geschuldet. Das wollte ich nur erläutern.

In diesem Sinne fahren wir fort. Abgeordneter Schmuckenschlager ist zu Wort gemeldet. Er hat 5 Minuten Redezeit, wie alle anderen Redner auch. – Bitte.