13.26

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren nun die Tagesordnungspunkte 9 bis 12 mit den Themen Pflege, Schwerarbeit und Sonderbetreuungszeit.

Ich möchte zum Bereich Pflege Stellung nehmen. Die Regierung hat am 12. Mai 2022 die größte Pflegereform der vergangenen Jahrzehnte verkündet. Das (ein Schriftstück in die Höhe haltend) war damals, am 12. Mai, die Medieninformation. Ziel war es, mit dieser angekündigten Reform eine Aufwertung und Anerken­nung der Beschäftigten in den Pflege- und Gesundheitsberufen zu erwirken. Durch höhere Gehälter sollten endlich auch mehr Menschen ermutigt werden, diesen fordernden Beruf zu ergreifen. Andererseits gab es auch das Ziel, eine Anerkennung der Leistung der pflegenden Angehörigen, ohne die unser Pflege­system schon längst zusammengebrochen wäre, zum Ausdruck zu bringen.

Der Gesundheitsminister stellte damals einen durchschnittlichen Bonus in der Höhe eines Monatsgehalts in Aussicht, mit der Ergänzung: Es soll einen spür­baren Nettoeffekt haben. Insgesamt 1 Milliarde Euro wurde für diese Pflegere­form angekündigt. Nicht nur, dass diese Maßnahme für lediglich zwei Jahre gesichert ist – niemand weiß, was danach passiert, was auch ein Etiketten­schwindel ist –, diese 1 Milliarde Euro kommt nicht bei den in der Pflege tätigen Menschen an. Ich werde Ihnen sagen, warum diese Milliarde nicht ankommt.

Sieben Monate später steht nun fest, was die Beschäftigten und Angehörigen des Pflegebereichs dieser Regierung tatsächlich wert sind. Beginnen wir mit den Beschäftigten in den Pflege- und Gesundheitsberufen: 2 000 Euro brutto, von denen den Empfängern die Arbeitgeberabgaben abgezogen werden. Wir haben sehr viele kritische Mails bekommen – Sie von den Regierungsparteien sicher auch (Abg. Loacker: Da sind vielleicht die Abgaben zu hoch!) – mit Lohnzetteln, Gehaltszetteln, die die Menschen uns schicken, die zeigen, was jetzt tatsächlich netto herauskommt. Zwischen 720 Euro und 1 200 Euro netto bleiben übrig. Von den 520 Millionen Euro, die Sie angekündigt haben, fließt also fast die Hälfte in Form von Steuern und Abgaben wieder an den Staat und an die Sozial­versicherungsträger zurück.

Das ist keine Pflegemilliarde. Das ist einfach eine Verhöhnung all jener Menschen, denen Sie in Aussicht gestellt haben, ein höheres Einkommen zu erhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Leute draußen verstehen nicht, warum ein Vorstandsvorsitzender 2 000 Euro netto an Teuerungsbonus bekommt und die Menschen in der Pflege lediglich 700 bis 1 200 Euro netto verdienen.

Das zweite Schlimme ist: Nicht alle Berufsgruppen im Pflege- und Gesundheits­bereich erhalten diesen Bonus. Herr Bundesminister, haben Sie da bewusst Berufsgruppen ausgeklammert oder haben Sie sie einfach vergessen? War es gewollt, sie da nicht hineinzutun? Was antworten Sie den Beschäftigten im Pflege- und Betreuungsbereich, welche den Bonus nicht erhalten?

Da gibt es Kolleginnen und Kollegen, die nebeneinander im gleichen Raum, am gleichen Ort zur gleichen Zeit arbeiten: Die OP-Schwester bekommt einen Pflegebonus, der OP-Assistent bekommt diesen nicht, obwohl sie nebeneinander arbeiten. – Das passt nicht zusammen, das verstehen die Menschen nicht. Deshalb werden wir, die SPÖ, heute einen Antrag einbringen, in dem wir 2 000 Euro brutto für netto für das Pflegepersonal fordern. – Punkt eins. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters fordern wir darin die Aufnahme aller Berufsgruppen im Gesundheits- und Betreuungsbereich in den Bezieher:innenkreis – also den Bonus für alle Beschäftigten, die sich diesen Bonus verdient haben.

Und wissen Sie, was auch ein bisschen wehtut? – Wichtige Vorschläge der SPÖ werden von Ihnen nicht angenommen, sie werden von Ihnen abgelehnt. Arbeiten in der Pflege ist Schwerarbeit. Warum lehnen Sie unseren Antrag ab? Arbeiten in der Pflege ist Schwerarbeit! Die Grünen sagen: Das schaffen die Leute sowieso nicht! – Eine super Werbung für diesen Beruf! – Die NEOS sagen: Das schaffen dann zu viele Leute! Da bleiben sie vielleicht im Job und gehen dann früher in Pension! – Und die ÖVP schweigt zu diesem Thema.

Was auch wehtut: Auch bei der Anhebung des Kilometergeldes gerade für die Beschäftigten in den mobilen Diensten, die mit ihren Privat-Pkw von Haus zu Haus fahren und Menschen pflegen, haben Sie gestern dagegengestimmt. Das tut eigentlich weh.

Nun zum Angehörigenbonus: Wie schaut dieser Bonus für pflegende Angehörige aus? – Nicht alle 800 000 pflegenden Angehörigen werden von diesem Bonus erfasst, sondern nur ein Viertel. 75 Prozent der pflegenden Angehörigen bekom­men diesen Angehörigenbonus nicht. Warum? – Er gilt nur für pflegende Angehörige im gemeinsamen Haushalt; er gilt erst ab Pflegestufe 4, obwohl wir immer gesagt haben, er soll mindestens ab Pflegestufe 3 gelten; man muss mindestens ein Jahr Pflege nachweisen; und das Einkommen der pflegenden Angehörigen darf 1 500 Euro netto nicht übersteigen.

Wie schaut diese Anerkennung konkret aus? – Die Angehörigen, die diese Kriterien dann noch erreichen, erhalten sage und schreibe 1 500 Euro im Jahr, 125 Euro im Monat, 4 Euro pro Tag für die Pflege ihres Angehörigen ab der Pflegestufe 4. Das ist eine Verhöhnung, das ist keine Anerkennung, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das kann nicht das Ziel sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Zusammenfassend: Egal ob bei den Pflegeberufen oder auch bei den pfle­genden Angehörigen: Nicht alle bekommen etwas, und diejenigen, die etwas bekommen, bekommen eindeutig zu wenig. Das ist keine Wertschätzung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist weder eine Anerkennung noch eine Abgeltung der Leistung, die sie tagtäglich erbringen, sondern das sind Almosen. Das, was Sie hier tun, ist kein Mittel, um den Pflegenotstand in Öster­reich zu beseitigen. Das, was Sie hier machen, ist keine Pflegereform, das ist ein Pflegepfusch. (Beifall bei der SPÖ.)

13.33

Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf nachholen, Herrn Bundesminister Johannes Rauch bei uns im Parlament zu begrüßen. (Abg. Michael Hammer: Er ist zwar schon ein Neichtl da!) – War er schon vorher länger da? (Heiterkeit des Abg. Michael Hammer.) – Das habe ich übersehen, weil ich neu am Vorsitz bin.

Ich bitte nun Bedrana Ribo ans Rednerpult. – Bitte, Frau Abgeordnete.