15.32

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor allem aber: Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie, die Vertreter der persischen Community in Österreich, insbesondere die Familien Mossaheb und Ghaderi! Schön, dass Sie da sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir hatten vorhin eine sehr emotionelle Debatte. Ich muss sagen: Diese Debatte, die vorhin geführt wurde, war ermutigend, war gut. Es ist wirklich et­was, was mir auch den Rücken stärkt, wenn es so eine klare Stellungnahme gibt, wenn so eine klare Sprache hier im Hohen Haus zu einer Situation, bei der wir einfach nicht wegschauen können, gesprochen wird.

Ich sage es ganz bewusst als österreichischer Außenminister: Ja, wir Öster­reicher, aber auch die Europäische Union, wir hatten die Hoffnung, dass der Iran den Weg zurück in den Kreis der internationalen Gemeinschaft findet. Wir haben diesen Weg eröffnet. Ja, wir haben gehofft, dass sie zum Verhandlungs­tisch finden. Daher ist diese Entwicklung jetzt umso bitterer.

Ich spreche als Außenminister eines Landes, das ganz bewusst in den schwie­rigsten Zeiten – in den Achtzigerjahren und den Neunzigerjahren – als einziges westliches Land sein Kulturinstitut in Teheran nicht geschlossen hat, eine Tür in den Westen offengehalten hat, zu Menschenrechten, zur Ge­waltenteilung, zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Daher ist diese Entwicklung für uns so bitter.

Der Umstand, dass eine junge Dame sterben musste, weil sie die Bekleidungs­vorschriften nicht zur Gänze eingehalten hat, das ist nicht nur verstörend, es ist nicht nur schockierend, es ist schlicht und ergreifend archaisch. Es wurde hier schon das Wort - - (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir dürfen etwas nicht vergessen: Die Menschheit verdankt dem persischen Volk unendlich viel in den letzten Jahrtausenden. Das ist ein Kulturvolk, und dieses Kulturvolk hat sich ein anderes Regime, eine andere Regierung schlicht und ergreifend verdient. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Es ist beschämend, was da geschieht, und die Themen wurden ja vorhin schon angesprochen. Das Fenster für die Atomverhandlungen, die gerade hier in Wien stattgefunden haben, bei denen gerade auch die Vereinigten Staaten – und ich habe den Chefverhandler der Vereinigten Staaten, Rob Malley, immer wieder getroffen – so viele Impulse gesetzt haben, so viel Bemühen hineingebracht haben, ist de facto geschlossen.

Wir haben jetzt erfahren – und die Iraner haben es sogar zugeben müssen –, dass sie Drohnen an Russland geliefert haben, Drohnen, mit denen die ukrainische Bevölkerung terrorisiert wird. Das ist eigentlich implizit indirekte Teilnahme an Kriegsverbrechen. Jetzt tyrannisieren sie auch noch ihr eigenes Volk. Das ist etwas, wo wir nicht wegschauen wollen, wo wir nicht wegschauen werden. Die Tonalität auch innerhalb der Europäischen Union ist – und das muss ich auch bedauernd sagen – eine andere. Das wird nicht aufhören, weil wir befürchten müssen, dass das Regime versuchen wird, mit aller Gewalt zurückzuschlagen. Es reicht nicht, dass wir nur klare Worte finden – ja, das hat die Europäische Union getan, ja, das hat auch Österreich getan –, ganz klar die brutale, gewaltsame Niederschlagung von Protesten, bei denen man nur von seinem friedlichen Versammlungs- und Vereinsrecht Gebrauch macht, zu verurteilen, eine transparente Untersuchung zu fordern, die willkürli­chen Verhaftungen zu verurteilen. Das reicht nicht!

Wir haben seit Oktober dreimal hintereinander Sanktionen verhängt. Wir haben auch im Menschenrechtsrat eine überregionale Erklärung unterstützt, in der ganz klar die Frauenrechte als unteilbar, unverhandelbar dargestellt werden. Das ist auch Position der österreichischen Republik, hier in diesem Hohen Haus – darüber freue ich mich sehr – und auch aufseiten der Bundesregierung. Das ist nicht verhandelbar. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich kann noch Folgendes abschließend sagen: Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen – und das ist ein bisschen die Gefahr, die wir momentan haben, dass wir so derart fokussiert auf den Krieg in der Ukraine sind, dass wir es manchmal vergessen –, dass es noch andere Krisenherde gibt. Gerade der Iran und die Ent­wicklung dort erinnern uns daran, dass wir nie einen Scheuklappenblick nur auf eine Krise haben dürfen.

Es wird auch weiterhin – gerade auch von der Europäischen Union und von Österreich – klare Worte, klare Unterstützung für Maßnahmen auf europäischer Ebene und auch darüber hinaus auf internationaler Ebene geben. Wir wer­den nicht wegsehen. Der Iran muss wissen: Das Regime steht unter Beobach­tung. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

15.37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Engel­berg. – Bitte.