17.54

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherin­nen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Allem voran ein herzliches Dankeschön für die ausführlichen Berichte! Der Bericht zur COVID-19-Kurzarbeit besitzt durchaus Sprengkraft. So kritisiert der Rechnungshof zahlreiche Mängel bei der Ausgestaltung und der Kontrolle der Kurzarbeitsregelung sowie bei der Auszah­lung, die zu einer Überförderung von mindestens 500 Millionen Euro führ­ten. 500 Millionen Euro sind es aber nur, wenn man davon ausgeht, dass die Kurzarbeit in diesem Ausmaß notwendig gewesen wäre und ist. Wenn man berücksichtigt, dass wir in einer Situation des akuten Arbeitskräftemangels großzügige Kurzarbeitsförderungen auszahlen, obwohl viele Betriebe händeringend Arbeitskräfte suchen, dann sind wir bei einer Überförderung in Milliardenhöhe.

Trotz dieses Arbeitskräftemangels wird die Kurzarbeit aber dauerhaft verlängert. Der Arbeitsminister hat sich sogar eine Verordnungsermächtigung geben lassen, um 2023 ohne Parlamentsbeschluss Kurzarbeitshilfen in unbegrenzter Menge auszahlen zu können – und das unter dem Aspekt, dass Minister Kocher im Juli 2020, noch als Leiter des IHS, der Meinung war, dass Kurzarbeit nicht nur vorteilhaft ist und „womöglich zu hohe Anreize“ darstelle. Strukturprobleme würden zudeckt, das führe zu negativen Beschäftigungseffek­ten, hieß es auch vom IHS. Im Februar 2021 wusste er, schon als Minister, dass Kurzarbeit kein Dauerzustand sein kann. Jetzt, eineinhalb Jahre danach, wird die Kurzarbeit aber sogar bis 2023 verlängert.

Aber zurück zum Bericht: Der Rechnungshof hat bei der Coronakurzarbeit unter anderem Folgendes kritisiert: Die Beihilfenkriterien für Coronakurzarbeit waren und sind nicht konkret genug. Darum gibt es ja auch die Überförderung von 500 Millionen Euro. Ein brauchbares Prüfkonzept hat es offenbar nicht gegeben. Darum hat der Rechnungshof auch wenig überraschend ein Kontrollkonzept mit risikoorientierten Prüfkriterien gefordert.

Ein Schmankerl war auch folgender Kritikpunkt: Laut Rechnungshof waren bei der Konzeption der Kurzarbeit die Arbeitsmarkt- und Förderexperten von AMS und Arbeitsministerium nicht eingebunden. Das haben sich nämlich alles die rot-schwarzen Sozialpartner auf Kosten der Steuerzahler zurechtge­zimmert. Das ist unfassbar fahrlässig (Beifall bei den NEOS), denn den Sozialpart­nern, also der Wirtschaftskammer, der Arbeiterkammer und der Gewerk­schaft, attestierte der Rechnungshof eine abweichende Interessenlage vom För­dergeber. Die Sozialpartnereinigung zur Kurzarbeit geht somit voll auf Kos­ten der Steuerzahler und der Unternehmen, die händeringend Arbeitskräfte su­chen. Damit wird auch die Kritik der NEOS an der Sozialpartnereinigung bestätigt, nämlich dass die Sozialpartner ihr eigenes Süppchen gekocht haben.

Das Gustostückerl der Sozialpartnereinigung aber war, dass die Arbeiterkammer die Kurzarbeiter trotz 20 Prozent weniger Nettolohn weiterhin mit dem vollen AK-Beitrag abkassieren durfte. Umgerechnet hat die Arbeiterkammer durch die Kurzarbeitsregelungen laut Anfragebeantwortung somit über 50 Millionen Euro an Mehreinnahmen. Das hat der Arbeiterkammer in der Pan­demie folglich Rekordgewinne von 55 Millionen Euro 2020 und 64 Millio­nen Euro 2021 eingebracht, obwohl die AK laut Gesetz keine Überschüsse er­zielen darf. Die Arbeiterkammer würde diese Rekordgewinne wohl als Übergewinne bezeichnen. Selbst kritisiert man sich aber halt so schlecht.

Insgesamt empfiehlt der Rechnungshof dem Arbeitsministerium und dem AMS bei den Fördervoraussetzungen und bei den Kontrollen eine klarere Abgren­zung von den Sozialpartnern. Angesichts dieser Kritik an der Kurzarbeit und des akuten Fachkräftemangels muss also endlich Schluss mit teuren Geldge­schenken der Bundesregierung sein, denn nirgends ist die Kurzarbeit so üppig ausgestaltet wie in Österreich. Probleme löst man nicht mit Geldgeschenken und mit milliardenschweren Kurzarbeitsverordnungsermächtigungen, sondern mit aktiver Arbeitsmarktpolitik, schnelleren Vermittlungen von Arbeitslosen und Strukturreformen. Die Wirtschaftskammer und der ÖGB sollen das tun, wofür sie zuständig sind, nämlich KV-Verhandlungen, aber die Ausarbeitung der Kurzarbeitsregelungen ist definitiv Aufgabe des Arbeitsministers, seiner Ministerialexperten und der AMS-Experten. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

17.58

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Kauf­mann. – Bitte.