16.55

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich möchte zu meinem eigenen Thema zurückkommen, und zwar zur Branche Tourismus und Gastronomie.

Wir haben Ende letzter Woche die Beantwortung einer Anfrage zurückbe­kommen, die wir unter dem Titel „Arbeitskräftemangel im Tourismus“ gestellt haben. Wenig überraschend sind die Zahlen sehr erschreckend: Es sind im Tourismus und Gastronomie im Jahresdurchschnitt 2022, also heuer, 15 323 of­fene Stellen. Die Teilzeitquote steigt und steigt und steigt, wie wir aus einer anderen Anfragebeantwortung wissen. Dieses Gemisch, diese Gemengelage aus vielen offenen Stellen, zu wenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und einer steigenden Teilzeitquote, ist nicht etwas, das wir erst seit gestern kennen, sondern das können wir beobachten.

Was macht die Regierung? – Unserer Meinung nach nicht genug. Es sind Gott sei Dank die Kontingente für Saisonniers heuer auf knapp 3 000 erhöht worden, davon sind 2 700 Personen mittlerweile über Saisonnierkontingente beschäftigt. Das heißt, die Quote ist fast ausgeschöpft, aber die Wintersaison hat noch nicht einmal begonnen.

Interessant bei der Beantwortung unserer Anfrage ist auch, dass die Rot-Weiß-Rot-Karten-Anträge zu 60 Prozent abgewiesen wurden. Das bedeutet, lediglich 40 Prozent sind genehmigt worden, was wiederum bedeutet, dass der büro­kratische Aufwand für sehr viele Anträge, die abgelehnt werden, sehr hoch ist und deswegen Anträge, die eigentlich gute Chancen und gutes Potenzial hätten, zu lange dauern.

Eine Sache ist mir noch wichtig, denn Kollegin Erasim hat mir vorhin zum Thema Image der Branche quasi einen Elfmeter aufgelegt – wir hätten heute angeblich AK-Bashing betrieben –: Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat Ende Sep­tember eine Studie unter folgendem Titel herausgebracht: Die Branche ist selber schuld. Studie bestätigt: Arbeitskräftemangel in der Gastronomie und im Tourismus ist selbst verschuldet. – Studie! – 32 befragte Mitarbeiter:innen, teilweise nicht einmal mehr in diesem Beruf tätig. (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS. – Abg. Erasim: Aber warum nicht mehr in diesem Beruf tätig?)

Entschuldigen Sie bitte, aber es macht schon einen Unterschied, abgesehen davon, dass ich es sehr bedenklich finde, dass sich eine Universität für solch eine Studie hergibt. Was sagt das über unseren Wissenschaftsstandort? Ich meine, 32 Befragte, die nicht mehr in der Branche sind, erzählen, dass es ihnen in der Branche nicht gefallen hat? Ernsthaft? Das ist doch ein Witz! (Beifall bei den NEOS.)

Und dann stellen Sie sich hierher und sagen, wir sind diejenigen, die die Arbeiterkammer bashen. Ich meine, das macht die Arbeiterkammer schon ganz schön selber.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch erwähnen, dass dieses jahrzehnte­lange Tourismusbashing wirklich auch dazu führt, dass Betriebe, die im Touris­mus ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut ausbilden, gute Arbeitsplätze schaffen, langjährige Mitarbeiter:innen haben, aktuell kein Mitarbeiter:innen­problem haben (Abg. Erasim: Glaube ich nicht!), nicht vor den Vorhang geholt werden, sondern es heißt: Hau den Lukas, der Tourismus ist immer an allem schuld und steht für schlechte Arbeitsbedingungen!

Verstehen Sie mich bitte richtig: Im Tourismus gibt es viele schwarze Schafe – die gibt es in jeder Branche –, aber im Tourismus kommen sie deswegen oft zum Vorschein, weil es ein Dienstleistungsbetrieb ist und dort sehr viele Mitarbei­ter:innen beschäftigt sind.

Ich möchte auch, dass wir gute Betriebe vor den Vorhang holen. (Abg. Erasim: Da bin ich auch dafür!) Das würde ihnen helfen, dass sie mehr Mitarbeiter:innen finden, aber lediglich 40 Prozent der Betriebe sagen, das AMS wird mir dabei helfen. Das ist auch eine Aussage, wie Betriebe die Qualität des AMS ein­schät­zen, denn sonst würden sie ja mehr offene Stellen beim AMS anmelden und darauf vertrauen, dass sie Mitarbeiter:innen bekommen. So ist es leider nicht.

Da haben wir wirklich eine Aufgabe zu erledigen. Solche Studien der Arbeiter­kammer sind nicht dienlich, um dem Lehrlingsmangel oder den sinkenden Schüler:innenzahlen in den Tourismusschulen entgegenzuwirken. Alle glauben, im Tourismus gibt es nur schlechte Jobs – das stimmt einfach nicht. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Wir müssen nur aufpassen, dass der Hörl nicht zu uns kommt! – Heiterkeit bei den NEOS und bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

16.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zopf. – Bitte.