18.27

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin des Nationalrates! Geschätzte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen hier im Haus und alle Damen und Her­ren, die diese Sitzung noch verfolgen! Ja, Herr Kollege Kucher, eines muss man schon sagen: Mut kann man sich offensichtlich wirklich nicht kaufen.

Dass Sie sich als Vertreter der SPÖ hierherstellen und über Auswahlverfahren von Aufsichtsräten reden und sich dann darüber mokieren, wie das gelaufen ist (Zwischenruf des Abg. Kucher), ist schon eine Besonderheit.

Im Übrigen, weil Sie die Chats angesprochen haben: Vielleicht können Sie mit Ihrem Freund Katzian reden, was er an Thomas Schmid gechattet hat. Und jetzt „deine Bestellung“, oder so war das. Also wenn wir schon über Chats reden, lesen Sie die eigenen! Vielleicht kriegen wir auch noch die vielen Chats, die Tho­mas Schmid mit Vertretern Ihrer Partei in Richtung Postenbesetzung geführt hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scherak: Das machen wir zum Glück besser!)

Es ist mir auch kein einziges Auswahlverfahren, keine Transparenzbestimmung, auch keine Aufweichung von Kriterien bekannt, die diese oder die Vorgän­gerregierung vorgenommen hätte. Alles, was jetzt ist, haben Sie immer genau so gemacht, als Sie in der Regierung waren (Abg. Scherak: Das stimmt!), ganz genau so, und jetzt regen Sie sich darüber auf.

Ich sage Ihnen etwas: Man muss natürlich schon ein wenig zurückgreifen, wenn man Ihren Einfluss auf Bundesebene beleuchten will, weil das Gott sei Dank schon einige Zeit her ist. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn man aber darauf zurück­greift, dann können Sie sich eine Studie von Laurenz Ennser-Jedenastik anschauen, der sich die Parteibindung von Spitzenfunktionären in Staatsunter­nehmen in den Jahren 1995 bis 2010 angesehen hat.

Jetzt schauen Sie einmal, was er festgestellt hat! (Zwischenruf der Abg. Krisper.) 281 Funktionsträger in dieser Zeit weisen eine Parteibindung zur SPÖ auf. Ja wo kommen denn die alle her, wenn es so transparent ist, wenn die Kriterien so wichtig sind? Ja wie erklären Sie denn das jetzt, was Sie da in diesen Jahren gemacht haben? – Da haben Sie – überwiegend – den Bundeskanzler ge­stellt. (Zwischenruf des Abg. Kucher.) Da waren Sie in der Bundesregierung. Sie sitzen im Glashaus und sollten einen Stein gar nicht angreifen, Herr Kolle­ge Kucher. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie jetzt sagen: Es ist schon lange her und jetzt passiert es ja nimmer!, dann sage ich Ihnen: Fangen wir im ganz Kleinen an (Ruf: In Wien!), bei der Gemeinde Purkersdorf! Die SPÖ bestellt eine ÖBB-Managerin in den Auf­sichtsrat der Wirtschaftsbetriebe dieser Gemeinde. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Scherak: Ihr wisst eh, dass ihr in Purkersdorf in Koalition mit denen seid?) – Ja, aber das ist das Vorschlagsrecht der SPÖ. (Abg. Scherak: Na ich sag’s nur! –Ruf bei den NEOS: Das haben wir vergessen! – Heiterkeit bei den NEOS.)

Schauen wir nach Graz: Dort regieren Sie ja jetzt mit den Kommunisten, und das sehr erfolgreich, wie ich gelesen habe. Das Budget ist am Ende. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, ich weiß eh, Sie glauben, dass rote Zahlen in der Wirtschaft gut sind. (Abg. Greiner: 19 Jahre ÖVP-Bürgermeister in Graz!) Ich sage Ihnen: Rote Zahlen in der Wirtschaft sind so schlecht wie roter Einfluss in der Politik – so ist das! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Greiner: 19 Jahre! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In Graz haben Sie sich in den Koalitionsverhandlungen, hat man gelesen, ausbedungen, dass Sie den Vorsitz der Holding Graz besetzen dürfen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Kollross: ... ÖVP ist alles Pleite! – Ruf bei der ÖVP: Alles verteilen sie! Alles!) Ich nenne Ihnen noch ein Beispiel (Ruf: ...Vorsitz des Aufsichtsrates!): Wien Energie. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kollross.– Ja, das hören Sie nicht gerne, das glaube ich Ihnen. Das ist jenes Unternehmen, das die Versorgungssicherheit von zwei Millionen Kunden aufs Spiel gesetzt hat, weil dessen Börsengeschäfte nicht mehr absicherbar waren.

Wissen Sie, wer im Aufsichtsrat der Wien Energie sitzt? – Kein einziger Finanzexperte! (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Da sitzen die Geschäftsführer der Hafengesellschaft drinnen (Abg. Kucher: Die Frau Sachslehner hat sich zumindest eingelesen in das, was sie gesagt hat! Das ist der Unterschied! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), es sitzt der Geschäftsführer der Kläranlagen drinnen und, damit es noch besser wird, ein paar Magistratsbedienstete. Die wachen darüber, was an der Börse passiert.

Sie brauchen uns zum Thema Postenbesetzungen gar nichts zu erzählen! Neh­men Sie den Rechnungshofbericht und schauen Sie in einen großen Spiegel, dann werden Sie sehen, wer gemeint ist! (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Scherak: Ich glaube, es ist Zeit für eine große Koalition! Dann macht ihr es so wie früher! – Heiterkeit bei Abgeordneten der NEOS. – Ruf: ... haben sie ja abgeschoben in den Nationalrat!)

18.31

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer zu Wort. – Bitte. (Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP.)