Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): In Zahlen: 23,47 Prozent der Frauen in Österreich ab 15 Jahren haben körperliche Gewalt erlebt, sexuelle Gewalt haben 23,75 Prozent der Frauen ab 15 Jahren erlebt, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz 26,59 Prozent. 2021 wurden 1 054 Vergewaltigungen angezeigt. Das entspricht einem Anstieg von 30 Prozent seit 2017 – das ist schon sehr, sehr viel. 28 Femizide hatten wir heuer schon zu betrauern.
Meine Frage ist:
„Patriarchale Rollenbilder sind auch Ihrer Aussage zufolge die Hauptursachen für Gewalt gegen Frauen. Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie, um nachhaltige Verbesserungen für Frauen zu schaffen?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, dass das eine zentrale Ursache ist.
Wir haben letzte Woche den Gewaltschutzgipfel abgehalten, und Wissenschaftler:innen haben die Kernergebnisse der Studie zu den Frauenmorden der letzten zehn Jahre präsentiert. Der Bericht wird zeitnah veröffentlicht, mit allen Ergebnissen, wurde mir zugesagt.
Sie haben gesagt, zentrale Ergebnisse, weshalb es zur Spitze des Eisbergs kommt, weshalb es zu Morden kommt, sind psychische Erkrankungen, Drogenmissbrauch ein patriarchales Grundverständnis. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen, es geht um Machtmissbrauch. Dort finden sich Aussagen wie: Meine Frau darf ohne mich nicht das Haus verlassen! – Das ist für mich schon noch einmal intensiver, sage ich jetzt einmal. Und, um die Fakten beim Namen zu nennen, es gibt unter den Männern, die morden, auch einen überproportionalen Anteil an Männern mit Migrationshintergrund.
Es ist also so ein Sammelsurium an unterschiedlichen Fakten.
Wenn Sie mich jetzt fragen, wie wir gegen patriarchale Rollenbilder vorgehen und was wir da konkret tun, dann kann ich Ihnen unterschiedliche Maßnahmen nennen: Zum einen hat der Sozialminister, der auch beim Gewaltschutzgipfel anwesend war, gerade eine Kampagne gegen Männergewalt angekündigt, die dieses patriarchale Rollenbild adressiert, die zur Bewusstmachung dienen soll.
Außerdem haben wir seit letztem Jahr auch das verpflichtende Antigewalttraining für jene Männer, die bereits ein Betretungsverbot erhalten haben. Im Integrationsbereich gibt es ganz viele Maßnahmen, beispielsweise schon in den Schulen: Da haben wir das Projekt Heroes breit ausgerollt, bei dem eben Männer aus den Communities mit den Jugendlichen in den Schulen in der Klasse sprechen, zum Beispiel über die Frage: Wie ist denn das Mädchen- und Frauenbild in eurer Community, in eurer Familie?
Da braucht es einfach einen gesamtgesellschaftlichen Zugang, das ist keine frauenpolitische Aufgabe allein. Ich will die Frauen adressieren und die Frauen unterstützen, und daher gibt es unterschiedliche Maßnahmen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Ich frage noch einmal nach, denn patriarchale Rollenbilder haben ja keinen Pass, das ist etwas sehr Universelles. Deshalb noch einmal: Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie, damit es gar nicht so weit kommt?
Sie haben jetzt von Maßnahmen gesprochen, die dann gesetzt werden, wenn Gewalt passiert, aber was tun wir im Bereich der Prävention, damit es gar nicht so weit kommt?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Wir haben uns innerhalb der Bundesregierung darauf verständigt, dass ich als Frauenministerin insbesondere ein Investment in die Frauen tätige und der Sozialminister diesbezüglich schon früher, in der Prävention, auf einer bewusstseinsbildenden Ebene tätig ist. Wir haben auch beim letzten Gewaltschutzgipfel klar gemacht, dass der Herr Sozialminister das patriarchale Männerbild adressiert und da auch die Männergewalt in einem präventiven Stadium.
Ich möchte gerne das Geld, das wir im Frauenministerium zur Verfügung haben, zentral dafür einsetzen, dass wir die Frauen unterstützen, für die Frauen eine breite Struktur haben, wenn sie Hilfe brauchen. Das sehe ich als den Schwerpunkt im Frauenministerium.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Lindner. – Bitte.
Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Die Männer- und Burschenberatungsstellen in Österreich leisten schon jetzt enorm wichtige Arbeit zu Sensibilisierung und Gewaltprävention, aber es kann nicht sein, dass sie sich von Projektförderung zu Projektförderung hanteln müssen. Warum lehnen Sie eine bundesweite Basisfinanzierung für flächendeckende Angebote der präventiven Burschen- und Männerarbeit in allen Regionen noch immer ab?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Nein, Herr Abgeordneter Lindner, das ist ähnlich zu dem, wie ich es jetzt gerade der Frau Kollegin erklärt habe: Die Männereinrichtungen werden primär aus dem Sozialressort finanziert. Wir unterstützen natürlich auch Beratungsstellen, wo auch Männer hingehen können, aber primär sind es Frauen- und Mädchenberatungsstellen, die wir unterstützen – 171 Frauen- und Mädchenberatungsstellen, auch Familienberatungsstellen, wo dann natürlich auch Männer hingehen, aber die Männereinrichtungen werden aus dem Sozialressort finanziert. Es gibt dort auch eine eigene Abteilung für Männerpolitik sozusagen, wo es eben auch diese Finanzierung gibt. Ich nehme auch gerne Ihr Anliegen zum Sozialminister mit.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Deckenbacher. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Einen wunderschönen guten Morgen, Frau Minister! Ja, leider sind in Österreich immer wieder Frauen und Mädchen von Gewalt betroffen, und in vielen Fällen handelt es sich dabei um Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund. Es ist daher von großer Bedeutung, dass vor allem diese Frauen gefördert und unterstützt werden, um eben ein sicheres und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Das gilt natürlich vor allem am Arbeitsmarkt, aber auch im sozialen Umfeld.
Welche Schritte, Frau Minister, setzen Sie für diese Frauen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ja, ich will, dass jede Frau ein selbstbestimmtes Leben führen kann, egal ob sie Migrationshintergrund hat oder nicht – daher auch dieser Schwerpunkt. Die Beratungsmaßnahmen werden ausgebaut, im Österreichischen Integrationsfonds gibt es ein eigenes Frauenzentrum, das in diesem Jahr eröffnet wurde, es gibt eine neue Schulbesuchsoffensive von Integrationsbotschafter:innen mit dem Schwerpunkt Stärkung von Mädchen in den Schulen.
Es gibt auch konkrete Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt im Kontext von Integration: Es sind ja neue Formen von Gewalt wie Zwangsehe, weibliche Genitalverstümmelung, und wir haben eine Koordinationsstelle geschaffen, damit es in ganz Österreich auch Ansprechstellen für jene gibt, die von dieser brutalen Gewalt betroffen sind. Wir haben Projektförderungen des BKA mit Frauenschwerpunkt – 40 Projekte im Jahr 2022 mit rund 3,52 Millionen Euro Fördermittel.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.
Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Minister, Sie haben nun auch selbst schon erkannt, dass patriarchale Rollenbilder, die meist – importiert – aus fremden Kulturen stammen, die Hauptursache für Gewalt gegen Frauen sind. 40 Prozent Täter mit Migrationshintergrund sind, im Vergleich zum Anteil an der Gesamtbevölkerung, überrepräsentiert.
Welche konkreten Maßnahmen werden jetzt Ihrerseits unternommen, um Frauen vor dieser importierten Gewalt besser nachhaltig zu schützen und zu unterstützen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, man kann an unterschiedlichen Ebenen ansetzen: ganz früh bereits bei den jungen Burschen, also in der Prävention, wenn man so will. Da haben wir aus dem Integrationsbereich eben ganz zentral diese Projekte im Schulbereich, die ich vorhin genannt habe, Heroesprojekte, in denen Männer in den Communities mit den Jugendlichen darüber sprechen und versuchen, ihr Bewusstsein dahin gehend zu schärfen, dass es nicht in Ordnung ist, wenn sie den Mädchen sagen, was sie anziehen sollen und dass sie ein Kopftuch tragen müssen. – Das ist der präventive Ansatz, der ganz zentral ist.
Der zweite Ansatz ist, dass wir mit all jenen arbeiten, die nach Österreich kommen. Auch da haben wir im Integrationsbereich verpflichtende Integrationsmaßnahmen wie die Wertekurse, in denen die Gleichberechtigung ein ganz wichtiges Element ist.
Der dritte Ansatz ist, wie ich finde, ein sicherheitspolizeilicher Aspekt. Überall dort, wo die sicherheitspolizeilichen und die strafgesetzlichen roten Linien überschritten werden, ist es eine Aufgabe des Innenministeriums, daher gibt es da auch eine zentrale Zusammenarbeit.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte.